Wibke Brems: „Statt mehr und mehr Luxuswohnungen brauchen wir bezahlbare Wohnungen“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Die Energiewende ist – das kommt manchmal in der öffentlichen Debatte etwas zu kurz – mehr als eine Stromwende. Denn die Wärme hat einen ganz erheblichen Anteil daran: Er beträgt in Bezug auf den deutschen Endenergieverbrauch 35 %. Die Wärmeerzeugung ver­ursacht ca. 30 % der deutschen Treibhausgasemissionen. Das zeigt ganz deutlich: Wir müs­sen die Anstrengungen bei der Wärmewende erhöhen.
Man könnte aber, was die Beiträge von CDU und FDP angeht, meinen, dass diese Erkenntnis eben noch nicht angekommen ist. Denn Sie wollen die Energieeinsparverordnung aussetzen, statt Anreize für mehr Effizienz zu schaffen.
Ich muss einmal auf unsere Anhörung zurückschauen, die wir zu diesem Thema hatten: Kein einziger Experte hat die Kernforderungen des Antrags unterstützt, die Energieeinsparverordnung für drei Jahre auszusetzen. Kein einziger Experte – auch nicht Ihre Experten.
Die haben ganz im Gegenteil andere Sachen gesagt. Beispielsweise haben sie gesagt, dass die EU hohe Maßstäbe für Nichtwohngebäude ab 2019 und für Wohngebäude ab 2022 setzt. Danach ist der Niedrigstenergiestandard anzusetzen. Diesen EU-Maßstäben können wir uns richtigerweise natürlich nicht einfach entziehen.
Die von Ihnen eben zitierte Architektenkammer stellte fest, dass sich der Markt mittlerweile auf die Energieeinsparverordnung eingestellt hat und dass es Quatsch wäre, dahinter zurück­zufallen, weil längst so gebaut wird.
Deshalb frage ich mich – das ärgert mich maßlos – wirklich: Wofür führen wir eine Anhörung durch, wenn Sie trotz einhelliger Meinung aller Expertinnen und Experten kein bisschen an Ihrem Antrag ändern? Ich finde, dass das ein taktisches Zeitspiel ist, das Sie auch auf unse­rem Rücken ausführen. Ich finde einfach, dass wir so nicht miteinander umgehen sollten. Vielmehr sollten Sie wirklich auch Änderungen vornehmen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich finde es einfach traurig: Sie bleiben dabei und wollen zurück in die Vergangenheit. Ich muss Ihnen aber sagen: Mit einer Rolle rückwärts in die Vergangenheit löst man eben nicht die Probleme der Zukunft.
Damit leider nicht genug: Sie machen die Energieeffizienzanforderungen auch noch zum Sün­denbock für den Wohnraummangel und die Explosion der Mieten in den Städten.
Dazu haben – das haben wir eben auch gehört – Experten in der Anhörung ganz klare Aussagen getroffen: Die Energieeffizienzanforderungen haben mit diesem Problem kaum etwas zu tun. Beispielsweise haben zwei Experten dazu ganz klar gesagt, dass die Anforderungen der Energieeinsparverordnung zu einer 3-prozentigen Baukostensteigerung beitragen. Sie tun das – aber eben in diesem Umfang, wenn man die gesamten Entstehungskosten betrach­tet und eine Preisbereinigung vornimmt.
Die Kosten für Bauland haben sich hingegen seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Die Aussetzung der Energieeinsparverordnung ist also nicht der geeignete Hebel, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich meine, es wäre schön, wenn Sie sich einfach einmal auch auf Daten und Fakten beziehen würden. Ich fand eine Untersuchung sehr spannend, die in Hamburg anhand von realen Projekten ganz klar gezeigt hat, dass es keinen Kostenunterschied bei den unterschiedlichen Energiestandards gibt. Das geht bis hin zu Passivhäusern, die zum Teil günstiger gebaut werden können als zum aktuellen Standard oder in Bezug auf vorherige Bauten.
Da muss man ganz klar fragen: Warum steigen die Mieten in den Städten? Sie steigen wegen hoher Nachfrage, falschem Angebot und schlechter Politik. Statt mehr und mehr Luxuswoh­nungen brauchen wir bezahlbare Wohnungen. Wie Sie das erreichen wollen, darauf geben Sie hier keinerlei Antwort.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie sind sich auch nicht zu schade, hier das Märchen vom Schimmel zu wiederholen. Ich finde es wirklich unglaublich, dass Sie hier immer wieder Beispiele, die widerlegt sind, hervorbrin­gen. Die Verbraucherzentrale hat in der Anhörung gesagt: Ordentliche Sanierungen beheben Schimmelprobleme, sie verursachen sie nicht.
Ich komme darauf zurück, dass es um mehr Energieeffizienz geht. Insoweit brauchen wir eine Vereinheitlichung beziehungsweise Vereinfachung der aktuellen Regelungen. Das ist eben das, was wir ganz konkret in unserem Antrag auch fordern.
Das von Ihnen vorgeschlagene Moratorium der Energieeinsparverordnung ist für keine der Herausforderungen der Wohnungspolitik auch nur der Ansatz einer Lösung. Vielmehr muss es das Ziel sein, möglichst schnell ein praktisch handhabbares und trotzdem ambitioniertes Gebäudeenergiegesetz zu verabschieden.
Daher ganz zum Schluss noch einmal mein Appell: Nehmen Sie derart eindeutige Ergebnisse von Anhörungen so ernst, wie wir alle es hier verdient hätten. Nehmen Sie Abstand von dem in Ihrem Antrag geforderten Moratorium und fangen Sie stattdessen an, zukunftsorientierte Wohnungs- und Energiepolitik zu machen. – Herzlichen Dank.

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