Wibke Brems: „Für die rot-grüne Koalition steht der Schutz unseres Lebensmittels Nummer eins vor möglichen Wirtschaftsinteressen.“

Antrag der Piraten zum Fracking

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir gerade gehört haben, haben wir in der Tat schon viel über Fracking debattiert. Wir scheinen in unserer Ablehnung dieser Hochrisikotechnologie auch nahe beieinander zu sein. Leider gibt es in einigen Nuancen manchmal Unterschiede. Die FDP schert an der einen oder anderen Stelle bedauerlicherweise am meisten aus. Ich finde das sehr schade. Klar ist aber: Wir lehnen das Fracking ab.
Für die rot-grüne Koalition steht der Schutz unseres Lebensmittels Nummer eins vor möglichen Wirtschaftsinteressen. Das haben wir schon 2012 im Koalitionsvertrag festgehalten. Außerdem haben wir im Oktober 2012 hier einen rot-grünen Antrag beschlossen, in dem genau diese Aspekte dargestellt sind. Eben wurde auch schon auf den Antrag aus dem letzten Jahr eingegangen, der hier von vielen Fraktionen gemeinsam getragen wurde. Das heißt: Wir haben an vielen Stellen unsere Kritik deutlich gemacht.
Ich persönlich möchte auch noch einmal klarstellen, dass ich die Aussage von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, solange sie in Nordrhein-Westfalen Ministerpräsidentin sei, werde es hier kein Fracking geben, nur absolut unterstützen kann. Meine Unterstützung und die Unterstützung unserer Fraktion hat sie an dieser Stelle also auf jeden Fall.
(Beifall von den GRÜNEN)
Jetzt liegen Vorschläge von zwei Bundesministern – Umwelt und Wirtschaft – vor. Wir haben an einigen Punkten schon Kritik. Zwar gäbe es, wenn diese Vorschläge genau so umgesetzt werden würden, sicherlich einige Verbesserungen im Vergleich zur jetzigen Situation. Herr Sundermann hat sehr stark darauf abgestellt. Unserer Meinung nach ermöglicht dieses angebliche Verbotsgesetz aber zahlreiche Ausnahmen. Ich möchte auf vier Aspekte kurz eingehen.
Erstens. In dem Vorschlag von Ministerin Hendricks und Minister Gabriel wird davon ausgegangen, dass Fracking unterhalb von 3.000 m doch wieder zulässig sein soll. Diese Grenze ist absolut willkürlich gewählt. Wir hätten das Problem, dass nach den in Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachten Vorkommen von unkonventionellem Erdgas auch in dieser Tiefe in Nordrhein-Westfalen zu finden sind. Damit wäre schon klar, dass nach den Vorlagen in Nordrhein-Westfalen Fracking möglich wäre. Es wäre dann sehr schwierig, das hier auszuschließen.
Zweitens. Es werden keinerlei Aussagen dazu getroffen, wie mit dem Abfall umgegangen wird, also mit dem Flowback der Chemikalien, die man erst nach unten gepumpt hat und dann wieder nach oben holt. Es wird also weiter nach dem Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ verfahren, das in den letzten Jahren und Jahrzehnten leider in Niedersachsen praktiziert worden ist. Wir sind der Meinung: So kann man das nicht machen. Deswegen lehnen wir das ganz klar ab.
Drittens. In den Entwürfen von Ministerin Hendricks und Minister Gabriel wird darauf verwiesen, in Zukunft solle eine Expertenkommission Empfehlungen über die Entscheidung abgeben. Ich sehe es kritisch, dass diese Entscheidung an ein Gremium ausgelagert werden soll, obwohl noch gar nicht klar ist, welche konkreten Kompetenzen es haben wird. Nach den bisherigen Vorstellungen ist leider davon auszugehen, dass dort frackingfreundliche Experten die Mehrheit stellen sollen. Daher ist fraglich, wie diese Expertenkommission sich äußern würde.
(Beifall von den GRÜNEN)
Viertens. Einen weiteren Kritikpunkt an diesem Entwurf, der noch nicht einmal im Bundeskabinett gewesen ist, hat Frau Schulze Föcking dankenswerterweise schon angesprochen, und zwar die vorgetäuschte Unabhängigkeit von Gasimporten. An einigen Stellen der Entwürfe heißt es, damit könne die Abhängigkeit reduziert werden. Andererseits – das halte ich für eine Kuriosität – hat die Bundesregierung schon Antworten auf FAQs, also auf häufig gestellte Fragen, veröffentlicht. Darin steht, dass sie selbst in Deutschland keinen substanziellen Beitrag von Fracking zur Energieversorgung sieht. Andererseits soll das Fracking an unterschiedlichen Stellen mit zahlreichen Ausnahmen ermöglicht werden. Das ist ein Widerspruch in sich. Die Unabhängigkeit, die man sich damit angeblich verschaffen will, sehen wir nicht. Unabhängigkeit vom Ausland kriegen wir wirklich nur mit erneuerbaren Energien hin.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Kritik an den im Bund verfolgten Plänen habe ich hier dargestellt. Ehrlich gesagt, müssen wir aber erst einmal abwarten, was in den nächsten Wochen und Monaten aus diesen Plänen überhaupt wird. Die Vorlagen sind, wie gesagt, noch nicht einmal durchs Kabinett gegangen. Sie befinden sich seit Wochen in der Ressortabstimmung. Wir hatten schon einmal ein ähnliches Verfahren. Damals hießen die Minister noch Rösler und Altmaier. Daraus ist auch nie etwas geworden. Daher sollten wir doch einmal abwarten, was da passiert.
In der Zwischenzeit setzen wir uns natürlich dafür ein, dass unsere Kritikpunkte berücksichtigt werden. Ich hoffe, dass es an den von mir genannten Stellen noch Veränderungen gibt.
Wir haben an dieser und vielen anderen Punkten als Grüne unsere Kritik geäußert und unser Engagement dargestellt. Daher benötigen wir von Ihnen weder eine Aufforderung zu einem Bekenntnis noch Handlungsaufträge. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN)

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