Wibke Brems: „Wir sind Kompromisse eingegangen, aber wir haben auch etwas Fantastisches erreicht“

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum Hambacher Wald

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! An die Vorredner und die Vorrednerin zuerst einmal ein Dank für das Vortragen der RWE-Argumente, die wir jetzt wieder gehört haben. Eigentlich hätten Sie Ihre Redezeit direkt an RWE abgeben können.
(Zuruf von der CDU: Das ist ja albern! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
Wenn man sich ansieht, welche breite Koalition es hier für die Kohle gibt, dann zeigt das schon, in was für einer schwierigen Lage wir Grünen in den vergangenen sieben Jahren hier waren. Ich erkläre Ihnen und natürlich auch Herrn Pinkwart gern, wie Politik funktioniert. Politik bedeutet Kompromisse.
(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Ja, wir sind Kompromisse eingegangen. Aber wir haben auf der anderen Seite eben auch etwas Fantastisches erreicht. Mehr als 350 Millionen Tonnen CO2-Emissionen wurden durch die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II vermieden. Sie sind unser grüner Erfolg.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das hätte es ohne uns Grüne in der Regierung nicht gegeben. Wir Grünen haben uns schon lange für den Kohleausstieg eingesetzt. Wir haben ihn hier in den letzten Jahren nicht erreichen können. Aber wir haben uns damit auch für eine frühere Beendigung der Braunkohletagebaue ausgesprochen. Den Ausstieg konnten wir als kleiner Koalitionspartner nicht durchsetzen. Wir haben aber diese Verkleinerung erreicht.
Wenn man sich anschaut, was wir vor uns haben, dann sind 6,4 % der Abgeordneten im Landtag für einen Kohleausstieg. Eigentlich soll der Landtag ein Spiegelbild dessen sein, was in der Bevölkerung los ist. Schauen wir uns einmal an, was in der Bevölkerung los ist: 76 % der Bevölkerung wollen einen Kohleausstieg.
(Monika Düker [GRÜNE]: Hört, hört!)
Sogar 70 % der FDP-Wähler wollen einen Kohleausstieg. Sie sollten sich einmal daran orientieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Daran und am friedlichen Protest der vergangenen Wochen und Monate, als sich Zehntau-sende von Menschen in Bonn und an der roten Linie beteiligt haben, haben wir uns beteiligt, und mit ihnen haben wir uns solidarisch gezeigt. Das sollte auch bei Ihnen ankommen.
Noch einmal zum Thema „Gewalt“: Ich wiederhole gern, was meine Kollegin Frau Düker eben gesagt hat. Gewalt kann und darf selbstverständlich kein Mittel einer demokratischen Auseinandersetzung sein. Das hat nicht nur meine Kollegin Düker eingangs gesagt. Das haben wir alle schon mehrfach an dieser und an anderen Stellen gesagt und uns ganz klar und deutlich von Gewalt distanziert. Dass Sie hier immer wieder anfangen, Herr Bombis und Frau Plonsker, und das erneut von uns fordern, ist einfach nur diffamierend und zeigt, dass Sie keine Argumente mehr haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Schauen wir uns doch einfach einmal an, wie das Thema „Kohleausstieg“ an anderer Stelle diskutiert wird. Ich zitiere aus dem Bundestag den Kollegen Andreas Jung von der CDU/CSU-Fraktion, der ganz klar sagt: Es ist ausgemachter Unsinn, wenn gesagt wird, beim Klima-schutz gehe es um eine linksgrüne Ideologie. Dann sagt er ganz klar zu dem, was bei den Jamaika-Verhandlungen auf dem Tisch lag, nämlich zur Abschaltung von sieben Gigawatt – ich zitiere ihn jetzt –: Egal, wer regieren wird, er darf nicht hinter den Vorschlag zurückfallen, der hier schon auf dem Tisch gelegen hat.
(Beifall von den GRÜNEN – Monika Düker [GRÜNE]: Guter Mann!)
Das ist eine ganz klare Linie, die wir jetzt hier brauchen und die diese Landesregierung beachten sollte. Herr Pinkwart hat eben angefangen, Grafiken zu zeigen. Ich könnte das genauso machen. Ich habe sie auch dabei.
Es geht um die Zeiten, die Sie genannt haben. Ja, im Januar gab es wenig Wind- und Sonnenstrom. Es war aber nicht so, wie Herr Laschet immer behauptet, dass es zu der Zeit einen Stromimport gegeben hätte. Den gab es nicht. Im ganzen vergangenen Jahr gab es an drei Tagen einen Stromimport. – Sie brauchen gar nicht zu lachen. Schauen Sie sich die Sachen doch an! Das ist im Internet alles frei verfügbar.
(Zurufe von der CDU und der FDP)
Das ist einfach so.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Stromimporte waren nicht zu dieser Zeit. Da sagt Herr Laschet nicht die Wahrheit.
(Zuruf von Markus Wagner [AfD])
Es bestehen erhebliche Überkapazitäten. Die kann man abschalten. Die sieben Gigawatt, die auf dem Tisch lagen,
(Zurufe von der CDU und der FDP)
sorgen dafür, dass dieser Wald verschont werden kann.
Herr van den Berg, Wald ist nicht gleich Wald. Wenn man neuen Wald anpflanzt, können die Fledermäuse, die in dem Uraltwald leben, nicht direkt dort einziehen. Diese Fledermäuse brauchen alte Bäume.
(Zurufe von der CDU und der FDP)
Sollen die Fledermäuse jetzt jahrhundertelang einfach durch die Gegend fliegen? Das kann so nicht sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung kann natürlich immer weiter einfach zuschauen und so tun, als wäre sie an der Stelle unbeteiligt. Sie können gerne weiter gerichtlichen Entscheidungen von Instanz zu Instanz zuschauen. Und so wird das weitergehen, wenn hier nichts passiert. Sie können zuschauen, wie spätestens auf europäischer Ebene das Bergrecht endlich nicht mehr anderes Recht brechen wird.
Aber ganz ehrlich: Die Zeit für politische Entscheidungen ist doch nun wirklich reif. Das Nach-kohlezeitalter ist eingeläutet. Das zeigt die Allianz der Länder und Regionen. Das zeigt die Allianz der Firmen, die sich dafür aussprechen. Sie sollten diese Zeichen der Zeit und den Willen der Bevölkerung endlich erkennen. Sorgen Sie für einen Kohleausstieg. Sorgen Sie für Rechtsfrieden in der Region. Und lassen Sie uns diesen wunderschönen Wald retten. – Herzlichen Dank!
(Beifall von den GRÜNEN)

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