Kommunalinfo: Geflüchteten in den Lagern Lipa und Kara Tepe helfen – Ratsbeschlüsse vor Ort erweitern

Portrait Berivan Aymaz 2021

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Lage in den Elendslagern an der bosnisch-kroatischen Grenze in Lipa bei Bihać ist katastrophal. Die Geflüchteten sind dem harten Winter schutzlos ausgeliefert, sie sind gezwungen, ohne Obdach auszuharren, ohne fließendes Wasser und Heizung und auch an Lebensmitteln fehlt es. Krankheiten wie Lungenentzündungen grassieren und das inmitten der Corona-Pandemie. Die erschreckende Situation der Geflüchteten ist schon lange bekannt – nur getan wird fast nichts. Leider wiederholt sich hier, was wir auch im Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos sehen – auch dort herrschen verheerende Zustände.

Dies war leider absehbar, weil die europäische Flüchtlingspolitik immer mehr auf Elend und Tod als Abschreckungsinstrument setzt und Räume der Rechtslosigkeit schafft. Das dürfen wir nicht hinnehmen.

Die Verantwortlichen auf Bundes- und EU-Ebene verletzen die Grundsätze der Europäischen Union, indem sie die Geflüchteten in menschenunwürdigen Elendslagern hausen lassen und den Zugang zu geordneten Asylverfahren verweigern. Hinzu kommen illegale Pushbacks von griechischen und kroatischen Beamten, die Geflüchtete in Not brutal daran hindern, einen Asylantrag in der EU zu stellen.

Mit dem verheerenden Brand im berüchtigten Lager Moria auf Lesbos im September letzten Jahres setzten sich immer mehr solidarische Kommunen und ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Akteuren für eine schnelle Evakuierung ein. Länder wie Thüringen und Berlin haben Landesaufnahmeprogramme beschlossen, um den Geflüchteten schnell helfen zu können.

Die Bundesregierung versprach hingegen nur, eine europäische Lösung herbeizuführen. Nach massivem Druck aus der Zivilgesellschaft sagte sie zu, 1.553 Menschen von den griechischen Inseln aufzunehmen. Inzwischen kennen wir die ernüchternde Bilanz nach mehr als vier Monaten: lediglich 291 Menschen sind bisher aufgenommen worden.

Auch die schwarz-gelbe Landesregierung verweigert mit dem Verweis auf eine europäische Lösung eine eigene Initiative aus NRW.

Aber ein tragfähiges EU-Asylsystem ist nicht in Sicht und erwartungsgemäß ist auch Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft daran gescheitert, eine humanitäre europäische Lösung zu etablieren.

In unserem aktuellen Antrag „Humanitäres Totalversagen vor den Toren und im Herzen Europas“ fordern wir die schwarz-gelbe Landesregierung erneut eindringlich auf, sich endlich an die Seite der zahlreichen solidarischen Kommunen zu stellen. Diese haben sich im Rahmen des Bündnisses „Sichere Häfen“ bereiterklärt, Geflüchtete in Not bei sich aufzunehmen – über 43 in NRW, 174 bundesweit. Zugleich muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Menschen in Lipa schnellstmöglich Zugang zu geordneten Asylverfahren bekommen und endlich menschenwürdig untergebracht werden. Ebenso erwarten wir, dass die illegalen Pushbacks an der europäischen Grenze unverzüglich beendet und restlos aufgeklärt werden.

In meiner Rede im Plenum habe ich auch an Ministerpräsident Laschet in seiner neuen Rolle als CDU-Bundesvorsitzender appelliert und ihn aufgefordert, mit einem Landesaufnahmeprogramm unter Beweis zu stellen, wie ernst er es mit einer humanitären Flüchtlingspolitik meint.

Auch wenn unser Antrag gestern im Plenum wieder einmal durch Schwarz-Gelb abgelehnt wurde, werden wir uns weiterhin dafür stark machen, dass die Kommunen, die bereits einen Beschluss zur Aufnahme von Geflüchteten in Not gefasst haben oder dies planen, in ihrem Anliegen breit unterstützt werden. Kommunen, Kirchen und die Zivilgesellschaft sind eine treibende Kraft von „unten“ gegen die menschenunwürdige Abschottungspolitik und verdienen unsere volle Solidarität.

Unseren aktuellen Plenarantrag könnt Ihr gerne als Arbeitshilfe verwenden, die vorhandenen Ratsbeschlüsse bzw. Resolutionen vor Ort zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Seenotrettung und den griechischen Inseln noch um die Aufnahme von Schutzbedürftigen aus Bosnien zu erweitern.

Wir freuen uns, wenn Ihr uns über Eure Aktivitäten in den Kommunen auf dem Laufenden haltet.

Für weitere Fragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Freya Kuhn (freya.kuhn@landtag.nrw.de, 0211/884 -2276) und ich gerne zur Verfügung.

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