Wibke Brems: „Wir sehen, dass für zukünftige Generationen, für die, die heute jung sind, die Windenergie schon ganz selbstverständlich zum Landschaftsbild dazugehört“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Windenergie

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als die AfD diesen Antrag geschrieben hat, muss es ungefähr so gewesen sein: Sie sitzt zusammen. Ein kleines Brainstorming findet statt. Einer fragt: Welches krude Thema habt ihr in letzter Zeit eigentlich in den Telegram-Channels gelesen? – Jemand antwortet: Hm, Windenergie im Wald macht unsere Heimat kaputt. – Der Nächste von der AfD meint: Super! Das machen wir. Deutsche lieben die Wälder. Heimat ist immer gut. Was passt denn noch dazu?

(Lachen von Helmut Seifen [AfD] – Karl Schultheis [SPD]: Hafermilch!)

Der Nächste sagt: Ach, wir haben in unserer alten Quellensammlung noch einiges an pseudowissenschaftlichen Quellen gefunden.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Aus anderen Anträgen haben wir noch ein paar Versatzstücke.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Die haben zwar nichts mit Wind und Wald zu tun; aber irgendetwas mit Wind wird es schon zu tun haben. – Und so haben alle einfach mal schnell etwas zusammengepackt.

So muss es bei diesem Antrag auch wieder gewesen sein.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Ich gehe kurz auf einige Aspekte ein. Was die hier aufgerufene Behauptung angeht, dass die Windenergie für den Tourismus schädlich sei, hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie auch zuhören.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Als wir neulich zusammen im Wirtschaftsausschuss saßen, war auch Dr. Achim Schloemer von Tourismus NRW anwesend. Er hat auf die Frage, ob Windenergie dem Tourismus schaden würde, geantwortet, dass es dafür keine Anzeichen gebe. Dazu noch ein Hinweis: Wenn dem so wäre, gäbe es auch keine Touristen mehr an der Nordsee.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Nun komme ich zu Ihrem Punkt, welche Bereiche im sogenannten Wald eigentlich bebaut werden können oder nicht. Im aktuellen Waldzustandsbericht der Landesregierung steht:

„Die gesamte Schadfläche seit 2018 komplett ausgefallener Fichtenbestände umfasst circa 113.000 Hektar.“

Das sind also alleine bei den Fichtenbeständen 113.000 ha Fläche. Und die AfD will uns hier erzählen, es gäbe ökologische Gründe, die dagegensprächen, einen Teil dieser Flächen für Windenergie zu nutzen. Das passt vorne und hinten nicht zusammen.

Dann komme auch ich noch einmal kurz zum Thema „Heimat“.

Klimaschutz ist aus unserer Sicht auch der Schutz unserer Heimat. Die AfD verweigert sich der Einsicht, dass wir Klimaschutz überhaupt brauchen und der Ausbau der Windenergie dafür essenziell ist. Aber wir brauchen genau das für den Erhalt unserer Heimat.

Da die AfD diese Fakten nicht anerkennt, verbreitet sie natürlich, wie mit dem heutigen Antrag und wahrscheinlich auch in Videos, die sie hinterher dazu postet, ihre kruden Behauptungen,

(Dr. Christian Blex [AfD]: Das hat Sie jetzt getroffen!)

die längst entkräftet sind. Sie verbreiten sie einfach weiter.

Unsere Heimat ist der AfD nämlich herzlich egal. Uns ist unsere Heimat aber nicht egal. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Brems. Sie haben es angezeigt bekommen, es gibt eine Kurzintervention durch Herrn Abgeordneten Loose. Es steht Ihnen selbstverständlich frei, diese auch an Ihrem Platz entgegenzunehmen und zu erwidern. – Herr Abgeordneter Loose hat das Wort.

Christian Loose (AfD): Danke, Frau Präsidentin. – Frau Brems, tatsächlich hat der Tourismusverband, der jedes Jahr mit 2,8 Millionen Euro durchgefüttert wird, es geschafft, in all den Jahren lediglich eine Marketingkampagne zu machen, nämlich urbanana, also das Ruhrgebiet in Form einer Banane dargestellt – mit 2,8 Millionen Euro pro Jahr.

Die haben es nicht geschafft, Studien zu nennen, die für NRW belegen, ob der Tourismus jetzt betroffen ist oder nicht – tatsächlich nicht. Auf die Frage, ob sie das vielleicht machen sollten, haben sie geantwortet, das wollten sie lieber nicht.

Aber es gibt Studien in anderen Bundesländern. Eine Studie zeigt zum Beispiel, wie viele Touristen sich durch Windparks und -anlagen gestört fühlen. Für die Müritzregion sind die Ergebnisse besonders dramatisch. Der oberbayerische Tourismusverband ist besorgt, dass Windräder die Landschaft in Bayerns wichtigster Urlaubsregion zerstören und damit dem Fremdenverkehr schaden könnten.

Selbst die von mir angesprochene Windkraftlobby, die ich sogar im Ausschuss angesprochen habe, sagt, dass es beim Ausbau von Windrädern zwar zu einer geringen, aber zu einer Belastung des Tourismus in Deutschland kommt.

Sie können sich darauf einstellen, dass der landeseigene Tourismusverband, der jedes Jahr mit 2,8 Millionen Euro durchgefüttert wird, das nicht so sieht. Aber das ist keine Basis für eine Diskussion, Frau Brems. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Brems, Sie haben jetzt 90 Sekunden Zeit, darauf zu erwidern. Bitte sehr.

Wibke Brems (GRÜNE): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Jetzt hat die AfD wieder die Zeit genutzt, um einfach eine Behauptung in die Welt zu setzen. Ich habe eben etwas dazu gesagt.

Wenn die Windenergie wirklich Tourismus verhindern würde, so wie Sie es dargestellt haben, dass jede Windanlage den Tourismus quasi um X Prozent verringert, dann dürfte es beispielsweise an der Nordsee keinen Tourismus mehr geben. Aber alle Zahlen zeigen genau das Gegenteil.

Sie versuchen, hier einfach Angst zu schüren und negative Kampagnen zu machen. Das wird Ihnen nicht gelingen. Denn wir sehen, dass für zukünftige Generationen, für die, die heute jung sind, die Windenergie schon ganz selbstverständlich zum Landschaftsbild dazugehört. Es ist für sie überhaupt kein Problem und hindert sie auch nicht daran, in entsprechenden Regionen Urlaub zu machen.

Die Alternative, dass Sie dann vielleicht überall Braunkohlelöcher haben, da aber niemand mehr leben kann, es weder Tourismus noch irgendetwas anderes gibt, zeigt auch wieder Ihre Ideologie.

(Beifall von den GRÜNEN und Karl Schultheis [SPD])

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