Wibke Brems: „Wir sind der Meinung, dass alle Vorhaben, Gesetze und Planungen zum Netzausbau zusammen gedacht werden sollten.“

Antrag der Piraten zum Ausbau von Energieleitungen

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich freue mich, dass wir heute unser Augenmerk auf das so wichtige Stromnetz richten. Wir haben heute Morgen leider auch schon einige krude physikalische Erkenntnisse zu hören bekommen. Ich hoffe, dass die Debatte jetzt ein bisschen ruhiger an der Stelle verläuft. Das ganze Thema ist ja sowohl juristisch als auch technisch äußerst kompliziert. Wir machen uns heute und auch im Ausschuss gerne daran.
Ich finde es richtig, dass man den Ausbau des Netzes aus unterschiedlichen Gründen beschränkt; denn – das haben Sie in Ihrem Antrag auch geschrieben – zunächst einmal geht es darum, die Kosten für uns alle, für alle Stromverbraucherinnen und -verbraucher, möglichst gering zu halten. Es geht aber auch darum, Umweltbeeinträchtigungen und Beeinträchtigungen von Menschen möglichst gering zu halten. Das alles sind Gründe, den Netzausbau möglichst nicht zu überdimensionieren.
Warum brauchen wir überhaupt einen Netzausbau? Wir hatten in den letzten zwei Jahrzehnten – das muss man so sagen – gerade in den Netzausbau wirklich sehr geringe Investitionen. Das heißt, wir befinden uns gerade in einem Investitionszyklus, den es sowieso gegeben hätte. Auch diese Debatte haben wir schon des Öfteren geführt.
Damit verbunden ist es einfach Tatsache, dass durch die erneuerbaren Energien neue Strukturen geschaffen werden müssen. Aber hier lässt sich der Aspekt feststellen, dass immer wieder unterschiedliche Sachen vermischt werden, und zwar auch die unterschiedlichen Ebenen des Netzausbaus.
Was wir in den letzten Jahren gebraucht haben und aktuell immer noch massiv brauchen, ist vor allen Dingen der Netzausbau vor Ort, damit die Erneuerbare-Energien-Anlagen – die Windkraftanlagen, die Fotovoltaik-Anlagen – am letzten Haus und am letzten Bauernhof wirklich mit angeschlossen werden können, indem wir die sonst nicht ganz so starken Leitungen dorthin ausbauen. Indem wir auf diesen unteren Versorgungsebenen das Stromnetz ausbauen, reduzieren wir auch auf den oberen Ebenen den Netzausbau. Das ist etwas, was wir als Grüne immer wieder kritisiert haben: dass an dieser Stelle zu wenig zwischen den Ebenen gedacht wird.
Dann, im Jahr 2009, hat die damalige Große Koalition das Energieleitungsausbaugesetz verabschiedet und dringenden Handlungsbedarf gesehen. Schon damals haben wir kritisiert, dass das Ganze mehr Schein als Sein ist. Um den Netzausbau voranzutreiben, wurde die Bürgerbeteiligung reduziert. Herr Kollege van den Berg hat das eben gesagt. Es ist schön, dass Sie diese Kritik heute teilen. Verkürzte Offenlegungszeiten, verringerte Beteiligungsmöglichkeiten – all das hat dem Netzausbau nicht gerade vorangeholfen, was es aber eigentlich sollte.
Der zweite Aspekt sind die vier dort vorhandenen Pilottrassen für Erdkabel. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Auf den ersten Blick sieht das ganz gut aus: endlich Erdkabel in Deutschland, auch auf dem Höchstspannungsnetz. Wer aber genau hinguckt, sieht: Es sind vier Pilottrassen. Das bedeutet, es gibt keine anderen Möglichkeiten, Erdkabel zu verlegen, die optisch nicht so störend sind und erheblich geringere Gesundheitsrisiken für Menschen bedeuten. Weniger Erdkabel und weniger Bürgerbeteiligung sind zwei Aspekte, die eher geholfen haben, diese Projekte, um die es sich hier handelt, vor Ort zu verlangsamen.
Ich kenne das aus meiner eigenen Region Ostwestfalen-Lippe genau so: Dort soll jetzt eine EnLAG-Trasse gebaut werden, die, wenn sie neu geplant werden würde, niemals so nah an die Bebauung heran dürfte. Aber dadurch, dass es sich um eine EnLAG-Trasse handelt, ist das kein Problem. Die Menschen vor Ort sehen eine Möglichkeit in der Erdverkabelung. Aber das EnLAG gibt diese Möglichkeit nicht.
Wir wären dort und an vielen anderen Stellen schon wesentlich weiter, wenn man mehr Bürgerbeteiligung und mehr Erdkabel zugelassen hätte. Das sind wichtige Aspekte, die uns auch in dem Antrag noch fehlen.
Wir sind der Meinung, dass alle Vorhaben, Gesetze und Planungen zum Netzausbau zusammen gedacht werden sollten. So ist das EnLAG das sogenannte Startnetz für den Bundesbedarfsplan, der ja regelmäßig überholt wird. Obwohl die EnLAG-Trassen noch gar nicht fertig sind und teilweise in beiden Gesetzen geplante Trassen parallel verlaufen, sollte das Ganze zusammen gedacht werden. Das wäre unsere Forderung. Einzeln das EnLAG herauszugreifen, erscheint mir nicht sinnvoll.
Zu guter Letzt: Da es sich bei allen Netzentwicklungsplänen und Gesetzen zu diesem Punkt um Prognosen handelt, die – wie Karl Valentin schon wusste – besonders dann unsicher sind, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen, bedarf es natürlich regelmäßiger Überprüfungen aller Annahmen, Entwicklungen und Pläne. Das sollten wir gemeinsam im Ausschuss diskutieren. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz