Wibke Brems: „Wir sehen euch, wir danken euch für euren Kampf, und wir stehen an der Seite der Ukraine“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN Zum Krieg in der Ukraine

Portrait Wibke Brems 5-23

Der Antrag „Nordrhein-Westfalen steht fest an der Seite der Ukraine – für eine Zukunft in Freiheit und Frieden“

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der brutale Angriffskrieg Russland auf die gesamte Ukraine geht in sein drittes Jahr: zwei Jahre Krieg, zwei Jahre Leid, zwei Jahre menschliche Tragödien in der Ukraine.

Der Angriff am 24. Februar 2022 war Teil einer Gesamtstrategie, die schon bei der Annexion der Krim 2014 hätte deutlich werden können. Denn in diesem Teil der Ukraine herrscht seit 10 Jahren Krieg. Ich finde es immer noch ungeheuerlich, dass damals von der Weltgemeinschaft nicht mehr passierte als ein paar Sanktionen und Einreiseverbote. Wenn es um billiges Gas ging, verschloss man auch in Deutschland die Augen und machte weiter Geschäfte mit dem Despoten und Kriegsverbrecher Putin.

Jahrelang bereitete Putin immer weiter die Abhängigkeit Europas und insbesondere Deutschlands vom russischen Gas vor. Ein Jahr nach der Annexion der Krim ließ die Bundesregierung zu, dass deutsche Gasspeicher an eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom verkauft wurden.

Mit kaum gefüllten deutschen Gasspeichern im Winter 2021/2022 und der Abhängigkeit unserer Wirtschaft, unserer Strom- und Wärmeversorgung wollte Putin sicherstellen, dass die Solidarität mit der Ukraine nicht groß ausfällt, wenn er dort einfällt. Wir haben ihn aber eines Besseren belehrt. Die Bundesregierung, die EU und die NATO haben bewiesen, dass wir funktionierende Einheiten sind, dass wir zusammenstehen. Wir haben uns solidarisch gezeigt. Wir haben Ausrüstung und Waffen in die Ukraine geliefert, und wir haben gleichzeitig die Abhängigkeit vom russischen Öl und Gas heruntergefahren. Wir haben für Alternativen gesorgt und es Putin damit gezeigt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das Schreckliche aktuell ist aber: Diese Gefahr ist nicht gebannt. Während wir hier debattieren, fliegen russische Raketen in die Ukraine. Es kreisen Drohnen über ukrainischen Städten. Seniorinnen und Senioren harren kurz hinter der Frontlinie aus. Ganze Familien flüchten in Luftschutzräume.

Putin ist weiterhin darauf aus, Teile der Welt durch russische Staatskonzerne gefügig zu machen. Putin betreibt Geopolitik mit den Mitteln der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Das war bei Gazprom so, bei Nord Stream, und so geht es auch munter weiter.

Der russische Staatskonzern Rosatom will die Welt abhängig machen von russischem Uran. Rosatom investiert in Atomkraftwerke, unter anderem in der Türkei oder in Ungarn. So sorgt man dafür, dass dort in Zukunft Brennstäbe aus russischem Uran eingesetzt werden. Die Abhängigkeit erhöht sich immer weiter. Und das funktioniert, weil Rosatom nicht auf der Sanktionsliste der EU steht – trotz Putins Vertrauten im Vorstand. Wer verhindert es? Ungarn. Und das ist dann wirklich kein Zufall mehr.

Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Putin muss endlich auf allen Ebenen Einheit geboten werden. Es muss Schluss sein mit Putins Trollfarmen, die über den rechten Arm auch in diesem Parlament unsere Demokratie destabilisieren wollen. Es muss Schluss damit sein, dass Putin seinen Krieg mit russischem Uran finanzieren kann. Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Es ist leider so: Nur so wird es Frieden und Demokratie in der Ukraine weiterhin geben. Denn wenn Putin den Krieg gewinnt, dann wird er nicht in der Ukraine haltmachen. Er wird sich damit nicht zufriedengeben. Dann stehen Frieden und Freiheit in weiteren europäischen Ländern auf dem Spiel, zum Beispiel in Polen oder in Estland. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Seit Jahren wehren sich ukrainische Soldatinnen und Soldaten mit Einfallsreichtum, mit Mut und mit unfassbarer Kraft gegen die fortwährenden Angriffe; sie trotzen einer Übermacht an russischen Soldaten und geringen Munitionsreserven. Damit die Ukraine gewinnt, ist mehr finanzielle, humanitäre und militärische Unterstützung nötig.

Dieser Krieg hat viel verändert. Er hat unseren Blick auf unsere Energieversorgung, auf unsere Abhängigkeiten und auf Frieden und Freiheit in Europa verändert. Er hat auch meinen persönlichen Blick auf die Notwendigkeit von Waffen und Selbstverteidigung verändert. Doch eines dürfen dieser Krieg und die Diskussion um Munition und Waffensysteme, die wichtig sind, nicht, nämlich den Blick auf die Menschen, auf ihr Leid und auf ihr Durchhaltevermögen versperren.

Wir sehen die Menschen, die für ihre Freiheit andere Menschen töten müssen. Wir sehen hingerichtete Menschen in Butscha und Menschen, die die monatelange Belagerung von Mariupol überstanden haben. Wir sehen die Frauen, die vergewaltigt werden. Wir sehen die Kinder, die verschleppt werden oder für die Fliegeralarm und Schulunterricht im Bunker zur Normalität gehören. Wir sehen die Familien, die auseinandergerissen wurden und die trauern. Allen diesen Menschen gilt unser volles Mitgefühl und unsere Solidarität.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich danke den demokratischen Fraktionen für das heutige gemeinsame starke Signal an die Ukrainerinnen und Ukrainer. Liebe Frau Generalkonsulin Shum, bitte richten Sie Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus: Wir sehen euch, wir danken euch für euren Kampf, und wir stehen an der Seite der Ukraine. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

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