Wibke Brems: „Für uns sind die erneuerbaren Energien auch ein Wirtschaftsfaktor“

Antrag der FDP zur Verhinderung des Klimaschutzplans der Bundesregierung

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe FDP, ich finde es plump und durchschaubar, was Sie mit dem vor uns liegenden Antrag bezwecken. Wir haben es bereits an unterschiedlichen Stellen gehört: Die FDP-Landtagsfraktion in NRW muss oder soll ja immer wieder kompensieren, dass die FDP nicht mehr im Bundestag vertreten ist. Aus diesem Grunde versuchen Sie, dieses Thema hier hinzuholen, obwohl es eigentlich an anderer Stelle viel besser zu diskutieren wäre. Darüber hinaus ist es ein plumper Versuch, die Landesregierung auseinanderzudividieren. Ich kann Ihnen ganz klar sagen: Wir sind natürlich unterschiedliche Parteien, unterschiedliche Fraktionen, wir arbeiten an Kompromissen, aber von diesem plumpen Versuch lassen wir uns nicht aufs Glatteis führen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ihr Antrag hat ja eine kleine Überraschung gebracht. In der Rede kam dies nicht mehr so rüber, aber im Antrag. Es scheint doch so, dass Sie die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens anerkennen und sich dafür einsetzen. Ich sage Ihnen aber ganz klar: Um diese Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir in Deutschland mehr und nicht weniger erneuerbare Energien.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Brockes, Sie sagen, eine Stromversorgung mit 100 % erneuerbaren Energien sei technisch nicht möglich, würde zu höheren Preisen führen, und die Versorgungssicherheit wäre gefährdet. Nein, genau das Gegenteil ist der Fall! 100 % erneuerbare Energien sind technisch möglich. Sie führen zu niedrigeren Preisen, und die Versorgungssicherheit ist auch gewährleistet. Warum an dieser Stelle auf einmal die Technikgläubigkeit der FDP aufhört, das lässt sich mir nicht erklären.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Ich als Elektrotechnikingenieurin weiß, dass das geht. Dass Sie das als Bürokaufmann vielleicht nicht so genau wissen, ist verzeihlich, aber dann können Sie ja einmal auf Expertinnen hören.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Wir brauchen mehr erneuerbare Energien. Sie haben gesagt, dass laut des vorliegenden Entwurfs – es ist ja erst einmal nur ein Referentenentwurf – das Ausbautempo der erneuerbaren Energien erhöht werden soll. Das Problem ist, dass von der Bundesregierung genau das Gegenteil gemacht wird. Der aktuelle Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird dazu führen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien um 70 % reduziert wird. Während 2012 die Fotovoltaik und im Jahr 2014 die Biomasse schon wirklich abgewürgt wurden, soll jetzt an die Windenergie Hand angelegt werden und es ihr an den Kragen gehen.
Ich finde es sehr wichtig, noch einmal herauszuarbeiten, was das für Nordrhein-Westfalen bedeuten würde. Ich nehme mal das Beispiel Windenergie. Wir haben in Nordrhein-Westfalen 14 Hersteller von Windenergieanlagen und mehr als 50 Zuliefererbetriebe. Wir hätten es hier mit massiven Arbeitsplatzverlusten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu tun, wenn es wirklich so kommt. Warum sind denn diese Arbeitsplätze in den Branchen für erneuerbare Energien weniger wert als Arbeitsplätze in der Hotel- oder Stahlbranche?
Ich sage Ihnen ganz klar: Für uns sind die erneuerbaren Energien ein Wirtschaftsfaktor. Ich finde es sehr traurig, dass FDP und CDU auf diesem Auge blind sind. Das ist für mich pure Ideologie, die uns vorgeworfen wurde.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir gucken beim Klimaschutz auch darauf, was das für Nordrhein-Westfalen bringt. Da haben wir den klaren Blick auf die Wirtschaft. Wir haben hier starke Firmen, starke Branchen. Unter den vielen Zuliefererfirmen sind große Firmen wie 3M, Henkel und Bosch, aber eben auch viele mittelständische Firmen, die Sie vielleicht gar nicht direkt kennen, die aber zum Teil in ihren Nischen Marktführer sind. Als Beispiel nenne ich die Firma Plarad aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Die stellt große Schrauben für Windenergieanlagen her. Hanning & Kahl in Oerlinghausen im Kreis Lippe rüstet Windenergieanlagen mit elektromechanischen Bremsen aus. Ich könnte weitermachen und weitermachen. All das wollen Sie den Bach runtergehen lassen. Das finde ich wirklich kritisch.
(Zuruf von Ulrich Alda [FDP])
Sehr geehrte Damen und Herren, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir darüber hinaus einen Kohlekonsens und einen Kohleausstieg deutlich vor 2045, und zwar aus zwei Gründen. Die Kohle hat bisher keinen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz geleistet und ihre CO2-Emissionen in den letzten Jahrzehnten nicht reduziert. Ich sage Ihnen ganz klar:
(Dietmar Brockes [FDP] – an die SPD gewandt –: Gut zuhören!)
– Da brauchen Sie nicht dazwischen zu brüllen, Herr Brockes! Es ist ja keine Überraschung, dass wir dieser Meinung sind. Ich sage Ihnen ganz klar: Wer gegen ein Kohlekonsens ist, der tut der Region keinen Gefallen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir müssen doch jetzt darüber reden. Wir brauchen doch jetzt für die Region eine wirtschaftliche Perspektive. Wenn man jahrzehntelang die Augen verschließt, dann ist es nachher viel zu spät, um zu reagieren. Und dann kommt es zu einem Strukturbruch und nicht, wenn man jetzt darüber redet, wie man die nächsten Jahrzehnte gestaltet, um zu dem Ziel eines Kohleausstiegs zu kommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen in Deutschland unsere Anstrengungen für den Klimaschutz erhöhen und brauchen daher endlich nicht nur einen Klimaschutzplan wie in Nordrhein-Westfalen für den Bund, sondern eben auch ein Klimaschutzgesetz wie in Nordrhein-Westfalen für den Bund. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD) 

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