Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir alle kennen das: Wenn man neu in einer Stadt ankommt, muss man sich erst einmal orientieren. Zumindest mir ging es so, als ich das erste Mal nach Düsseldorf bzw. in den Landtag kam. Ich hatte jedoch den Vorteil, dass ich den Menschen Fragen stellen konnte und von den Mitarbeiter*innen im Landtag große Unterstützung erfahren durfte. Dafür noch mal herzlichen Dank!
Für Menschen ohne ein solches Netzwerk ist ein schneller Zugang zu Orientierungskursen sehr wichtig. Ausreichende Sprachkenntnisse sind einer der wichtigsten Schlüssel zur gleichberechtigten Teilhabe im Einwanderungsland Nordrhein-Westfalen. Erstorientierungskurse helfen aber auch dabei, den Alltag in Deutschland kennenzulernen: wo und wie man einkaufen geht oder einen Arzt besucht, wie man eine Arbeit oder eine Wohnung sucht oder wie man mit der Schule und der Kita spricht. Dafür braucht man natürlich die deutsche Sprache.
Insgesamt ist die Sprache ein Schlüsselelement für geflüchtete Menschen, um ihre Lebensqualität zu verbessern und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Sie ermöglicht nicht nur die Überwindung von Barrieren, sondern stärkt auch individuelle Möglichkeiten und die Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben.
Die Erstorientierungskurse bieten insbesondere für die Schutzsuchenden ein Einführungs- und Orientierungsangebot. Sie sind explizit für Personen gedacht, die noch keine Gelegenheit haben, einen Integrationskurs zu besuchen oder für die ein Integrationskurs aktuell noch nicht das passende Angebot darstellt.
Im Jahr 2022 haben laut BAMF-Statistik bundesweit 2.104 Erstorientierungskurse neu begonnen. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 haben fast 100.000 Personen bundesweit einen Erstorientierungskurs besucht. Nachdem Russland die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat, stieg der Bedarf an Kursen nochmals an. Allein die Volkshochschulen in Nordrhein-Westfalen führten im Jahr 2022 58 Orientierungskurse mit ca. 1.600 Teilnehmern durch.
Die Zugewanderten sind frustriert, wenn sie nicht schnell lernen dürfen. Die Integrationsminister*innen der Länder haben einstimmig gefordert, die Kapazitäten dieser Kurse zu erhöhen. In einem gemeinsamen Beschluss der Regierungschef*innen der Länder mit dem Bundeskanzler im Mai 2023 wurde betont, dass eine verstärkte quantitative und qualitative Förderung der Erstorientierungskurse notwendig sei.
Wir alle wissen um die angespannte Situation des Bundeshaushalts. Doch Bundesfinanzminister Christian Lindner verweigert nicht nur die Aufstockung der Mittel für die Integration von Geflüchteten, sondern droht sogar, die Mittel für 2024 zu kürzen. Das ist in der aktuellen Situation wirklich unverständlich.
Es ist von hoher Bedeutung, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser dieses Angebot in großem Umfang unterstützt und die im Bundeshaushalt vorgesehenen Mittel erhöht. Unsere Zukunftskoalition steht zu der Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und dem Bund bei der Versorgung und Integration von Geflüchteten.
Genau deswegen erinnern wir den Bund an seine Verantwortung und fordern insbesondere den Bundesfinanzminister und die Bundesinnenministerin auf, Kürzungen bei den Erstorientierungskursen zurückzunehmen und die Mittel für Integration von Geflüchteten zu erhöhen. Deswegen bitte ich die demokratischen Fraktionen, diesem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)