Wibke Brems: „Für uns bedeutet eine gelungene Energiewende die Abkehr von fossilen Energieträgern bei Stromerzeugung, bei Wärmeversorgung und beim Verkehr.“

Antrag der Piraten zum Fracking

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Eine überwältigende Mehrheit des Parlaments hat bereits im letzten Jahr eine eindeutige Positionierung zum Thema „Fracking“ vorgenommen und dabei auch das Vorgehen der Landesregierung begrüßt.
Es gibt eine ganz klare Beschlusslage aus dem November 2012. Wir haben es eben gehört: Auch die Piraten haben damals zugestimmt. Jetzt sind die Piraten anscheinend der Meinung, dass diese Positionierung nicht mehr ausreicht und eine neue Positionierung nötig ist. Wir erklären gerne, warum wir den Antrag der Piraten ablehnen. Gleichzeitig haben wir dies zum Anlass genommen, zu unserem Antrag aus dem letzten Jahr noch eine Aktualisierung vorzunehmen.
In kurzen Worten: Der Antrag der Piraten ist unvollständig und unstimmig. Das möchte ich an ein paar Beispielen festmachen. Zunächst zum Thema „USA“: Der Kollege Rohwedder hat in seinen Ausführungen hier am Pult rechtliche Aspekte genannt. Die Situation in den USA ist in rechtlicher Hinsicht mit der in Deutschland und erst recht mit der in Nordrhein-Westfalen absolut nicht vergleichbar.
Zudem liegen bisher leider keine Ergebnisse von umfassenden Studien vor, die etwaige Zusammenhänge von Trinkwasserverschmutzung und Fracking bewiesen hätten. Die US-Umweltschutzagentur arbeitet an einer solchen generellen Beweisführung, hat aber bisher noch keinen Abschlussbericht vorgelegt. Ein derartiger Bericht wird auch nicht vor 2014 erwartet. Sicherlich gibt es Meldungen von Trinkwasserverschmutzungen und weiteren massiven Problemen; allerdings handelt es sich immer nur um Einzelberichte.
Ein weiterer Aspekt: Ein Ergebnis der NRW-Studie lautete, dass die Erfahrungen aus den USA beispielsweise in geologischer Hinsicht nicht auf Nordrhein-Westfalen übertragbar sind. Das würde ein Problem bedeuten.
Zum Aspekt der Unvollständigkeit. Ich greife eines Ihrer Beispiele heraus: die möglichen betroffenen Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Die Aufzählung ist unvollständig. Beispielsweise fehlen komplett das Münsterland und Ostwestfalen-Lippe. Entweder Sie haben hier unkorrekt recherchiert, oder das Fehlen dieser Regionen hängt damit zusammen, dass Ihre Fraktion leider keine Abgeordnete aus diesen Gebieten hat.
(Vereinzelt Beifall)
Zu diesem Thema gibt es einige Studien aus Deutschland, aus der EU und auch aus Nordrhein-Westfalen. Hierzu findet sich in Ihrem Antrag kein Wort, ebenso wenig dazu, welches die nächsten Schritte für Nordrhein-Westfalen sein sollen. Auch hier bestätigt sich wieder die Tendenz: Dieser Antrag ist einfach unvollständig und argumentiert nur in eine Richtung.
Zu guter Letzt noch der Aspekt der Zuständigkeit. In Ihrem Antrag stellen Sie die Forderung nach Klagemöglichkeiten. Das ist jedoch Sache des Bundesgesetzgebers. Hierüber können wir hier gar nicht entscheiden.
Ich gehe gerne inhaltlich auf das Bergrecht ein. In den Kohlerevieren Nordrhein-Westfalens ist aufgrund der Erfahrungen von Betroffenen der Ausspruch entstanden: „Bergrecht bricht Menschenrecht.“ Auch wir Grünen sind daran interessiert, dass durch Änderungen des Bergrechts auf Bundesebene hin zu einem modernen Bergrechts des 21. Jahrhunderts solche Aussprüche aus dem Wortschatz der Betroffenen verschwinden können. Es wird sich zeigen, ob es im Bundestag ab September eine entsprechende Mehrheit geben wird.
Dann möchte ich gerne noch auf die aktuellen Entwicklungen beim Fracking im Bund zu sprechen kommen. Herr Schmeltzer hat eben schon einige Aspekte genannt. Bei dem Vorschlag von Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler handelt es sich um einen gemeinsamen Vorschlag. Vielleicht kann man für Nordrhein-Westfalen die Kritik anbringen, es gebe Unterschiede zwischen Herrn Duin und Herrn Remmel – aber das, was man in Berlin beobachten kann, habe ich hier noch nicht erlebt. Da wird zu einem gemeinsamen Gesetzesvorschlag Herr Altmaier zitiert mit dem Satz: „Wir machen ernst mit dem Schutz der Umwelt“, und Herr Rösler mit: „Fracking bietet erhebliche Chancen“.
Und das für einen gemeinsamen Vorschlag! Das, so finde ich, zeigt eklatant, wo hier das Problem liegt:
(Zurufe von der FDP)
Entweder lügt einer von beiden, oder einer von beiden wurde, ohne es zu merken, über den Tisch gezogen.
(Zurufe von der CDU)
Gerade ist ein aktuelles Gutachten der grünen Bundestagsfraktion vorgelegt worden. Der Gutachter kommt klar zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung mit den angedachten Änderungen statt einer Einschränkung oder eines Verbots von Fracking vielmehr eine Rechtsgrundlage für die Förderung von Fracking schaffen würde.
Für mich gibt es nur zwei Interpretationen: Entweder ist Herr Altmaier über den Tisch gezogen worden, oder er vertritt als Umweltminister die Umweltinteressen nicht so, wie es eigentlich seine Aufgabe wäre.
(Zuruf von der CDU: Die Gesetze der Physik sprechen aber dagegen!)
Ich möchte gerne das Lob für Herrn Laumann aufnehmen, das schon angeklungen ist. Er hat sich durchgesetzt gegen Interessen auf Bundes- und auch auf Landesebene und hat erreicht, dass die Gesetzgebung, die Fracking Tür und Tor geöffnet hätte, verschoben wurde, vorerst zumindest. Ganz gestoppt ist das Ganze noch nicht.
Wir sollten alle gemeinsam darauf achten, dass auf Bundesebene nicht Tatsachen für das Fracking geschaffen werden, die wir alle – bis anscheinend auf die FDP – hier in Nordrhein-Westfalen nicht wollen. Wie es aussieht, hat die CDU in NRW mittlerweile den Weg aus dem Labyrinth gefunden, wie Sie mit Ihrem prägnanten Entschließungsantrag zeigen. Nun müssen Sie nur noch Ihren Kollegen im Bundestag den Weg aus dem Labyrinth zeigen und dort nicht nur die Verschiebung von Pro-Fracking-Gesetzen erreichen, sondern deren komplette Verhinderung.
Eins ist doch ganz klar: Wir können nicht die Droge der fossilen Energieträger, an denen die Menschheit hängt, durch eine andere Droge ersetzen und damit unsere Abhängigkeit verlängern. Das heißt, wir brauchen auch aus diesem Grunde die Energiewende. Für uns – im Gegensatz zu Frau Merkel – bedeutet aber eine gelungene Energiewende nicht nur, dass wir aus der Kernenergie aussteigen, sondern die Abkehr von fossilen Energieträgern bei Stromerzeugung, bei Wärmeversorgung und beim Verkehr.
Bis wir diese Mammutaufgabe gelöst haben, gilt für uns, wie es in unserem Antrag zum Schluss heißt, dass auch weiterhin alles unternommen werden muss, damit die wertvolle Ressource Wasser geschützt wird und Fracking unter Einsatz von schädlichen Substanzen in Nordrhein-Westfalen nicht zum Einsatz kommt. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

2. Runde:

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Brockes, ich hatte eben das Gefühl, Sie sind so etwas wie ein Wolf im Schafspelz. Sie stellen sich hierhin und sagen, Umweltverträglichkeit stehe beim Fracking für Sie an erster Stelle. Es ist entlarvend, dass eigentlich etwas anderes dahintersteckt. Beim Lob an die Piraten, sie seien endlich in der Energiepolitik angekommen, zeigt sich nämlich: Für Sie ist Energiepolitik nur fossile Energiepolitik.
Dann sagen Sie, beim Fracking hänge die Giftigkeit von der Konzentration der Substanzen ab. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Es gibt Substanzen wie zum Beispiel Öl, wovon noch nicht mal ein einziger Tropfen etwas im Wasser zu suchen hat, unabhängig davon, ob es sich um ein Wasserglas oder um eine Badewanne handelt.
Gucken wir uns doch mal an, um welche Dimensionen es beim Fracking geht: Mehr als 4.000 kg umweltschädliche Substanzen werden bei einem einzigen Frack eingesetzt. Das zeigt schon, wie hoch das Gefährdungspotenzial ist. Sie bagatellisieren das Ganze mit solchen Aussagen.
Zu guter Letzt noch eine Anmerkung zu Herrn Wüst: Sie fordern die Landesregierung auf, hier endlich mehr zu liefern. Ich sage Ihnen nur: Es gibt zwei beschlossene Bundesratsanträge auf Initiative von Nordrhein-Westfalen. Bergrecht ist Bundesrecht. Die Bundesregierung muss endlich aufhören, Bundesratsentscheidungen zu ignorieren, und anfangen, unser Lebensmittel Nummer eins, das Wasser, endlich zu schützen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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