Norwich Rüße: Newsletter Dezember 2021

Portrait Norwich Rüße

Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser Newsletter-Ausgabe möchte ich das Jahr 2021 aus umweltschutzpolitischer Sicht Revue passieren lassen. Es war ein Jahr großer Herausforderungen in der Umwelt-, Natur- und Tierschutzpolitik in NRW: Die Aufweichung des Schutzes unserer Gewässer und unseres Trinkwassers durch das neue Landeswassergesetz, die Hochwasserkatastrophe im Juli, die Explosion im Chemiepark Leverkusen, schlimme Verstöße gegen den Tierschutz in der Schlachtbranche – um nur einige Ereignisse zu nennen. Die schwarz-gelbe Landesregierung reagierte darauf stets stoisch ihrem Entfesselungsmantra folgend. Ihr Umgang mit der Volksinitiative Artenvielfalt kann keinen Zweifel daran lassen, dass die Regierungskoalition nicht gewillt ist, dringend erforderliche Maßnahmen für einen wirklichen, wirksamen Umwelt- und Naturschutz in NRW zu ergreifen. Den Lippenbekenntnissen von Schwarz-Gelb ist die GRÜNE Fraktion auch in diesem Jahr mit zahlreichen Initiativen entgegengetreten. Damit geben wir lösungsorientierte Antworten auf die Herausforderungen in Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutz in unserem Land. Im Folgenden haben wir nochmal viele unserer Initiativen aus 2021 zusammengestellt. Viel Spaß bei der Lektüre dieses Newsletters! Zur Gesamtfassung als Browseransicht geht es direkt hier.

Mit freundlichen & Grünen Grüßen – und eine schöne Advents- und Weihnachtszeit!

Norwich Rüße MdL

Sprecher für Landwirtschaft, Natur-, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz

 

Die Themen in diesem Newsletter sind:

  • Parlamentarischer Jahresrückblick
  • Eine strategische Ernährungspolitik für NRW
  • Absage der Landesregierung an die „Volksinitiative Artenvielfalt“
  • Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes – Reduktion von Naturschutz
  • Zukunftsfähigkeit der Abfallwirtschaft in NRW
  • Feinstaubbelastung durch Kaminöfen
  • Flächenverbrauch drosseln, Natur und landwirtschaftliche Flächen erhalten
  • Zukunftsfähiger Hochwasserschutz
  • Parlamentarische Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe
  • Die Novelle des Landeswassergesetzes – Ökonomie auf Kosten der Ökologie
  • Aufklärung der Hintergründe der Explosion im „Chemiepark“ Leverkusen
  • Bekämpfung von Umweltkriminalität
  • Gemeinsamer Entschließungsantrag zum Thema Waldbrandprävention
  • NRW braucht eine Pestizidminderungsstrategie
  • Tierschutz in der Schlachtbranche
  • Übersicht meiner Anfragen an die Landesregierung

 

Parlamentarischer Jahresrückblick

Eine strategische Ernährungspolitik für NRW

Wie muss das Ernährungssystem in NRW umgestaltet werden, so dass allen Menschen eine gesunde und nachhaltige Ernährung ermöglicht wird? Um unter anderem diese Frage zu klären, hat die GRÜNE Landtagsfraktion die Studie „NRW isst besser! – Wegweiser zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem in NRW“ in Auftrag gegeben. Sie beleuchtet die vorhandenen Strukturen der Ernährungsumgebung und Ernährungsbildung in NRW und identifiziert Defizite sowie politische Handlungspotenziale. Die Studienautor*innen empfehlen eine systematische Neuausrichtung des Politikfeldes „Ernährung“ und leiten daraus elf Handlungsempfehlungen ab. Dazu zählen beispielsweise die Erstellung einer NRW-Ernährungsstrategie und die Notwendigkeit der Neuausrichtung der Außer-Haus-Verpflegung als wichtige Hebel.

Die Vorstellung der Studie durch Prof. Dr. Guido Ritter (FH Münster) bildete den Auftakt unserer digitalen Ernährungstagung „NRW isst besser“ am 20. November. Zur Aufzeichnung der Studienvorstellung geht es hier. Die Präsentation zur Studienvorstellung finden Sie hier. In zwei Themenforen am Nachmittag diskutierten zahlreiche Akteure aus der Praxis die Handlungsempfehlungen und Handlungsbedarfe aus ihrer Sicht. Die spannende Diskussion machte noch einmal deutlich: Es gibt bereits eine Vielzahl einzelner Akteure, die sich für eine gesunde und nachhaltige Ernährung engagieren und viele gute Initiativen vor Ort. Die Landesregierung hat es jedoch bisher versäumt, politisch koordinierend und gestaltend aktiv zu werden. Was fehlt, ist eine Strategie, die alle Politikbereiche und bestehende Strukturen mit einbezieht. Wir als GRÜNE Landtagsfraktion fühlen uns durch die Diskussionen bestärkt in unserer Überzeugung, dass eine gesunde und nachhaltige Ernährung für alle Menschen in NRW eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die dringend auf die politische Tagesordnung gesetzt werden muss. Was wir essen, hat nicht nur große Auswirkungen auf unsere Gesundheit, sondern auch Auswirkungen auf die Umwelt, die Landwirtschaft und das Klima. Auf Basis der Ergebnisse der Studie und der Tagung wird die GRÜNE Landtagsfraktion ein Maßnahmenpaket zur sozialen und ökologischen Umgestaltung des Ernährungssystems in NRW entwickeln. Dazu halten wir Sie und Euch gerne auf dem Laufenden und möchten uns an dieser Stelle noch einmal herzlich für die spannenden und interessanten Diskussionsbeiträge bei unserer Tagung bedanken!

Absage der Landesregierung an die „Volksinitiative Artenvielfalt“

Mit der Ablehnung der Forderungen der Volksinitiative Artenvielfalt NRW durch die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Plenum am 24. November hat die Landesregierung eine historische Chance verpasst, den Artenschutz in NRW auf ein neues Level zu heben. Fast ein Jahr lang hat die Volksinitiative unter von der Corona-Pandemie erschwerten Bedingungen Unterschriften gesammelt und das gesetzliche Quorum von rund 66.000 Unterschriften trotz dieser widrigen Umstände deutlich übererfüllt. Über 115.000 Bürgerinnen und Bürger gaben der Volksinitiative ihre Stimme und haben damit der Politik einen klaren Handlungsauftrag erteilt, dem Artensterben endlich entgegenzuwirken. Mit der Ablehnung der Volksinitiative bewies die schwarz-gelbe Landesregierung, dass sie die Zeichen der Zeit wieder einmal mit bemerkenswerter Ignoranz und gegen den klaren Auftrag vieler Bürger*innen in NRW verkennt. Ein eilig eingebrachter Entschließungsantrag von CDU und FDP, in dem ein planloses Sammelsurium an Status-quo-Beschreibungen und inhaltsleeren Versprechungen als „Artenschutz auf einem höheren Level“ präsentiert wird, ist nur ein weiteres Zeugnis schwarz-gelber Handlungsverweigerung nach der Devise „weiter so.“ Das habe ich auch als deutliche Kritik in meiner Plenarrede (als Video hier verfügbar) formuliert: ein weiterer trauriger Meilenstein in einer Reihe umwelt- und naturschutzpolitischer Entscheidungen

Als Reaktion auf die Ablehnung der Volksinitiative Artenvielfalt hat die GRÜNE Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion den Entschließungsantrag „Naturschützerinnen und Naturschützer ernst nehmen – Volksinitiative Artenvielfalt umsetzen!“ eingebracht. Einige der Forderungen, etwa eine verbindliche Begrenzung des Flächenverbrauchs in NRW, greifen frühere Grüne Anträge wie den Antrag zur Beendigung des Flächenfraßes auf. Die Forderungen der Volksinitiative sind: Den Flächenfraß verbindlich stoppen, Schutzgebiete wirksam schützen, naturnahe und wilde Wälder zulassen, naturverträgliche Landwirtschaft aktiv voranbringen, den Biotopverbund stärken und ausweiten, lebendige Gewässer und Auen sichern, den Artenschutz in der Stadt fördern und einen Nationalpark in der Senne ausweisen. Diese Forderungen enthalten wichtige Handlungsvorschläge, wie der Natur- und Artenschutz in NRW umfassend in allen relevanten Handlungsfeldern der Landespolitik umgesetzt werden kann und muss.  Für dieses erforderliche politische Umdenken fehlen jedoch die finanziellen Mittel, welche beim Naturschutzhaushalt seit Jahren stagnieren. Wir als GRÜNE Landtagsfraktion streben daher eine Natur- und Umweltschutzpolitik für NRW an, die auch mit den notwendigen finanziellen Mitteln hinterlegt ist.So fordern wir für den neuen Haushalt 2022 ein Sonderprogramm zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in Höhe von 30 Millionen Euro.

Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes – Reduktion von Naturschutz

Auch das Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG NRW) ist auf dem besten Weg, der „Entfesselungspolitik“ der schwarz-gelben Landesregierung zum Opfer zu fallen. Im Juni brachten die Fraktionen der CDU und FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung des LNatSchG in den Landtag ein. Dieser Entwurf sieht unter anderem vor, dass Fristen für Stellungnahmen der Naturschutzbeiräte verkürzt werden und im Falle eines Dissenses auf das bisherige Letztentscheidungsrecht der höheren Naturschutzbehörde bei den Bezirksregierungen verzichtet wird. Auf diese Weise würden die Mitwirkungsrechte der Naturschutzbeiräte massiv geschwächt werden. Dazu haben mich zahlreiche Zuschriften von Beiräten erreicht, die ihr Entsetzen und Unverständnis zur geplanten Änderung zum Ausdrucken bringen. In einer Sachverständigenanhörung im Umweltausschuss Anfang Oktober kritisierten die anwesenden Vertreter*innen der Naturschutzverbände nicht nur den Inhalt des Gesetzentwurfes, der zu einer Schwächung des Naturschutzes in NRW führe, sondern auch die fehlende Einbeziehung der Naturschutzverbände seitens der Landesregierung. Der Gesetzentwurf befindet sich noch in der parlamentarischen Beratung, doch ist mit seiner Verabschiedung zu rechnen. Die Landesregierung sendet damit erneut das eindeutige Signal aus, dass sie an einer Stärkung des Naturschutzes kein Interesse hat. Im Gegenteil: Sie schwächt ihn sogar durch die geplanten Änderungen.

Zukunftsfähigkeit der Abfallwirtschaft in NRW

Abfallentsorgung ist kein Thema, mit dem sich die meisten Menschen gerne aktiv beschäftigen. Das scheint auch für die schwarz-gelbe Landesregierung zu gelten. Die GRÜNE Landtagfraktion hat in diesem Jahr eine Große Anfrage zur Zukunftsfähigkeit der Abfallwirtschaft in NRW mit insgesamt 182 Fragen an die Landesregierung gestellt. Wie der ambitionslose Entwurf zur Änderung des Landesabfallgesetzes, der zurzeit in Beratung ist (hier geht es zu den Stellungnahmen zur Anhörung), zeigt auch die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage, dass diese das Thema Abfallmanagement weitgehend ignoriert und Schwarz-Gelb ein Konzept für ein zukunftfähiges Abfallmanagement fehlt.

Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt u. a.: In NRW fallen vom einfachen Hausmüll bis hin zu gefährlichem Sondermüll große Mengen an Abfall an. Die bestehenden 18 Deponien sind bald mehr als voll und werden nicht ohne Weiteres erweitert werden können. Angesichts absehbar fehlender Deponiekapazitäten müssten die zu deponierenden Mengen endlich deutlich reduziert werden. Die Abfallmengen sind jedoch in den letzten zehn Jahren trotz anderer politischer Ziele nicht gesunken. Fielen 2010 fünf Millionen Tonnen gefährlicher Abfälle an, so waren es in den letzten fünf Jahren jeweils über sechs Millionen Tonnen. In den kommenden Jahren rechnet die Landesregierung sogar mit einem weiteren Anstieg.  Von dem gesamten, in NRW produzierten Müllberg wurden im Jahr 2019 rund 16,2 Millionen Tonnen Abfälle an Deponien geliefert. Dabei handelt es sich vor allem um Abfälle, die nicht verwertet werden können (z. B. mit Schadstoffen belasteter Bodenaushub und Bauschutt, asbesthaltige Abfälle). Immerhin zehn Prozent der insgesamt auf Deponien entsorgten Abfallmenge sind jedoch Abfälle, die eigentlich recycelt werden sollten, aber – z.B. aufgrund von Verunreinigungen – nicht recycelt werden konnten.

Beim Recycling ist NRW ein Flickenteppich mit riesigen Löchern. Es gibt eine Vielzahl von Projekten, die sich mit einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise befassen, jedoch fehlt ein zukunftsorientierter Plan. Wir sehen beispielsweise beim Betonrecycling, dass NRW weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt und den größten Teil des Bauschutts unter Straßen und beim Erdbau vergraben lässt. Dabei werden die Rohstoffe zur Herstellung von Beton immer knapper. Bevor am Niederrhein weiterhin Kies und am Teutoburger Wald weiter Kalk im großen Stil abgegraben werden, müssen wir den Schutt bestmöglich recyclen, von dem wir schon genug haben. Und obwohl es seit Jahren ein bewährtes Recyclingverfahren gibt, werden teerhaltige Abfälle aus dem Straßenbau in NRW überwiegend auf Deponien gelagert und nur ein kleiner Teil zur Aufbereitung in die Niederlande verfrachtet, weil es keine entsprechende Anlage in unserem Bundesland gibt. Gerade vor dem Hintergrund zunehmend geringerer Deponiekapazitäten müsste jedoch so ein großes und industriell geprägtes Bundesland wie NRW  in die Lage versetzt werden, solche Abfälle selbst zu recyceln.

Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei dem Thema Altlasten. Unter anderem durch Altlasten im Land NRW sind insgesamt 35 von 275 Grundwasserkörpern gefährdet. Dadurch besteht das Risiko einer Zielverfehlung nach europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Dies gilt es zu verhindern. Doch in allen Zweigen der Abfallwirtschaft zeigt sich das gleiche Bild: Die Landesregierung entzieht sich ihrer Verantwortung als Gesetzgeber und schiebt das Problem einfach in die Zukunft. Neben dieser bitteren Erkenntnis hat die Große Anfrage uns als GRÜNE Landtagsfraktion aber auch eine Datenbasis geliefert – u.a. zur zum Teil besorgniserregenden Situation einzelner Deponien –, auf der wir in Zukunft eine wegweisende Abfallpolitik betreiben können.

Feinstaubbelastung durch Kaminöfen

Ende Oktober hat die GRÜNE Landtagsfraktion einen Antrag zum Thema Feinstaubbelastung durch Kaminöfen in den Landtag eingebracht. Wirksame Filter oder Staubabscheider mindern die Anzahl klima- und gesundheitsschädlicher Partikel um bis zu 90 Prozent. Kaminöfen mit moderner Emissionsminderungstechnik, wie sie etwa bei Kaminöfen mit Blauer-Engel-Zertifizierung verbaut ist, sind jedoch kaum verbreitet. Ältere Feuerstätten, die vor 2010 errichtet wurden, haben häufig höhere Emissionen und einen geringeren Wirkungsgrad. Die Landesregierung muss die Gefahr für Mensch und Umwelt, die von solchen Holzfeuerungsanlagen ausgeht, endlich ernst nehmen und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Feinstaubbelastung durch Kaminöfen in NRW nachhaltig zu reduzieren. In unserem Antrag „Feinstaubbelastung reduzieren – Kaminöfen für Gesundheit und Umwelt nachrüsten“ fordern wir daher unter anderem, ein Landesförderprogramm „Saubere Kamine“ für Einzelraumfeuerungsanlagen im Bereich Holzfeuerung aufzulegen, um den Einsatz von moderner Emissionsminderungstechnik, welche hohen Umweltstandards entspricht, sozialverträglich voranzubringen. Als nachwachsender Rohstoff kann Holz in der Energieversorgung einen Beitrag zur Schonung fossiler Ressourcen leisten. Klar ist aber auch: Diese Art des Heizens ist nur dann für Mensch und Umwelt verträglich, wenn das Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammt, der Brennstoff möglichst effizient genutzt und modernste und emissionsarme Anlagentechnik mit Filter oder Staubabscheider eingesetzt wird. Unser Antrag wurde an den Umweltausschuss überwiesen und wird dort am 9. März 2022 in einer Sachverständigenanhörung beraten.

Flächenverbrauch drosseln, Natur und landwirtschaftliche Flächen erhalten

Immer mehr freie Fläche in NRW wird versiegelt. Damit geht zum einen wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren – eine dramatische Fehlentwicklung vor dem Hintergrund des ständig voranschreitenden Verlusts von Artenvielfalt. Zum anderen entzieht der ungebremste, von der Landesregierung „entfesselte“ Flächenverbrauch auch landwirtschaftlichen Betrieben ihre Existenzgrundlage. Allein in den Jahren von 2017 bis 2019 gingen 240 km² landwirtschaftliche Fläche in NRW verloren. Das entspricht einem Verlust von durchschnittlich rund 22 Hektar pro Tag. Anschaulich formuliert bedeutet dies, dass alle dreieinhalb Tage einem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb in NRW die Existenzgrundlage entzogen wird. Die rückläufige Entwicklung, die die Landesregierung kürzlich verkündete, ist nicht auf politische Maßnahmen von Schwarz-Gelb zurückzuführen – denn es gab schlicht und ergreifend keine. Vielmehr zeigen sich hier vermutlich erste Corona-Effekte: Während der Pandemie wurden Baugebiete teilweise nicht erschlossen, Unternehmen haben ihre Entscheidungen für Baumaßnamen hinausgezögert. Statt sich also mit fremden Federn zu schmücken, sollte die Landesregierung endlich handeln. Acker und Wiesen werden weiterhin unzutreffend als ,Frei‘-Flächen begriffen und sind bei Bauvorhaben reine Verfügungsmasse. Das muss sich dringend ändern. In unserem Antrag „Acker, Wiesen und Natur erhalten, Lebensgrundlagen schützen – Flächenfraß endlich beenden!“ fordern wir daher unter anderem, ein Planzeichen für landwirtschaftliche Flächen einzuführen und umzusetzen sowie eine Datengrundlage für ein geschärftes Siedlungsflächenmonitoring zu schaffen. In der Anhörung von externen Expertinnen und Experten fand unser Vorschlag Zustimmung. In ihrer Stellungnahme führte Dr. Warner von der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft aus, die Einführung eines besonderen Planzeichens für landwirtschaftliche Flächen sei im Sinne einer zunehmenden Verbindlichkeit des Anliegens „Flächensparen“ aus Sicht der überkommunalen Raumentwicklung zu begrüßen. Unser Antrag wird noch abschließend im Umweltausschuss beraten (s. Beratungsverlauf).

Zukunftsfähiger Hochwasserschutz

Die rasante Flächenversiegelung ist auch unter einem weiteren Aspekt hochproblematisch: Versiegelte Flächen nehmen kein Wasser auf und stellen so aus Sicht des Hochwasserschutzes ungenutztes Potential dar. Die Überschwemmungen im Juli 2021 in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens und  anderen Regionen waren verheerend.  Infolge des Klimawandels sind häufiger auftretende Starkregenereignisse leider zu erwarten. Umso dringlicher ist es, ein zukunftsfähiges Hochwasserschutzkonzept für NRW fortzuentwickeln. Ein wichtiger Baustein dieses Konzepts muss sein, den Flächenverbrauch einzudämmen, um mehr naturnahe Flächen zu bewahren, die Niederschläge aufnehmen können.  Nachdem sich alle Fraktionen über die Notwendigkeit massiver Investitionen in den Wiederaufbau der Infrastruktur und Hilfe für Betroffene beim Wiederaufbau von Anfang an einig waren, unterbreitete die GRÜNE Landtagsfraktion in ihrem Antrag „Wiederaufbau gestalten – den Hochwasserschutz für morgen sicherstellen!“ detaillierte Vorschläge, um den Wiederaufbau vorsorgend zu gestalten, der Natur wieder mehr Raum zu geben, Kommunen nachhaltig zu entwickeln, das Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement zu verbessern, den technischen Hochwasserschutz und das Talsperrenmanagement anzupassen und mit einem Unwetterfonds für den Ernstfall vorzusorgen. Unser Antrag wird derzeit im Umweltausschuss  federführend beraten. Die Anhörung von externen Expertinnen und Experten Anfang Dezember  zeigte, dass es insbesondere beim Starkregenrisikomanagement Nachholbedarf gibt (die Aufzeichnung gibt es zeitnah hier, hier sind die Stellungnahmen zu finden).

Parlamentarische Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe

Am 08. Oktober nahm ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Hochwasserkatastrophe seine Arbeit auf. Die GRÜNE Landtagsfraktion und die SPD-Fraktion haben die Einrichtung dieses Untersuchungsausschusses gemeinsam erfolgreich durchgesetzt, damit das Vorgehen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und ihrer Behörden unmittelbar vor und während der Flutkatastrophe in einem geeigneten Rahmen kritisch beleuchtet werden kann. Zahlreiche Fragen, etwa zu den behördlichen Abläufen in den Tagen vor der Katastrophe, sind weiterhin offen und müssen geklärt werden. Die Landesregierung ist den von der Katastrophe betroffenen Bürger*innen diese Antworten schuldig. Darüber hinaus können nur durch eine umfassende und lückenlose parlamentarische Aufklärung die richtigen Schlüsse aus der Krise gezogen und notwendige Konsequenzen umgesetzt werden.

Auch im Umweltausschuss haben wir die parlamentarische Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe u.a. mit Berichtsanfragen vorangetrieben. So förderte ein von der Landesregierung im Ausschuss vorgelegter Bericht im September zu Tage, dass der Landesregierung auch zwei Monate nach der Flutkatastrophe noch keinerlei Erkenntnisse zu den Umweltauswirkungen der Überschwemmungen vorlagen. In einem weiteren Bericht kritisierte die Landesregierung die Ungenauigkeit der Warnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der diese Vorwürfe entschieden zurückwies. Wir erwarten von der schwarz-gelben Landesregierung, dass sie aufhört, mit dem Finger auf andere Akteure zu zeigen und endlich Verantwortung für das eigene Handeln übernimmt.

Die Novelle des Landeswassergesetzes – Ökonomie auf Kosten der Ökologie

Mit der Novellierung des Landeswassergesetzes (LWG) erfolgte der erste umweltpolitische Paukenschlag des Jahres 2021. Die Neufassung des LWG bedeutet einen signifikanten Rückschritt für den Gewässerschutz in NRW und reiht sich nahtlos ein in die schwarz-gelbe „Entfesselungspolitik“, die den Schutz unserer Umwelt konsequent ökonomischen Interessen unterordnet. Das generelle Abgrabungsverbot von Rohstoffen wie Sand und Kies in Wasserschutzgebieten haben CDU und FDP aus dem Gesetz gestrichen.  Auch die in der Landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung oberirdische Bodenschatzgewinnung (LwWSGVO-OB) nachträglich und ersatzweise vorgesehenen  Regelungen ersetzen nicht den vorher im Landeswassergesetz bestehenden umfassenden Gewässerschutz. Warum das Gesetz ein Kniefall vor der Rohstofflobby ist, haben wir auch in einer Pressemeldung deutlich gemacht.

Als umweltpolitischer Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion habe ich immer wieder auf die Risiken hingewiesen, die von den Neuerungen im LWG ausgehen, und in Berichtsanfragen sowie Kleinen Anfragen kritisch nachgefragt. In einem eigenen Antrag „Dem Klimawandel begegnen – Wasserressourcen erhalten, schützen und nachhaltig nutzen!“ forderte die GRÜNE Landtagsfraktion die konsequente Stärkung des Gewässerschutzes und ein zukunftsorientiertes Wassermanagement. Die Regierungsfraktionen lehnten unseren Antrag jedoch mit ihrer Stimmenmehrheit ab. Ziel Grüner Umweltpolitik in NRW wird in Zukunft die Wiederherstellung eines effektiven Schutzes unserer Gewässer und unseres Trinkwassers sein.

Aufklärung der Hintergründe der Explosion im „Chemiepark“ Leverkusen

Nur zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe erschütterte im Juli eine Explosion und ein Brand im „Chemiepark“ Leverkusen NRW. Und wieder zeigten sich deutliche Defizite im Krisenmanagement der Landesregierung. Die zuständige Umweltministerin äußerte sich erst spät öffentlich zu den Ereignissen. Zu lange war völlig unklar, welche Stoffe durch die Explosion freigesetzt wurden und welche Gefahren für die Anwohner*innen davon ausgingen. In einer Sondersitzung des Umweltausschusses äußerte sich die Ministerin und legte einen schriftlicher Bericht vor, wobei jedoch viele Fragen offen blieben. Die Landesregierung hat es versäumt, transparent zu informieren und konsequent aufzuklären. Stattdessen haben wir die Aufklärung des Vorfalls im „Chemiepark“ Leverkusen unter anderem mit einer Kleinen Anfrage zum Vorgehen der Landesregierung unmittelbar nach der Explosion, einer Kleinen Anfrage zu den Stoffen, die bei der Explosion freigesetzt wurden und einem Bericht, der aufgrund unserer Berichtsanfrage im Umweltausschuss vorgelegt wurde, maßgeblich vorangetrieben. Die Aufklärung dauert an. Wir werden sie im Umweltausschuss weiter kritisch begleiten, insbesondere mit Blick auf die geplante Wiederinbetriebnahme der Anlage.

Bekämpfung von Umweltkriminalität

Das Vorgehen der Landesregierung nach der Explosion im „Chemiepark“ Leverkusen reiht sich nahtlos ein in eine Politik, die Aufklärung nur zögerlich betreibt und Umweltschutz möglichst klein schreibt. Auch die Abschaffung der Stabsstelle Umweltkriminalität passt in dieses Bild. Mit unserem AntragBekämpfung von Umweltkriminalität in NRW endlich stärken – Schwerpunktstaatsanwaltschaft und Koordinierungsstelle für NRW einrichten“ haben wir einen deutlichen Gegen-Akzent gesetzt. Darin fordern wir unter anderem, für die Verfolgung besonders schwerer Umweltstraftaten eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft mit landesweiter Ermittlungsbefugnis einzurichten und eine Verbesserung der Personalausstattung in den Umweltbehörden zu erwirken. Dies sind notwendige Maßnahmen, um gegen Umweltstraftaten wirksam vorgehen zu können. Unser Antrag wird aktuell federführend im Umweltausschuss beraten, am 19. Januar findet dazu eine Anhörung mit Sachverständigen statt. Damit die Forderungen aus unserem Antrag auch umgesetzt werden können, haben wir entsprechende Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf 2022 gestellt.

Parallel zur Ausschussarbeit führen wir die Aufklärung der Ereignisse rund um die Auflösung der Stabsstelle Umweltkriminalität im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II (Hackerangriff/Stabsstelle) fort.

Gemeinsamer Entschließungsantrag zum Thema Waldbrandprävention

Abnehmende Niederschlagsmengen infolge des Klimawandels schwächen die ohnehin durch Borkenkäferbefall bedrohten Wälder und führen dazu, dass die Waldbrandgefahr in NRW steigt. Um unsere Wälder gegenüber den Flogen des Klimawandels resistenter zu machen und die Waldbrandgefahr zu reduzieren, ist es dringend notwendig, den Umbau hin zu naturnahen und arten- und strukturreichen Wäldern zu forcieren.  Natürliche Laubholzmischwälder halten mehr Feuchtigkeit in Boden und Luft und trocknen daher weniger schnell aus, was das Brandrisiko senkt. Mit unserem Antrag zur wachsenden Waldbrandgefahr haben wir das Thema nicht nur auf die parlamentarische Tagesordnung gesetzt, sondern auch erreicht, dass die Fraktionen von CDU, FDP sowie SPD die Relevanz des Themas erkennen und sich unseren Forderungen anschließen. Der gemeinsame Entschließungsantrag „Wachsende Waldbrandgefahr in NRW ernst nehmen – Waldbrandprävention und -bekämpfung weiter effektiv verbessern“ wurde im April mit den Stimmen der antragstellenden Fraktionen angenommen. Damit ist die Landesregierung nun beauftragt, den Laubholzanteil in den Wäldern zu erhöhen, um das Waldbrandrisiko zu senken und sämtliche Landesförderprogramme an eine Bereitschaft zur klimaangepassten Waldbewirtschaftung zu binden. Wir Grüne haben zudem durchgesetzt, dass die Regierungsfraktionen die Naturschutz-Akteure nachträglich mit an den Tisch ihrer Projektgruppe zur Konzept-Erarbeitung für Waldbrandprophylaxe und Waldbrandbekämpfung holen.

NRW braucht eine Pestizidminderungsstrategie

Der massive Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist eine der Hauptursachen des unaufhaltsam voranschreitenden Verlustes von Artenvielfalt in unserem Land und weltweit. Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern und den Einsatz von Pestiziden nachhaltig zu reduzieren. NRW braucht endlich eine Pestizidreduktionsstrategie. Das forderten wir in unserem Antrag „Wo Naturschutz draufsteht, muss Naturschutz drin sein – keine Pestizide in Naturschutzgebieten.“  Unser Ziel ist, den Einsatz von Pestiziden in der Masse und in der Toxizität langfristig zu reduzieren sowie ein Verbot der Verwendung von Pestiziden in Natur- und anderen Schutzgebieten zu erreichen. Die Anwendung von Pestiziden in Naturschutzgebieten steht in eklatanten Widerspruch zum Zweck dieser Gebiete als  letzte Rückzugsgebiete für zahlreiche Arten. Diese großen zusammenhängenden Flächen sind von herausragender Bedeutung für den Artenschutz in unserem Land und müssen wirksam geschützt werden. Unser Antrag wurde im September im Umweltausschuss abschließend beraten und mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt. Auf die vom Bund im Juni beschlossene Verordnung zur Pflanzenschutzanwendung reagierte die Landesregierung kurzerhand mit Ausnahmeregelungen für Landwirte in Schutzgebieten. Auch der Umgang mit Pestiziden insgesamt reiht sich also ein in die naturschutzpolitische Verweigerungshaltung von Schwarz-Gelb.

Tierschutz in der Schlachtbranche

Die GRÜNE Landtagsfraktion ist auch 2021 für eine Verbesserung der Tierschutzsituation in NRW eingetreten. Beispielsweise haben wir uns mit unserem Antrag „Tierschutz ernstnehmen – CO2-Betäubung bei Schlachtschweinen endlich beenden!“ für ein Verbot der tierquälenden CO2- Betäubung eingesetzt, die bei fast 90 Prozent der über 18 Millionen Schlachtschweine jährlich in NRW angewendet wird.  Aus tierschutzfachlicher Sicht ist die Betäubung mittels CO2 wegen der in der Anfangsphase der Betäubung auftretenden Wirkungen – starke Reizung der Schleimhäute, Hyperventilation, Atemnot und Erstickungsgefühl – abzulehnen. Darüber hinaus besteht die tierschutzrechtliche Problematik, dass bei dieser Betäubungsmethode bei größeren Tiergruppen der zwischen Betäubung und Tötung vorgesehene maximale Zeitraum von 20 Sekunden nicht eingehalten werden kann. Unser Antrag wurde im September im Umweltausschuss abschließend beraten und mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt. Der schwarz-gelben Landesregierung fehlt schlicht der Wille zu politischen Veränderungen für ein dringend notwendiges Mehr an Tierschutz in NRW.

Darüber hinaus zeigten gleich zwei öffentlich gewordene Tierschutzskandale in diesem Jahr, dass es in der Schlachtbranche systemisch bedingte Missstände gibt, die regelmäßig zu Tierschutzverstößen führen. Es fehlt an wirksamen Kontrollen und dem zuständigen NRW-Umweltministerium gelingt es als Aufsichtsbehörde offensichtlich nicht, die Einhaltung bzw. den Vollzug bestehender Gesetze sicherzustellen. In einer Kommunalinfo habe ich zu den illegalen Schächtungen von Schafen und Rindern in einem Schlachtbetrieb in Selm im Kreis Unna und der ungeheuren Tierquälerei in einer Viehsammelstelle in Werne im Kreis Unna informiert und die Aufklärung der Tierschutzverstöße im Umweltausschuss vorangetrieben. Als tierschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion werde ich mich auch weiterhin für eine Verbesserung der Tierschutzsituation und für einen effektiven Vollzug bestehender tierschutzrechtlicher Vorgaben einsetzen.

Übersicht meiner Anfragen an die Landesregierung

seit Oktober 2021:

 Offene Kleine Anfragen*
Zur Umsetzung der Offensive für den Ökolandbau bringe ich für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt NRWs eine Kleine Anfrage ein. Diese  sollten zeitnah unter dem Stichwort „Ökolandbau“ hier abrufbar sein. Mit der Antwort der Landesregierung ist Anfang Januar zu rechnen. Außerdem sind folgende Kleine Anfrage offen:
Verbrennung von Ölpellets im Kraftwerk Scholven Tagebau Blessem
* Die Landesregierung hat vier Wochen Zeit zur Beantwortung. Die Antworten können nach ihrer Veröffentlichung in der Parlamentsdatenbank abgerufen werden.
Beantwortete Anfragen
Interessenkonflikt Umweltministerin und Verbandspräsidentin  Haltung von Pferden des Landgestüts Warendorf in Deckstationen
Haltung der Pferde im Landgestüt Warendorf  Gefahren durch Chemieabfälle
Holzversteigerung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW Umweltbildungseinrichtungen
Kalkabbau in einem Natura 2000-Gebiet im Teutoburger Wald Schottergärten
Regenwasserversickerung Entgasung von importierten Containern
Konflikt mit Natur- und Artenschutz bei Apps für Wanderungen und Radtouren
Eine vollständige Übersicht meiner Kleiner Anfragen ist hier zu finden.

Übrigens: In der Parlamentsdatenbank kann der Beratungsverlauf von Anträgen und Gesetzen sowie anderen Initiativen mittels Suchfunktion nachvollzogen werden.