Wibke Brems: „Es wäre eine wichtige Forderung, dass es endlich wirklich lastflexible Strompreise gibt“

Antrag der Piraten zur Digitalisierung der Energiewende

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Digitalisierung der Energiewende ist das unterschätzte Megathema. Es ist die unterschätzte Herausforderung der Energiewende.
Wir reden hier im Haus immer viel über das energiepolitische Dreieck, in dem es um Umwelt- und Klimaschutz und die Vereinbarkeit mit Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit geht.
(Dietmar Brockes [FDP]: Ach, das kennen Sie doch?)
Was unterschätzt und nicht betrachtet wird, ist, dass aus diesem Dreieck mittlerweile so etwas wie ein Viereck geworden ist und wir es immer mehr mit dem Punkt der informationellen Selbstbestimmung zu tun haben, der in diesem Viereck noch mitbetrachtet werden muss.
Wenn wir einmal zurückblicken, stellen wir fest, dass die großen Energieversorger in den letzten zehn oder 15 Jahren die Energiewende, also den Ausbau der erneuerbaren Energien, leider verschlafen haben. Das rächt sich gerade bitter.
Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren leider mit dafür gesorgt, dass Deutschland die Digitalisierung der Energiewende verschlafen hat.
(Beifall von Matthi Bolte [GRÜNE])
Andere Länder in Europa oder auf der Welt sind schon viel weiter. Die USA beispielsweise haben positive Erfahrungen gemacht, und sie wissen, wo die Herausforderungen beim Datenschutz liegen. Seit Jahren besteht eigentlich schon Regelungsbedarf, der durch die Europäische Union hervorgerufen wurde. Aber auch insgesamt besteht dieser Regelungsbedarf, weil das Thema nicht erst seit heute aktuell ist. Die Bundesregierung hat aber entweder nichts getan oder an unterschiedlichen Stellen den Entwicklungen Steine in den Weg gelegt.
Wie ich das in der Energiepolitik leider häufiger beobachte, ist es typisch, wie die Bundesregierung hier agiert hat: Erst nichts tun, und dann hoppla, hoppla mal eben so das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende einbringen und sehr kurze Fristen setzen, in denen sich die entsprechenden Länder einbringen können.
Der Piratenantrag geht auf einen Aspekt dieses Gesetzes ein und lässt leider andere hinten runterfallen. Sie haben eben viel über Schwierigkeiten gesprochen und dabei das Thema „Datenschutz“ erwähnt. Hier möchte ich meinen Vorrednern zustimmen: Sie haben richtige Aspekte genannt, aber wenn es darum geht, dass wir über die Schwierigkeiten sprechen, dann müssen wir auch über das Thema „Sicherheit“ sprechen.
Meine Kollegin Verena Schäffer, mein Kollege Matthi Bolte und ich haben in diesem Raum im April dieses Jahres einen großen Kongress veranstaltet und uns mit Sicherheit, Katastrophenschutz und Energieversorgung beschäftigt, also mit Aspekten, die beispielsweise im Buch „Blackout“ vorkommen und behandelt werden. Jetzt möchte ich nicht sagen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass dieses Szenario eintritt, aber es ist möglich. Daher muss man sich mit diesen Aspekten beschäftigen, und da gibt es noch einiges zu tun.
Ich möchte aber auch zu den positiven Aspekten kommen. Wir können und wollen die Digitalisierung der Energiewende auf keinen Fall aufhalten. Wir müssen bei immer mehr erneuerbaren Energien, die nun einmal fluktuierend sind, also nicht zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, auch unterstützen, dass sich der Verbrauch der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien anpasst. Das wird eigentlich eher in der Industrie und Wirtschaft zum Tragen kommen; denn dort ist das Potenzial viel größer als in Haushalten. Aber auch in den Haushalten sollten wir für die Zukunft vorsorgen.
Deswegen wäre eine wichtige Forderung, dass es endlich wirklich lastflexible Strompreise gibt. Das würde bedeuten, dass Strom dann teurer ist, wenn wenig erneuerbare Energien im Netz zur Verfügung stehen, und günstiger, wenn viel erneuerbare Energien zur Verfügung stehen. Das Ganze hätte unterschiedliche positive Effekte zur Folge, würde beispielsweise Anreiz bieten für Speichertechnologien und deren Einsatz und mit entsprechend intelligenter Technik im Haushalt in Zukunft dafür sorgen, dass der Verbrauch zeitlich verschoben wird, und zwar weitergehend als in den Vorschlägen im Gesetzentwurf der Bundesregierung. – Solche Aspekte hätten dem Piratenantrag gutgetan.
Mit weiteren Aspekten, zum Beispiel, wie man mit größeren Verbrauchern als den Haushalten und den aus unserer Sicht zu hohen Anforderungen an Fotovoltaikanlagen umgeht, beschäftigt sich der Piratenantrag gar nicht.
Ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen: Auch ich hätte dieses Thema gerne weiter diskutiert. Ich finde, dass es einige spannende Aspekte beinhaltet. Sie haben in den letzten Tagen leider ein Hin und Her hingelegt, wie wir nun weiter mit dem Antrag umgehen sollen. Das finde ich schade.
Wir lehnen den Antrag an dieser Stelle ab.
(Beifall von den GRÜNEN)