Wibke Brems: „Wir stehen zusammen als Gesellschaft und Seite an Seite mit der Ukraine“

Zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, DP und GRÜNEN zum Krieg Russlands gegen die Ukraine

Portrait Wibke Brems 5-23

Der Antrag

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Shum! Solidarität! NRW ist, wir sind solidarisch mit der Ukraine.

Wir sprechen häufig etwas abstrakt von einem Angriff auf die Souveränität und die Freiheit eines demokratischen europäischen Staates, von zerstörter Infrastruktur, von Bomben und Drohnenangriffen. Für die Menschen in der Ukraine bedeutet das aber, seit mehr als einem Jahr permanente Gewalt, Kriegsverbrechen, Angst und Terror zu erleben.

Es bedeutet, dass sich Frauen, die am heutigen Tag eigentlich für Gleichberechtigung auf die Straße gehen sollten, stattdessen um ihr Leben und ihre Unversehrtheit sorgen.

Es bedeutet für Kinder, dass es für sie mittlerweile normal ist, Bombenalarme zu erleben und in den Keller zu gehen.

Es bedeutet, dass Jugendliche, die eigentlich Partys mit ihren Freunden feiern sollten, Traumata erleben und feststellen müssen, dass ihre Freunde zerstreut in ganz Europa leben.

Und es bedeutet, dass ältere Menschen, die in Frieden alt werden wollten, nun um ihre Kinder und Enkelkinder bangen.

Das ist einfach nur schrecklich!

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Als Demokrat*innen sind wir solidarisch mit der Ukraine, weil ein Angriff auf ihre Souveränität, ihre Freiheit und ihre Demokratie auch ein Angriff auf unsere Freiheit ist. Und als Menschen sind wir solidarisch mit den Menschen, die so viel Leid erleben mussten, bis heute erleben oder vor diesem Leid geflohen sind.

Unsere Solidarität bedeutet in diesem Zusammenhang auch, selbst Auswirkungen des Krieges auf uns zu nehmen, weil Sanktionen gegen Russland unverzichtbar sind.

Solidarität bedeutet, dass unsere Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen ihre Beziehungen zur Ukraine aufrechterhalten und da, wo es geht, neue knüpfen. Das sorgt vor Ort für Stabilität.

Gleiches gilt für die Partnerschaften. Dafür ist die nordrhein-westfälische mit der Oblast Dnipropetrowsk so wichtig, ebenso wie Städtepartnerschaften wie zum Beispiel die von Dortmund geplante mit Schytomyr.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Solidarität kennt keine Obergrenze. Solidarität heißt manchmal auch, eigene Einschränkungen hinzunehmen und zu ertragen, zusammenzustehen und an Lösungen zu arbeiten. Wir stehen zu unserer humanitären Verpflichtung, wir stehen zu unseren demokratischen Werten.

Solidarität bedeutet, in den Kommunen enorme Anstrengungen zu unternehmen, um Menschen, die vor Krieg, Vergewaltigung und Tod fliehen, wieder Ruhe, Kraft und Zukunft zu geben. Deshalb arbeiten wir auf Landesebene eng mit allen Akteuren an Lösungen, die zielgenau sind und vor Ort helfen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Solidarität sollte auch bedeuten, seine angestammten Meinungen zu hinterfragen und dafür zu sorgen, dass die Angegriffenen sich gegen die Angreifer wehren können, auch wenn man eigentlich Waffengewalt grundsätzlich verabscheut. Solidarität ist also auch mal unbequem. Diejenigen, die jetzt die auch unbequemen Folgen instrumentalisieren, um sich selbst zu profilieren, und dabei willfährig die Propaganda der russischen Aggressoren übernehmen, stehen auf der falschen Seite der Geschichte. Die Organisatorinnen des sogenannten Manifests sind bereit, die Menschen in der Ukraine schutzlos auszuliefern, ihnen ihre Eigenständigkeit abzusprechen und sie der Heimat berauben zu lassen. Ich finde das einfach nur menschenverachtend.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Umso mehr Dank gebührt denjenigen, die in dieser Lage eben solidarisch sind: Unternehmen, die Sanktionen mittragen, Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen, Freiwillige, die ganz praktisch mit Unterkunft, mit Behördengängen oder einfach mit dringend benötigten Alltagsgegenständen geholfen haben. Herzlichen Dank für Ihre Solidarität!

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Krieg ist brutal; Krieg nimmt und zerstört Leben auf beiden Seiten. Aber es ist zweifelsfrei klar, wer hier der Aggressor ist: Russland und sein Präsident Putin. Zum System Putin gehören schon seit Jahren Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit, Repressalien und seltsame Todesfälle von politischen Gegner*innen oder Widersachern aus den eigenen Reihen, politische Machtdemonstrationen durch Morde, auch außerhalb von Russland, wie im Berliner Tiergarten. Angst und Verunsicherung sind die ständigen Begleiter, und sie sollen auch außerhalb von Russland destabilisieren. Unsere Antwort kann nur sein: Wir stehen zusammen als Gesellschaft und Seite an Seite mit der Ukraine.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Weil heute Internationaler Frauentag ist, schließe ich mit einem Zitat: „Wenn Putin eine Frau wäre, hätte er sich wohl kaum auf einen verrückten Machokrieg mit Invasion und Gewalt eingelassen, wie er es getan hat.“ – Das Zitat ist von Boris Johnson, dem man bislang wenig feministische Haltung nachsagen konnte, aber mit diesem Zitat hat er ausnahmsweise recht. Deshalb: Wir brauchen eine feministische Außen- und Friedenspolitik, die die Belange von Frauen und der gesamten Zivilbevölkerung in den Mittelpunkt stellt, statt gefährlicher toxischer Männlichkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)