Berivan Aymaz: „Menschenrechte sind kein ‚Nice to have‘ – wir müssen uns für ihre weltweite Einhaltung fortwährend einsetzen“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag für Menschenrechte

Portrait Berivan Aymaz 2021

Der Antrag „Nordrhein-Westfalen setzt Zeichen für die Achtung universeller Menschenrechte“

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ja, in diesem Jahr jährt sich die Unterzeichnung der UN-Menschenrechtserklärung zum 75. Mal. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit, sie ist das Fundament unserer Friedensordnung, eine unverzichtbare Errungenschaft für Freiheit und Gerechtigkeit in der ganzen Welt.

Doch leider haben wir in diesem Jubiläumsjahr wenig Anlass zum Feiern. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die brutale Verfolgung von freiheitsliebenden Menschen im Iran, die Schreckensherrschaft der Taliban in Afghanistan, das Immer-weiter-Abdriften von Staaten in autoritäre Systeme wie die Türkei oder Belarus und nun auch die fürchterlichen Angriffe der Hamas in Israel – all das führt uns die bittere Realität der massiven Menschenrechtsverletzungen weltweit vor Augen.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt davon, wie Menschenrechte im wahrsten Sinne des Wortes derzeit unter Beschuss stehen.

Und ja, auch wenn wir wenig Anlass zur Freude haben, finde ich, dürfen wir nicht hoffnungslos sein. Wir dürfen jetzt erst recht nicht in Hoffnungslosigkeit verfallen. Wir können dankbar sein für die so breite Landschaft von Akteuren, die sich unermüdlich für den Schutz und die Einhaltung von Menschenrechten aus NRW heraus einsetzen.

Davon konnte ich mir im Rahmen meiner Menschenrechtstour selbst vor Kurzem ein Bild machen. Die Bandbreite reicht von transnational agierenden Organisationen über Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen bis hin zu ganz speziellen menschenrechtsorientierten Programmen unserer Kommunen oder Stiftungen. Sie greifen unterschiedliche Menschenrechte in ihrer Arbeit auf wie zum Beispiel den weltweiten Schutz von Frauenrechten. Oder sie blicken aus der Menschrechtsperspektive zum Beispiel ganz gezielt auf die Produktions- und Konsumbedingungen im globalen Süden. Oder sie konzentrieren sich in ihrer Arbeit auf bestimmte Regionen, dokumentieren und analysieren dort Missstände.

Sie alle leisten einen unfassbar wertvollen Beitrag zum Schutz von Menschen, ihren Rechten sowie ihren Verteidigern. Dafür gebührt ihnen mein, unser aller Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Es ist gerade in dieser von globalen Herausforderungen geprägten Zeit umso wichtiger, dieses breite Engagement von Akteuren in NRW sichtbar zu machen, ihnen Raum zu bieten und ihre Arbeit zu würdigen. Das wollen wir rund um den Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember mit einer NRW-Menschenrechtswoche in den Fokus rücken.

Neben dieser so starken Akteurslandschaft ist NRW aber auch für Menschen aus aller Welt, für Wissenschaftlerinnen, für Kulturschaffende, für Autoren und Journalisten ein Ort, in dem sie vorübergehend in Sicherheit frei von Angst und Verfolgung ihrer wertvollen Arbeit nachgehen können.

Was das konkret bedeutet, habe ich im Heinrich-Böll-Haus in dem so idyllisch gelegenen Ort Langenbroich bei Düren erleben dürfen. Hier waren in den letzten 30 Jahren fast 230 Stipendiaten aus Afrika, Asien, Lateinamerika, Ost- und Südosteuropa zu Gast. Die iranische Schriftstellerin Andisheh Karami hat in diesem Haus nun die Ruhe und Muße gefunden, an ihrem Debütroman zu schreiben. Der Journalist Mohammed Abi Samra aus dem Libanon berichtet mir, dass er fast schon vergessen hatte, wie ein friedvoller Alltag aussehen kann.

Stipendienprogramme, die Menschen eine Zeit der Sicherheit bieten, die die Freiheit des Geistes fördern leisten einen nachhaltigen Beitrag zur Entwicklung und zum Erhalt von Demokratie und Menschenrechten. Sie sind das Gesicht der Humanität in die Welt hinein, und diese Programme gilt es mit den besten Rahmenbedingungen zu stärken.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das, was wir hier an Strukturen, an Engagement und Angeboten haben, zeigt, wie viel Potenzial in NRW für den weltweiten Schutz von Menschenrechten steckt. Auch unser Landtag übernimmt mit dem Patenschaftsprogramm „Demokratie-Brücken“ globale Verantwortung und setzt ein starkes Zeichen für den Schutz verfolgter Menschen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss und möchte noch einmal auf etwas hinweisen. In diesen außerordentlichen Zeiten bleibt es wichtig, eines klar und deutlich zu sagen: Menschenrechte sind kein „Nice to have“. Wir müssen uns für ihre weltweite Einhaltung fortwährend einsetzen. Stimmen Sie unserem Antrag daher zu. Leisten wir einen weiteren Beitrag: Machen wir NRW zum Land der Menschenrechte!

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)