Wibke Brems: „Es nicht verantwortbar, Bohrungen zur aufsuchenden Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit Fracking zu genehmigen“

Rot-Grüner Antrag zum Verbot von Erdgas-Fracking

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Eiskirch hat eben schon beschrieben, dass wir uns seit zwei Jahren mit dem Thema im Land und im Landtag beschäftigen. Wir sind der Meinung, dass die Landesregierung immer sehr vorbildlich damit umgegangen ist. Nach Bekanntwerden der Risiken hat sie Erlasse herausgegeben, die zunächst einmal einen Stopp verfügt haben, bis man Dinge geklärt hat.
Dann hat sie ein Gutachten in Auftrag gegeben. Jetzt sind die Ergebnisse des Gutachtens – ich gehe gleich noch auf einzelne Punkte ein – bekannt geworden. Es liegen nicht genügend Daten vor, um die nächsten Schritte zu gehen. Bis auf Weiteres können also keine Genehmigungen ausgesprochen werden. Die nächsten Schritte müssen in einem gemeinsamen Prozess festgelegt und die Wissenslücken geschlossen werden. Diese Einzelheiten hat Herr Eiskirch eben ausgeführt.
Ganz anders sieht es dagegen auf der Bundesebene aus. Da passierte lange gar nichts. Auf Anfragen von Grünen-Abgeordneten hat der damalige Umweltminister, Herr Röttgen, noch gesagt: Es gibt eigentlich gar keinen Unterschied zwischen unkonventionellem und konventionellem Erdgas, und alles andere haben die Länder zu regeln. – Noch im Mai wurde im Bundestag ein Antrag, in dem es um Leitlinien für Transparenz und Umweltverträglichkeit in Bezug auf unkonventionelles Erdgas ging, von CDU und FDP mehrheitlich abgelehnt. Auf all diese Möglichkeiten hätte man reagieren können.
Im Bundesrat gab es von den anderen Bundesländern bisher keine Zustimmung zu dem Antrag, die Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend in das Bergrecht einzufügen. All diese Dinge sind bisher nicht passiert und werden in Ihrem Antrag überhaupt nicht erwähnt, liebe CDU.
Ich möchte ein paar Aspekte aus dem Gutachten ansprechen, weil ich sie wichtig finde und weil wir uns damit in Zukunft noch werden beschäftigen müssen. Mit den Beschlüssen zu diesen Anträgen setzen wir bestimmt nicht den Schlusspunkt unter die Debatte; ich glaube, da sind wir uns alle einig.
Als Beispiel möchte ich anführen: Laut dem Gutachten gibt es nicht genügend Daten, um eine abschließende Risikobewertung vorzunehmen, beispielsweise was das Grubenwasser angeht. Es ist also nicht auszuschließen, dass auch in entfernteren Bereichen zum ehemaligen Steinkohlenabbaugebiet die Grubenwasserhaltung einen Austrag der Frackflüssigkeit im Untergrund hervorrufen kann.
Die Gutachter sind zu dem Ergebnis gekommen: Während des Prozesses werden die entsprechenden Rohre, Zementierungen und weiteren technischen Einrichtungen wahrscheinlich nicht versagen. Aber eine Langzeitbetrachtung, was das für immer bedeutet, kann man nicht anstellen, sondern eher sagen: Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass dort etwas passiert.
Zur Flächeninanspruchnahme: Im dicht besiedelten Land Nordrhein-Westfalen besteht eine hohe Flächenkonkurrenz. Das wird von der CDU immer wieder gerne angesprochen, wenn es um erneuerbare Energien, Landwirtschaft und Naturschutz geht. Hier gibt es einen weiteren Aspekt, der wiederum große Flächen in Anspruch nehmen könnte.
Zu guter Letzt zum sogenannten Flowback, der Mischung aus Lagerstättenwasser und hinuntergepumpten Chemikalien, die man wieder nach oben holt: Es gibt keine systematische Aufarbeitung, wie damit bisher – zum Beispiel in Niedersachsen – umgegangen wurde. Die Art der Entsorgung dieser Dinge ist vollkommen ungeklärt. In Niedersachsen wurde es bisher in sogenannten Disposalbohrungen einfach in die Erde gepumpt und dort unten für immer gelagert. Ich finde es unverantwortlich, etwas, von dem man nicht weiß, woraus es besteht, wie es reagiert und was es in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten tun wird, für immer an eine Stelle zu verpressen, weil es die wirtschaftlichste Möglichkeit ist und man nichts anderes gefunden hat.
Es ist also noch viel zu klären. Zum aktuellen Zeitpunkt ist es nicht verantwortbar, Bohrungen zur aufsuchenden Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit Fracking zu genehmigen. Deswegen bin ich froh über die Haltung der Landesregierung.
Ich möchte noch kurz auf die anderen Anträge von CDU und FDP zu sprechen kommen. Liebe CDU, Sie fordern hier Dinge, die die Landesregierung längst macht.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Seit wann?)
Die Landesregierung stellt längst sicher, dass es unter den aktuellen Bedingungen nicht zu Fracking kommt. Das Dieselöl in Stemwede wird zurückgeholt. Wir wollen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung kommt.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das zu unterstützen. Ihre Äußerungen dazu, Bundesminister Altmaier in seinen Bemühungen zu unterstützen, obwohl vorher lange Zeit nichts passiert ist, sind fast ein bisschen lächerlich.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zur FDP muss ich sagen: Sie lässt langsam die Katze aus dem Sack. In den ersten Sätzen scheint die Verwunderung durch, dass es Skepsis in der Bevölkerung gibt. Dann ist zu lesen, dass das Fracking in Deutschland …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Wenn Sie bitte zum Ende kommen, Frau Kollegin.
Wibke Brems (GRÜNE): Ich komme sofort zum Schluss. … bisher 300 mal durchgeführt wurde. Ich denke, die Anzahl, wie oft eine Sache durchgeführt wurde, hat nichts damit zu tun, wie risikobehaftet sie ist oder wie kritisch man sie sehen kann. Pauschale Vergleiche …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Sie sind eine Minute über der Redezeit.
Wibke Brems (GRÜNE): Sehr kritisch sehe ich zu guter Letzt Ihren Satz: Der Einsatz von wassergefährdenden Stoffen beim Fracking ist möglichst abzustellen. – Schwammiger geht es nicht. Das finde ich von Ihrer Seite sehr schwach.
Wir setzen uns dafür ein, diese Dinge, die ich eben genannt habe, im Auge zu behalten, die Sorge für unser Wasser als Lebensgrundlage für uns alle höher zu bewerten als alle anderen Interessen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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