Wibke Brems: „Seien Sie konsequent in Ihrem Anti-Atomkurs und setzen Sie sich dafür ein, dass die Anlage in Gronau schnellstmöglich geschlossen wird.“

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Atomenergie in Deutschland hat eine lange und bewegte Geschichte. Nach jahrzehntelangen Protesten gelang 2000 der erste Atomkonsens, leider gefolgt von einem Zurückdrehen durch die schwarz-gelbe Koalition. Die 180-Grad-Wende im Nachgang zum Unglück in Fukushima im Jahr 2011 brachte dann den endgültig beschlossenen Atomausstieg mit dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke bis Ende 2022.
(Andreas Keith [AfD]: Schlimm genug!)
Leider gab es bei diesem Atomausstieg immer einen Wermutstropfen; denn die zur atomaren Brennstoffkette gehörende Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen wurden dabei leider nicht bedacht.
Ein deutscher Atomausstieg ist aber nur dann konsequent und vollständig, wenn auch diese Anlagen keinen Beitragmehr zur Nutzung der Atomenergie leisten.Manchmal weiß man schon vorher, was hier in der Replik als Nächstes kommt; deswegen sage ich gern schon an dieser Stelle: Es gab einen jahrelangen Streit darüber, ob und wie eine Schließung der genannten Fabriken überhaupt gelingen kann.
Wir Grünen haben uns eben nicht erst jetzt, sondern schon lange auf allen Ebenen genau dafür eingesetzt. So bin ich sehr froh, dass sich beispielsweise der damalige Minister Remmel dafür eingesetzt hat, dass überhaupt Rechtsgutachten zur Umsetzbarkeit vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben wurden.
Jetzt sind diese Gutachten da. Sie zeigen, dass die Schließung wohl verfassungskonform und sogar entschädigungslos möglich wäre, wenn entsprechende Übergangsfristen vereinbart würden.
In den vergangenen Jahren wurde die Mehrheit in diesem Haus, die für den Atomausstieg war, und die sich auch über die Grenzen hinweg für die Schließung von gefährlichen Atomreaktoren eingesetzt hat, immer breiter. Das war gut so. Leider gibt es in letzter Zeit andere Entwicklungen.Das störanfällige belgische Atomkraftwerk in Tihange bezieht Brennelemente aus Lingen, für die das dafür notwendige Uran in Gronau aufbereitet wird.
Leider ist der Herr Ministerpräsident aktuell nicht hier. Wenn er die Forderung nach einer schnellen Schließung von Tihange wirklich ernst meinen würde, müsste er sich auf Bundesebene auch für die Schließung der Anlage in Gronau einsetzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Leider haben wir in den letzten Tagen andere Töne vernommen. Ich finde es wirklich schäbig, wenn Ministerpräsident Laschet die nordrhein-westfälischen Braunkohlekraftwerke als Ersatz für die „Bröckelreaktoren“ in Belgien ins Spiel bringt, die wir gemeinsam schnellstmöglich abgeschaltet sehen möchten.
(Beifall von den GRÜNEN –Zurufe von der AfD –Zuruf von Dietmar Brockes [FDP] –Zuruf von Minister Dr. Joachim Stamp)
–Sehr schön, Herr Stamp, dass Sie hier reinrufen. –Das hat etwas mit Physik zu tun. Das erkläre ich Ihnen gern noch einmal.Braunkohlekraftwerke laufen aktuell bereits permanent durch. Sie müssen mir einmal erklären, wie ein Kraftwerk, das schon 100 % bringt, noch mehr liefern soll. Das funktioniert einfach nicht.
(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])
Sie können also gar nicht als Ersatz für das dienen, was Sie gern hätten. Es geht genau darum, Belgien beim Atomausstieg kurzfristig mit erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken zu unterstützen, die in den Niederlanden und bei uns nur auf solche Einsätze warten.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN –Zurufe von der FDP)
–Genau. Diese Gaskraftwerke laufen gar nicht. Das haben Sie gut erkannt. Das ist etwas, weswegen sie als Ersatz eingesetzt werden können.
(Zurufe)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kein Bergsteiger dreht 50 m unterhalb des Gipfels um. Aber Herrn Laschet geht jetzt schon die Luft aus. Atmen Sie noch einmal tief durch. Das letzte Stück des Weges sollten wir gemeinsam schaffen. Daher fordere ich Sie auf: Seien Sie konsequent in Ihrem Anti-Atomkurs und setzen Sie sich dafür ein, dass die Anlage in Gronau schnellstmöglich geschlossen wird. Dann würde das zu Ihren sonstigen Aussagen passen. Deswegen bitten wir auch um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.
–Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)
2. Runde
Wibke Brems(GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder schade, wie wenig hier auf Vorrednerinnen und Vorredner reagiert wird. Weil ich das schon ahnte, habe ich in meiner Rede bereits einiges vorweggenommen. Sie haben darauf im Grunde genommen mit Ihren normalen Plattitüden geantwortet.
Deswegen möchte ich Ihnen gerne noch ein paar Punkte nennen.Ja, für uns gibt es eine neue Sachlage. Wie ich geschildert habe, gab es einen jahrelangen Streit darüber, ob und wie die Schließung der genannten Fabriken überhaupt gelingen kann. Jetzt liegen die entsprechenden Gutachten vor. Das ist für uns der klare Anlass, zu sagen: Hier muss der Atomausstieg komplettiert werden.Die Kollegen von der CDU werfen uns vor, wir würden damit den Konsens aufkündigen. Nein, wir gehen nur den ganz klaren nächsten Schritt.
Wenn Sie den Atomausstieg wirklich wollen, wenn Sie wirklich dahinterstehen, wenn Sie wirklich wollen, dass die Pannenreaktoren in Tihange und Doel stillgelegt werden, können Sie sich doch nicht hier hinstellen und einfach sagen, wie es der Herr Minister eben gemacht hat: Sonst macht man es woanders; wir mischen gerne weiter mit.
(Beifall von den GRÜNEN –Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Das ist einfach nur inkonsequent. Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie den Atomausstieg wirklich wollen und es ernst meinen, wäre eskonsequent, dann auch Gronau zu schließen und den Atomausstieg komplett zu vollziehen. –Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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