Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und universelle Menschenrechte sind fundamentale europäische Werte. Es sind Werte, die unsere Gesellschaften in Europa im Kern ausmachen. Dennoch sind sie keine Selbstverständlichkeit. Das merken wir gerade in einer Zeit, in der der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine über zwei Jahren dauert, in der autoritäre Regime immer mehr zunehmen und in der rechtsextreme antidemokratische Kräfte innerhalb Europas an Stärke gewinnen.
Als Demokratinnen und Demokraten wissen wir, wie wichtig es ist, unsere Werte immer und überall zu verteidigen, und wir wissen, wie wichtig in diesem Sinne Institutionen wie der Europarat sind.
Der Europarat ist auch 75 Jahre nach seiner Gründung eine unverzichtbare Errungenschaft zum Schutz von Menschenrechten, der Demokratie und von Rechtsstaatlichkeit. Mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat er einen weltweit einmaligen Schutzmechanismus für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit geschaffen. Des Weiteren ist er ein einzigartiges Forum, weil hier europäische Staaten eng zusammenarbeiten können, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind.
Diese Institution wird auch in Zukunft ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Staaten wie die Ukraine auf ihrem Weg in die Europäische Union sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Europarat hat beschlossen, ein Schadensregister einzuführen, um Schäden zu erfassen, die von Russland in der Ukraine verursacht wurden. Damit soll eine Grundlage geschaffen werden, künftig Entschädigungen leisten zu können. Das zeigt, dass der Europarat glaubwürdig für seine Werte eintritt und ein Impulsgeber ist. Darüber hinaus trägt er wesentlich zu einer gerechten Friedensordnung bei.
(Beifall von den GRÜNEN und Josef Hovenjürgen [CDU])
Ich komme nun auf ein ganz aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu sprechen, das auf jeden Fall Erwähnung finden sollte, weil es bahnbrechend ist und eine klare politische Strahlkraft hat: Der Klimaschutz ist ein Menschenrecht, das als solches eingeklagt werden kann.
Welche Bedeutung hat der Europarat nun für NRW? Der Schutz und die Stärkung von Menschenrechten sind für uns zentrale Aufgaben. Die schwarz-grüne Koalition hat das mit konkreten Initiativen wie der Einrichtung einer Woche der Menschenrechte sehr sichtbar gemacht. Der Landtag leistet mit der Etablierung des Patenschaftsprogramms für Oppositionspolitikerrinnen und Oppositionspolitiker sowie für Menschenrechtsaktivisten dazu ebenfalls einen klaren Beitrag.
Mit diesen Initiativen schärfen wir nicht nur das Bewusstsein für Menschenrechte, sondern wir können auch stolz darauf sein, auf diese Weise die Kernidee des Europarats aus NRW heraus zu stärken.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Als Bundesland machen wir keine Außenpolitik im klassischen Sinn. Das darf uns aber nicht zur Untätigkeit verdammen. Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland, es ist wirtschaftlich stark aufgestellt, dessen Stimme in seinen zahlreichen internationalen Beziehungen Gewicht hat.
Ich finde, das verpflichtet uns, diese Stimme immer wieder zu nutzen.
Wir müssen auch aus der Landespolitik heraus alle Möglichkeiten ausschöpfen, damit Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte überall konsequent umgesetzt werden. Dazu gehört auch, entsprechende Forderungen nach der Freilassung von unrechtmäßig Inhaftierten auch an enge Partner wie die Türkei zu formulieren. Daher müssen der kurdische Politiker Selahattin Demirtaş und der Kulturförderer Osman Kavala umgehend freigelassen werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich komme zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen. Wir beauftragen die Landesregierung mit unserem Antrag, ihren Einsatz für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und auch für den Schutz der Demokratie weiterhin so engagiert fortzusetzen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)