Wibke Brems: „Wir brauchen eben keine Renaissance des fossilen Zeitalters“

HH 2013 Klimachutz

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Herr Altmaier verlautbarte in der letzten Woche, die Energiewende koste 1 Billion €. Kurz darauf, großes Rätselraten. Direkt im Anschluss entstand bei Experten, die Altmaier selber für Gutachten beauftragt, aber auch bei Fachleuten aus seinem eigenen Ministerium die Frage: Wie kommt er auf diese Zahlen? – Und während Herr Altmaier Luftnummern mit Zahlen veranstaltet und ein großes Interesse daran zu haben scheint, die Preisdebatte – koste es, was es wolle – am Leben zu erhalten, sprechen wir hier über reale Zahlen, über Investitionen in Höhe von 11 Millionen € in Klimaschutz und in erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen, über 7,8 Millionen € Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung, in Energieeffizienz.
Dahinter stecken nicht bloß Kosten, dahinter steckt beispielsweise – Herr Höne hat es eben schon angesprochen – das erste verbindliche Klimaschutzgesetz in Deutschland. Dahinter steckt ein Klimaschutzplan mit umfassendem Beteiligungsprozess und mit Zwischenergebnissen aus Arbeitskreisen.
Ich nehme einen anderen Arbeitskreis heraus, Herr Höne, den Arbeitskreis, in dem die Industrie zum Beispiel zusammensitzt. Die sagen, sie seien positiv überrascht, wie gut das Arbeitsklima dort ist und wie positiv die gemeinsamen Ergebnisse dort sind. Es ist eine konstruktive Zusammenarbeit. Genau das gibt es eben auch, und genau das ist die Mehrheit in dem Beteiligungsprozess des Klimaschutzplans.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dahinter steckt ebenfalls ein äußerst erfolgreiches Klimaschutzstartprogramm, was die Landesregierung schon deutlich vor Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes auf den Weg gebracht hat, mit sehr vielen positiven Aspekten, direkt für die Kommunen vor Ort, direkt mit Auswirkungen dort, wo es hingehört.
Wir sehen diese Ausgaben eben nicht, wie Herr Altmaier, als bloße Belastung, sondern als Chance, als Wertschöpfung vor Ort. Es gibt einen Kreis in Nordrhein-Westfalen, wir haben auch schon öfter über ihn gesprochen, den Kreis Steinfurt, der das im Grunde genommen erst einmal zum Leben erweckt hat. Dort herrscht die Betrachtungsweise vor, alle Bürgerinnen und Bürger des Kreises Steinfurt geben zusammen 1,4 Milliarden € für Energie pro Jahr aus. Der Kreis Steinfurt hat einstimmig, mit allen Stimmen aller Fraktionen im Kreistag beschlossen, dass sie bis zum Jahr 2050 energieautark werden wollen und dieses Geld in der Region behalten wollen. Das ist die Herangehensweise, die wir beim Klimaschutz und bei der Energiewende brauchen, nicht aber die Sichtweise, dass es einfach nur kostet und uns alle viel zu viel kostet.
Ich möchte im Grunde genommen gern mit dem Kreis Steinfurt weitermachen; gestern Abend habe ich auch schon kurz darüber gesprochen. Im Kreis Steinfurt gibt es die Kommune Saerbeck. Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen nicht das Problem, dass die Verfahren länger brauchen als in anderen Bundesländern; das ist vollkommener Quatsch. Das Problem ist vielmehr, dass auf Bundesebene immer wieder massiv und generell gegen das geschossen wird, was hier auf unteren Ebenen passiert.
Wir mussten in NRW erst einmal die Bremse lösen und den Energiezug wieder auf die Gleise führen. Dankenswerterweise hat es Herr Rohwedder eben schon angemerkt: Fünf Jahre Blockade haben dazu geführt, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen erst einmal langsam wieder Fahrt aufnehmen müssen, dass Projekte wie in Saerbeck, wo in diesem Jahr noch 36 Millionen € investiert werden sollen, die durch Diskussionen, wie sie Herr Altmaier gerade führt, auf der Kippe stehen, komplett hinten herunterfallen, wenn das kommt, was Herr Altmaier dort will.
Herr Höne, ich möchte noch einen Aspekt bringen, den Sie gerade angesprochen und bei dem Sie versucht haben, Herrn Priggen und Herrn Remmel gegeneinander auszuspielen. Ich sehe da gar nicht den großen Unterschied. Es ist nicht das Gleiche, sondern ein massiver Unterschied, ob eine Renaissance des fossilen Zeitalters ausgerufen wird, wie es Herr Remmel passenderweise kritisiert hat, oder ob gesagt wird, wir brauchten für einen Übergang flexible fossile Kraftwerke. Genau das brauchen wir. Aber wir brauchen eben keine Renaissance des fossilen Zeitalters; das ist auch ganz klar.
Wenn wir schon bei diesem Punkt sind, zu guter Letzt noch einen Satz zu Herrn Deppe und dem Thema Fracking: Herr Deppe, Sie sollten meines Erachtens Herrn Altmaier genau das sagen, was Sie auch hier gesagt haben, dass Trinkwasser eben nicht nur da gewonnen wird, wo Trinkwasserschutzgebiete sind. Herr Altmaier will aber genau das. Er will, dass ein Fracking-Verbot nur in Trinkwasserschutzgebieten ausgesprochen wird, während in allen anderen Gebieten, auf 86 % der Fläche, alles gar kein Problem sein soll. Genau das sollten Sie auch Herrn Altmaier sagen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)