Wibke Brems: „Ganztagsbetreuung ist eine Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der FDP-Fraktion zur OGS-Betreuung

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir heute gesehen haben, ist ein Paradebeispiel für die Absurdität, mit der die FDP versucht, eine Empörungsspirale zu drehen.

Gestern hat Ministerin Paul über eine Stunde lang, von 17:08 Uhr bis 18:16 Uhr,

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: … nichts gesagt!)

alle an sie gestellten Fragen beantwortet.

(Kirsten Stich [SPD]: Sie hat hier gesessen und keine Frage beantwortet! – Marcel Hafke [FDP]: Das war inhaltsleer!)

Es hat Ihnen vielleicht nicht gefallen, aber sie hat 57 Fragen von Ihnen beantwortet.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Lachen von der SPD – Marcel Hafke [FDP]: Warum machen wir das hier denn dann? – Andrea Busche [SPD]: Inhaltsleer!)

– Da ist sie schon wieder, diese Empörung.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Klar, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 ist ein komplexes Thema und für alle Beteiligten eine große Herausforderung.

(Sven Wolf [SPD]: Vielleicht brauchen wir dafür auch eine komplexe Landesregierung!)

Es ist absolut verständlich, dass es da viele Fragen gibt und die Opposition diese Fragen stellt. Ich kann auch verstehen, dass die Opposition nach einem Sachstand fragt, wenn etwas für Januar angekündigt ist und im April noch nicht vorliegt. Das ist die Rolle der Opposition. Auch ich wünsche mir, dass es schneller ginge. Aber bei komplexen Herausforderungen wie dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, bei dem viele Akteure betroffen sind und viele Aspekte bedacht werden müssen, ist eine gründliche Arbeit und ein gründlicher interner Willensbildungsprozess innerhalb der Landesregierung doch absolut richtig.

Ein Blick in andere Bundesländer zeigt, dass man dort vor genau denselben Herausforderungen und Fragen steht und ebenfalls die Zeit braucht.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Der FDP haben die Antworten der Ministerin in der Fragestunde gestern einfach nicht gefallen. Deshalb haben Sie für heute eine Aktuelle Stunde beantragt.

(Zuruf von der SPD: Was heißt denn „nicht gefallen“? – Sven Wolf [SPD]: Es geht doch hier nicht um Geschmack!)

Das können Sie gerne tun – gar keine Kritik. Es stellt sich aber schon die Frage, welche Erkenntnisse denn jetzt, nur rund 16 Stunden nach der letzten Aussprache dazu, zu erwarten sind.

Es ist schon absurd, dass die FDP diese Aktuelle Stunde nur beantragt, weil sie einfach nicht akzeptieren kann, dass diese Landesregierung

(Sven Wolf [SPD]: Nicht arbeitet!)

noch in einem internen Willensbildungsprozess ist.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP] – Angela Freimuth [FDP]: Das heißt, Sie haben noch gar kein Plan?)

Ich weiß: Die FDP macht das in der Ampel anders und nimmt den Willensbildungsprozess in der Bundesregierung eben nicht intern vor. Aber nur, weil es Ihnen nicht gefällt, dass Schwarz-Grün in Nordrhein-Westfalen professionell und konstruktiv intern an Lösungen arbeitet, ist das noch lange kein Skandal.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Marcel Hafke [FDP]: Jetzt kommen die Inhalte, Frau Brems? – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Genau diese Fragen haben Sie ja gestern in der Fragestunde gestellt: Welche Abteilung des einen Ministeriums hat wann mit wem aus welchem anderen Ministerium gesprochen? Wann hat die Ministerin intern mit wem gesprochen?

(Marcel Hafke [FDP]: Was ist der Plan?)

Sie können das alles natürlich fragen, aber ich halte das für absurd.

(Marcel Hafke [FDP]: Gibt es ein Gesetz?)

Das wäre ja so, als ob ich Sie fragen würde: Herr Höne, mit welchem Mitarbeiter haben Sie gestern in Ihrer Fraktion besprochen, dass Sie nach der Beantwortung in der Fragestunde eine Aktuelle Stunde für heute beantragen? Sich so in einen internen Willensbildungsprozess der FDP einzumischen, läge mir fern. Das wäre ja genauso absurd …

(Jochen Ott [SPD]: Aber der Höne regiert nicht! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist auch gut so! – Zuruf von der SPD: Sie stellen aber die Regierung!)

– Ich scheine Sie da getroffen haben. Das wäre genauso absurd, wie jeden Diskussionsstand der Landesregierung zu erfragen, bevor es überhaupt Regelungen gibt.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP] – Henning Höne [FDP]: Entschuldigung, Sie können eine Landesregierung nicht mit einem Abgeordneten vergleichen! Ich bin doch keine Rechenschaft schuldig! – Sven Wolf [SPD]: Was ist das denn für ein Demokratieverständnis? Wir müssen doch kontrollieren! – Weitere Zurufe – Zuruf von der FDP: Typisch grün!)

Der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung liegt uns sehr am Herzen, denn Ganztagsbetreuung ist für uns kein nettes Sahnehäubchen. Ganztagsbetreuung ist eine Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Marcel Hafke [FDP]: Wie soll der kommen?)

Gleichzeitig ist Ganztagsbetreuung aber natürlich mehr als reine Betreuung, damit Eltern arbeiten gehen können. Sie ist auch ein wichtiger Schlüssel für eine gute Bildung und mehr Chancengerechtigkeit für unsere Kinder. Der Rechtsanspruch auf den Offenen Ganztag bringt gleichzeitig auch die Chance, Bildung und Schule neu und ganzheitlicher zu denken.

Gleichzeitig ist klar: Die Fragen dazu und die Herausforderungen, diese Ziele von Betreuung bis Bildung zu erreichen, sind vielfältig:

(Marcel Hafke [FDP]: Jetzt bin ich gespannt!)

der Fachkräftemangel und die unterschiedlichen Voraussetzungen in den Kommunen in Bezug auf Räume und Konzepte.

Man muss schon sagen: SPD und FDP tun gerade so, als würden alle Akteure im luftleeren Raum schweben – aber genau das ist eben nicht so. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung sattelt auf dem bestehenden System der Offenen Ganztagsschule auf. Mit den fachlichen Grundlagen wurden erste Fragen von Akteuren beantwortet. Natürlich wird es weitere Umsetzungsregelungen geben; das ist doch klar.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN – Marcel Hafke [FDP]: Also gibt es ein Gesetz?)

Ich mache mal einen ganz verwegenen Vorschlag zur Arbeit im Parlament: Lassen wir doch die Landesregierung erst mal ihre Arbeit erledigen. Anschließend erledigen wir dann im Parlament unsere Arbeit.

(Sarah Philipp [SPD]: Das wollen Sie uns jetzt sagen? – Weiterer Zuruf)

Wir Abgeordneten können in Anhörungen und Gesprächen Anregungen aufnehmen und sie untereinander abwägen. Im Angesicht der angespannten Haushaltslage und der vielen kaum erfüllbaren unterschiedlichen Erwartungen von Kommunen, Trägern und Eltern können wir diskutieren und dann gegebenenfalls Änderungen vornehmen.

(Marcel Hafke [FDP]: Wann dürfen wir damit rechnen?)

Ja, SPD und FDP können sich natürlich auch anders entscheiden, sich das Leben einfach machen, alles kritisieren, auseinandernehmen und in Bausch und Bogen verdammen, weil alles nicht gut genug ist, weil alles zu spät kommt und zu unkonkret ist; wie auch immer. Die Frage lautet aber: Wollen wir uns wirklich mit den wilden Vermutungen von Oppositionsfraktionen darin verzetteln, wer wann was in der Regierung mit wem bespricht?

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Was für eine Arroganz!)

Beides können Sie tun, gar keine Frage. Aber ich muss schon sagen: Wir Demokrat*innen haben die Verantwortung, das Regierungshandeln und nicht das Regierungsdenken zu kontrollieren. Lassen Sie uns alle gemeinsam …

(Dietmar Brockes [FDP]: Das andere ist ja nicht da!

Lassen Sie uns alle gemeinsam

(Henning Höne [FDP]: Wenn beides nicht da ist? – Thorsten Schick [CDU]: Mieses Niveau!)

die Empörungsspirale, die Sie hier aufmachen, zurückdrehen, konstruktiv kritisch in den Austausch über …

(Weitere Zurufe – Unruhe)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch viele Möglichkeiten zu Wortbeiträgen im Rahmen der Aktuellen Stunde. Ich bitte Sie jetzt, die Kollegin ausreden zu lassen.

(Frank Müller [SPD]: Es gibt aber leider keine fünfte Runde! – Weiterer Zuruf)

Wibke Brems (GRÜNE): Danke schön, Herr Präsident.

Genau das tut uns insgesamt auch draußen nicht tut. Natürlich ist es richtig, sich über die Inhalte zu streiten, aber diese Empörungsspirale sollten wir gemeinsam zurückdrehen. Wir sollten konstruktiv-kritisch in den Austausch über die großen Herausforderungen unserer Zeit gehen. Wir Demokrat*innen sollten alle unserer und dieser Verantwortung gerecht werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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