Wibke Brems: „Im Vergleich zur Energiegeschichte ist das fossile Zeitalter ein fossiler Wimpernschlag, der ganz schnell wieder vorbeigeht, wenn man sich das große Bild anschaut.“

Antrag der CDU zu Braunkohle

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe CDU, mir kommt es so vor, als sei der CDU-Antrag ein wahres Meisterstück – und zwar im Hakenschlagen, Unwahrheiten verbreiten und im besten Fall nur die Halbwahrheit erzählen.
(Thomas Kufen [CDU]: Was? Jetzt aber! – Weiterer Widerspruch von der CDU)
– Ich gehe gern an den entsprechenden Stellen darauf ein, keine Angst. Ich sage das nicht einfach nur so; ich liefere gleich die Beispiele.
(Zuruf von Serap Güler [CDU] – Gegenruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Es reicht nämlich nicht, einfach nur die Ausbauziele der Bundesregierung für erneuerbare Energien aufzuzählen, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, und dann als Konsequenz daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, wie groß der weitere Bedarf an der Kohle in Zukunft nach Ihrer Aussage sein soll.
Zur ganzen Wahrheit gehört eben auch, sich die anderen Aspekte der Bundesregierung und zum Beispiel die Klimaschutzziele für 2020 sowie die daraus erwachsenden Folgerungen anzuhören. Bis 2020 möchte die Bundesregierung – nicht erst die derzeitige, sondern diese Vereinbarung besteht seit einigen Jahren – 40 % der CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 einsparen.
Neueste Erkenntnisse – es war eigentlich schon klar, dass die Tendenz dahin geht – zeigen ganz klar: Das kann nicht erreicht werden, wenn man immer so weitermacht wie bisher, sondern dafür bedarf es einer massiven Reduktion der Kohlekraftwerkskapazitäten. Das bedeutet, dass alte und unflexible CO2-ausstoßende Kohlekraftwerke nicht mehr zum KIimaschutzland Deutschland und damit auch nicht zum Klimaschutzland NRW gehören.
Sie verbiegen an dieser Stelle die Wahrheit. Sie sagen, die erneuerbaren Energien seien volatil – so weit sind wir klar. Wir sind zusammen der Meinung, dass dafür absehbar flexible Kraftwerke als Ergänzung gebraucht werden. Aber dann muss man dazusagen, dass alte Kohlekraftwerke genau das eben nicht sind. Sie sind nicht flexibel. Sie können nicht gut die erneuerbaren Energien ergänzen. Sie sorgen mit ihrer Inflexibilität gerade dafür, dass wir eigentlich zu hohe Stromkapazitäten haben und damit die Strompreise zum Teil in den Keller rauschen.
Liebe Damen und Herren von der CDU, Sie schaffen es, in Ihrem Antrag, wie ich gerade schon gesagt habe, echte Haken zu schlagen. Sie überschreiben Ihren Antrag mit dem Thema „Braunkohle“. Sie suggerieren, das in Zukunft sichern zu wollen. Sie schaffen es dann wirklich, noch auf ein Steinkohlekraftwerk Datteln 4 zu kommen. Das finde ich schon eine kleine …
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dafür haben sie noch nicht über die Tariftreue gesprochen heute!)
– Darüber haben sie heute noch nicht gesprochen; das stimmt. Aber im Antrag haben sie es hinbekommen. Dass Sie die üblichen Unwahrheiten wie den angeblichen Ersatz von Altanlagen bei diesem Thema auch noch verbreiten, ist leider traurig.
Liebe CDU, ich vermisse in Ihrem Antrag die wahre Ausrichtung auf die Zukunft. Um das zu zeigen, muss ich kurz einen größeren Blick in die Vergangenheit wagen. Schauen wir einmal in die Menschheitsgeschichte und die damit verbundene Energiegeschichte zurück. Seit Jahrtausenden benutzen wir Menschen Energie – eigentlich immer in erneuerbarer Form. Erst seit wenigen Jahrhunderten, teilweise seit wenigen Jahrzehnten, benutzen wir fossile Energieträger.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Wir haben auch den Faustkeil benutzt!)
Seit Ende des 19. Jahrhunderts benutzen wir die Kohle, seit Mitte des 20. Jahrhunderts Gas. All das ist endlich.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Trommeln hatten wir auch!)
Ich sage das, um deutlich zu machen: Im Vergleich zur Energiegeschichte ist das fossile Zeitalter ein fossiler Wimpernschlag, der ganz schnell wieder vorbeigeht, wenn man sich das große Bild anschaut.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Gestern hatten wir Digitalisierung!)
Es ist nun einmal an der Zeit, sich in eine Zukunft aufzumachen, die nicht einen fossilen Energieträger durch den nächsten irgendwie ersetzt. Dahin wollen wir uns aufmachen. Sie, liebe CDU, wollen lieber auf Gedeih und Verderb an der Kohle und damit an der Vergangenheit festhalten,
(Zuruf von Thomas Kufen [CDU])
statt sich und die Region wirklich fit für die Zukunft zu machen. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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