Wibke Brems: „Start-ups dürfen nicht allein als Renditeobjekte gesehen werden“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Thema Gründerland NRW

Portrait Wibke Brems 5-23

 Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt viel Positives über Start-ups gehört. Ich glaube, an diesen Stellen sind wir uns auch sehr breit einig. Für uns sind es eben gerade Start-ups, die häufig eine hohe Sensibilität für aktuelle gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Herausforderungen haben. Durch ihre Organisationsform und ihre agilen Methoden sind sie in der Lage, schnell passgenaue, innovative, digitale Lösungen zu entwickeln, die die Märkte wirklich verändern können. Gleichzeitig tragen Start-ups über Kooperationen zur Digitalisierung mittelständischer Unternehmen bei.
Ich glaube, bis hierhin sind wir uns so weit einig. Aber dann kommen wir zu dem Punkt, an dem wir aus unserer Sicht einen grundlegenden Fehler bei Ihnen sehen, bei Schwarz-Gelb, nämlich Start-ups alleine auf ihre wirtschaftliche Skalierbarkeit oder Messbarkeit zu reduzieren. Start-ups dürfen nicht allein als Renditeobjekte gesehen werden, denn damit werden wichtige und auch gute Ideen ausgeschlossen.
Wir Grüne wollen die Ideen und die Teams, die dahinterstecken, in den Vordergrund der Start-up-Politik in Nordrhein-Westfalen rücken. Ideen sind so vielfältig wie die Menschen in unserem Land. Wir müssen in Zukunft also stärker in Ideen und Gründerteams investieren als in Renditechancen.
Die schwarz-gelbe Entfesselungsrhetorik ist noch lange keine Start-up-Strategie, und die Begrüßung und die Prüfaufträge, die wir in diesem Antrag hier sehen, erst recht nicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn Sie eine solche Strategie suchen, dann schauen Sie doch einfach auch mal in unsere Grüne Agenda für mehr Innovation und Gründergeist in Nordrhein-Westfalen, die mein Kollege Matthi Bolte entwickelt hat. So geht eben Welt-bewegen. Er hat dafür sehr viele positive Rückmeldungen von Start-ups aus ganz Nordrhein-Westfalen erhalten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Aber nun zum Gründerstipendium: Das ist schließlich neben all den Nebelkerzen, die es in den Ausschussdebatten gegeben hat, das einzig Konkrete in Ihrem Antrag. Das muss man ganz klar sagen. Die Landesregierung plant, mit einem Gründerstipendium 1.000 Gründerinnen und Gründer in der Pre-Seed- und Seed-Phase mit 1.000 € im Monat für ein Jahr zu unterstützen. Das Ziel ist ja ehrenwert, junge und innovative Unternehmen in der Gründung zu fördern. Gründerinnen und Gründern soll mehr Freiraum ermöglicht werden, sich vollumfänglich auf die Entwicklung einer Idee zu einem Geschäftsmodell konzentrieren zu können.
Aus unserer Sicht muss ein solches Stipendium aber richtig gemacht werden, wenn es auch wie allseits erhofft – wirklich innovative Start-ups erreichen soll. Nach den bisher vorliegen- den Informationen ist dieser Gründungsbegriff für Sie so weit gefasst, dass die Gefahr von Doppelförderungen besteht. Hier muss die Landesregierung aus unserer Sicht dringend nachschärfen und dafür Sorge tragen, dass ein Start-up-Stipendium auch tatsächlich Start-ups zugutekommt und nicht ein Instrument der allgemeinen Existenzgründungsförderung wird. Die Vergabe von Stipendien muss in einem transparenten und offenen Verfahren erfolgen.
Richtig wäre es dann auch, an dieser künstlichen Obergrenze von 1.000 Förderungen nicht weiter festzuhalten, denn das ist einfach nicht zielführend. In Nordrhein-Westfalen gibt es mehr gute und förderungsfähige Ideen. Was ist mit der 1.001. guten Idee?
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
In einer Zeit sprudelnder Steuereinnahmen muss die Landesregierung Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts NRW tätigen.
(Ralf Witzel [FDP]: Sie haben doch null gemacht! Null!)
Diese Punkte nennen wir in unserem Entschließungsantrag und sagen dann auch klar, was Sie darüber hinaus noch besser machen müssten. Erkennen Sie einfach an, dass Start-ups ein wesentlicher Baustein für die ökologische, industrielle und soziale Modernisierung des Wirtschaftsstandorts NRW sind! Fördern Sie eben auch soziale und nachhaltige Start-ups,
(Ralf Witzel [FDP]: Sie haben doch nichts gemacht! Nichts!)
die nicht skalierbar sind. Diese Start-ups haben es in der bisherigen Förderlandschaft schwer genug.
Das Wichtigste ist: Stellen Sie sicher, dass mit dem Gründerstipendium, das alle Start-up-Stipendien verstehen, auch tatsächlich Start-ups gefördert werden. Sie haben die Bedarfe geweckt, und dann stehen Sie auch in der Verantwortung, dass Start-ups von diesem Programm profitieren. Start-ups brauchen mehr als Entfesselungsrhetorik. Start-ups brauchen mehr als Ideologie.
(Ralf Witzel [FDP]: Was haben Sie denn gemacht? – Gegenruf von Sven Wolf [SPD]: Herr Witzel, es wird doch nicht besser!)
Start-ups brauchen konkrete Unterstützung. Wenn Sie es richtig machen, dann kann Ihr Gründerstipendium – so viel gestehen wir Ihnen natürlich zu – vielleicht ein Baustein sein, aber eine wirkliche Agenda, NRW zum Gründerland NRW zu machen, fehlt einfach immer noch. Daran sollten Sie dringend etwas ändern.
(Beifall von den GRÜNEN)