Wibke Brems: „Wir haben Wege gefunden, Klimaschutz und Artenschutz miteinander zu vereinbaren“

Antrag der FDP zu Windrädern im Wald

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Sie haben wohl gehofft, dass Sie hier heute als Rächer der Enterbten auftreten können. Das Problem ist nur: Niemand fühlt sich enterbt, und niemand möchte gerächt werden.
Sie sagen in Ihrem eigenen Antrag: „Angesichts dieser massiven Eingriffe schlagen anerkannte Naturschutzverbände zu Recht Alarm.“ Sie sind ja selber eben schon darauf eingegangen; Herr Meesters hat auch etwas dazu gesagt. Die Naturschutzverbände in Nordrhein-Westfalen haben klargestellt: Sie haben sie überhaupt nicht gefragt; Sie haben nicht mit ihnen gesprochen. Die Naturschutzverbände stellen Ihnen das Attest aus: Dieser Antrag ist fachlich nicht fundiert.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Wenn Sie sich wirklich damit beschäftigt hätten, dann wüssten Sie, dass der Leitfaden zum Artenschutz, den Sie selber erwähnen, und der Leitfaden zur Windkraft im Wald nicht einfach irgendwo in einem Hinterzimmer ausgebrütet wurden, während alles andere einfach nur weggeschoben wurde. Nein, diese Leitfäden sind in Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden und den entsprechenden Investorenverbänden erarbeitet worden. Genau diese Inhalte können wir sicherlich gemeinsam im Ausschuss erörtern.
Eben haben wir schon ansatzweise gehört – Herr Fehring ist darauf eingegangen –: Wald ist nicht gleich Wald. Monokulturen haben nun einmal einen geringeren ökologischen Wert. In Wäldern, in denen beispielsweise riesengroße Harvester durch die Gegend fahren können, sind Wege schon vorhanden, sind die Eingriffe bereits groß. Da sind genügend Wege für die Erschließung und für Stromtrassen. Solche „Wälder“ können ihren Charakter eigentlich gar nicht mehr verlieren, jedenfalls nicht im positiven Sinne.
Es kommt noch schlimmer. Sie gehen auf einen Aspekt überhaupt nicht ein, den wir vor einigen Jahren immer angesprochen haben: Kyrill beispielsweise hat ganze Baumbestände hinweggefegt. Dort ist offiziell noch Wald. Dieser Sturm hat einige Existenzen aber fast vernichtet. Und Sie als FDP wollen noch nicht mal, dass die betroffenen Waldbauern ihr Überleben mit Windenergie sichern können.
(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])
Ganz klar, sehr geehrte Damen und Herren: Freifahrtscheine für Windenergieanlagen im Wald gibt es nicht. Herr Fehring hat gesagt, seine Fraktion möchte sie nicht. Es gibt sie in Nordrhein-Westfalen auch nicht. Auch auf diesen Aspekt gehe ich in der Diskussion mit Ihnen im Ausschuss gern noch mal ein.
Ich habe, ehrlich gesagt, das Gefühl, dass die FDP schon weiter war. Jetzt, nach den Wahlen zeigen Sie, dass Sie hinter den Beschlüssen, die Sie auf der Bundesebene zur Energiewende mitgefällt haben, doch nicht stehen. Sie fallen weit dahinter zurück, Sie fallen zurück in eine Kampfrhetorik. Sie haben hier von Windradmonstern gesprochen und Mordsszenarien heraufbeschworen, die den Artenschutz meiner Meinung nach ins Lächerliche ziehen.
Genau das möchte ich hier nicht tun. Ich möchte klar feststellen: Natürlich gibt es Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Flora und Fauna. Aber wir müssen das beispielsweise mit fossilen Energien vergleichen: Haben die erneuerbaren Energien, speziell die Windenergie deutliche Vorteile? Sind damit weniger Eingriffe in die Natur und weniger schädliche Auswirkungen verbunden?
Da waren gerade die Naturschutzverbände und auch wir bereit, uns auf Kompromisse einzulassen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, bei denen Klimaschutz und Artenschutz miteinander vereinbar sind. Genau diese Wege haben wir gefunden.
Zu guter Letzt, in Ihrem Antrag, liebe FDP, gehen Sie zum Schluss noch mal richtig ins Abstruse und offenbaren damit, worauf Sie eigentlich hinauswollen. Sie stellen es dort nämlich im Grunde genommen so dar, als stünden außerhalb von Nordrhein-Westfalen, erst recht im europäischen Ausland genügend Windenergiestandorte zur Verfügung, nur eben nicht hier. Sie wollen also darauf hinaus, dass Nordrhein-Westfalen nicht weiter das Energieland Nummer eins ist. Denn genau das würde passieren, wenn wir uns davon abbringen ließen und bei der Energiewende nicht dabei wären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, verschonen Sie uns mit Ihrer Kampfrhetorik und Ihren Robin-Hood-Fantasien! Kommen Sie zurück auf den Boden der Tatsachen! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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