Wibke Brems: „Sie instrumentalisieren die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, um Ihren Feldzug gegen die Windenergie fortzusetzen“

Antrag der FDP gegen Windenergie

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne! Ich finde den hier vorliegenden Antrag der FDP ehrlich gesagt ziemlich traurig, ja sogar schädlich für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Sie instrumentalisieren die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, um Ihren Feldzug gegen die Windenergie fortzusetzen. Das Erstaunliche daran, finde ich, ist allerdings, dass Sie sich noch nicht einmal zu schade dafür sind, Ressentiments gegen Industrieanlagen zu forcieren. Denn Sie bezeichnen Windenergieanlagen als Windindustrieanlagen, wollen aber gleichzeitig, dass diese schlechter behandelt werden als alle anderen Industrieanlagen, denn Sie wollen größere Abstände, als es bei anderen Industrieanlagen der Fall wäre. Ich finde, dass Sie da mit zweierlei Maß messen, wie Sie das generell beim Thema „Erneuerbare Energien“ tun.
(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Priorisierung der Anlagen!)
– Herr Brockes, wir haben keine Priorisierung. Denn Windenergieanlagen werden bei der TA Lärm genauso behandelt wie jede andere Industrieanlage auch. Sie wollen, dass es andere Maßstäbe gibt. Sie sind das.
Sie messen auch an anderen Stellen mit zweierlei Maß. Einerseits ist es Ihnen beispielsweise egal, wenn Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien aufgrund der verfehlten Bundespolitik wegfallen, wie aktuell in den letzten Jahren in der Solar- und Biomassebranche, während Sie andererseits in klassischen Industriebereichen sofort nach der Verantwortung der Landesregierung schreien.
Sie messen auch mit zweierlei Maß, wenn Sie einerseits die Wichtigkeit Nordrhein-Westfalens als Energieland Nummer eins betonen, aber andererseits sagen, dass trotz des bundesweit beschlossenen Ausbaus der erneuerbaren Energien der Windstrom dann bitte doch aus dem Ausland importiert werden soll. Genau das sagen Sie in Ihrem Antrag, dass es nämlich keine Notwendigkeit mehr gäbe, den Ausbau der Windenergie im bevölkerungsreichsten Bundesland zu forcieren, sondern man den Strom lieber aus dem europäischen Ausland importieren sollte.
Ich erkläre Ihnen gerne, was das bedeuten würde: Wenn alle anderen Bundesländer weiterhin den Windenergieausbau vorantreiben, NRW aber nicht, wird Nordrhein-Westfalen keine Chance haben, das Energieland Nummer eins zu bleiben.
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ich kann daraus nur eines schließen: Die FDP möchte, dass Nordrhein-Westfalen nicht mehr Energieland Nummer eins ist. Ja, es ist sogar so, dass die FDP mit diesem Antrag die Deindustrialisierung Nordrhein-Westfalens fördert. Ich finde das schädlich, und das ist mit uns nicht zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
NRW ist Energie- und Industriestandort und soll dies auch bleiben. Die anlässlich des Klimaschutzplans erstellte Impact-Analyse hat gezeigt, dass Nordrhein-Westfalen durch den forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien wesentlich später zum Stromimportland werden kann als ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zudem profitieren Kommunen und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen stark vom Windenergieausbau. Ihnen ist das völlig egal; ich finde das traurig.
(Zuruf von Thomas Kufen [CDU])
Ich möchte hier klarmachen, uns sind natürlich die Anliegen von Anwohnerinnen und Anwohnern nicht egal. Natürlich haben Windenergieanlagen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, aber sie haben wesentlich geringere Auswirkungen als alle fossilen Anlagen zur Energiegewinnung. Um die Auswirkungen für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten, wird aktuelles Recht angewandt.
Zur Erläuterung, liebe FDP, dabei gilt schon länger – nicht seit Ihrem Antrag –: Je höher eine Windanlage ist, desto größer ist auch ihr Abstand zur Wohnbebauung.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Energiewende lebt von dezentralen Erzeugungsstrukturen. Energiewende ist mehr als nur die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Sie steht auch für die Möglichkeit von Bürgerinnen und Bürgern, sich an der Energieversorgung zu beteiligen. Der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist, dass wir die Menschen ernst nehmen, sie mitnehmen und wir vor Ort sind, während Sie die Leute nur gegen die Energiewende aufhetzen.
Nach diesen bewussten Fehlinformationen und kruden Forderungen ist es nicht mehr verwunderlich, dass Sie in Ihrem Antrag und auch eben in Ihrer Rede Aspekte des Entwurfs des Landesentwicklungsplans vollkommen fehlinterpretieren. Sie werfen dem LEP vor, die Belange des Anwohnerschutzes zu missachten, weil in ihm Flächenangaben für die Regionen für den Windenergieausbau vorgeschlagen sind.
(Dietmar Brockes [FDP]: Genau!)
Der LEP verortet diese Flächen aber überhaupt nicht. Das ist Aufgabe der Regionen und der Kommunen. Insofern kann der LEP überhaupt nicht die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner missachten. Sie verdrehen bewusst Fakten und legen sie so aus, wie es Ihnen passt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Busen?
Wibke Brems (GRÜNE): Ja, natürlich.
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Busen.
Karlheinz Busen (FDP): Sie sprechen von Bürgerbeteiligung an den Windparks. Ist Ihnen bekannt, dass Tausende von Bürgern von Ihren grünen Fondsgeschichten betrogen worden sind und deswegen gar kein Interesse mehr daran haben, in Windparks zu investieren?
Wibke Brems (GRÜNE): Ja, sehr geehrter Herr Busen, das ist mir bekannt. Ich verurteile es absolut, dass an unterschiedlichen Stellen mit falschen Versprechungen gearbeitet wurde. Das war nie in dem Sinne der Energiewende, nie in dem Sinne der Bürgerenergieanlagen. Ich spreche von Bürgergenossenschaften, dass sich Bürgerinnen und Bürger zusammentun und aktiv werden – das ist der große Vorteil –, und das unterstützen wir vor Ort.
Zu guter Letzt halte ich fest: Ein Antrag, der die Sorgen von Anwohnerinnen und Anwohnern nur benutzt oder sogar anfacht, ein Antrag, der Fakten verdreht und ignoriert, ein Antrag, der den Feldzug der FDP gegen die Windenergie mit anderen Mitteln fortsetzt, und ein Antrag, der schließlich die Deindustrialisierung Nordrhein-Westfalens fordert ein solcher Antrag ist für uns absolut nicht zustimmungsfähig. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN und der SPD)

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