Wibke Brems: „Es macht diese Koalition aus, dass wir Hindernisse und Gräben überwinden können, um gute Lösungen für die Menschen in unserem Land zu finden“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023 - dritte Lesung

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Weihnachten ist eine Zeit der Ruhe und Einkehr. Umso stressiger ist meist die Zeit davor. Alle machen sich irgendwie Gedanken, wie sie anderen eine Freude machen können, schreiben Karten und erledigen längst Überfälliges. Doch in diesem Jahr kommen ganz neue Gedanken und Sorgen hinzu. Wir drehen die Heizung runter und sparen Strom, wo wir können, um gemeinsam gut durch den Winter zu kommen. Wir machen uns Sorgen über die steigenden Preise von Lebensmitteln, Strom und Gas. Eltern kämpfen mit einer Infektion ihrer Kinder nach der anderen und hoffen darauf, bloß nicht auf überfüllte Arztpraxen oder gar Kinderkrankenstationen angewiesen zu sein.

Das alles sind Auswirkungen der aktuellen Krise und von Versäumnissen oder Fehlentscheidungen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Die Energiekrise ist die Folge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine. Sie ist aber auch die Folge des jahrelangen Strebens nach immer mehr vermeintlich günstigen fossilen Brennstoffen, statt nach heimischer und günstiger erneuerbarer Energie.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Situation in den Krankenhäusern unseres Gesundheitssystems hängt einerseits eng mit der immer noch nicht überstandenen Coronapandemie zusammen, andererseits hat der anstelle des eigentlich notwendigen Fokus auf Patient*innen und angemessene Arbeitsbedingungen herrschende Sparzwang das Gesundheitswesen schon vorher massiv geschwächt und den Fachkräftemangel befeuert.

Das sind zwei Beispiele, die eindrucksvoll zeigen: Die politischen Versäumnisse der vergangenen Jahre und Jahrzehnte holen uns jetzt in vielen Bereichen mit aller Wucht ein und stellen uns vor enorme Herausforderungen. Die Krisen konfrontieren uns nicht nur kurzfristig mit akuten Problemen. Wir dürfen gleichzeitig nicht wieder dieselben Fehler machen und die langfristigen Herausforderungen aus dem Blick verlieren, sondern müssen diese angehen. Umso mehr Mut und Zuversicht braucht es jetzt von uns, die aktuell in Regierungsverantwortung stehen, um Entscheidungen zu treffen und Auswege zu finden. Diese Koalition hat diesen Mut, und wir in NRW haben das Know-how und die Menschen, um alle gemeinsam gut durch diese Krise zu bringen und unser Land auf die kommenden Krisen vorzubereiten.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Gerade in Zeiten mit so vielen Unwägbarkeiten sehnen wir uns doch alle nach Sicherheit, Halt und Ruhe. Aber gerade jetzt ist die Lage besonders dynamisch. Die vergangenen Wochen waren für uns in Regierungsverantwortung – sagen wir – ereignisreich.

(Lachen von Christian Dahm [SPD] und Jochen Ott [SPD])

Nach der Regierungsbildung im Sommer und dem Nachtragshaushalt brach das dritte Entlastungspaket des Bundes über uns herein, verbunden mit einem wochenlangen Tauziehen über die Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern. Dieses Tauziehen haben wir nicht extra veranstaltet, weil uns nach Corona die Sportfeste gefehlt hätten, sondern um uns dafür einzusetzen, dass das Land handlungsfähig bleibt und nicht weiter Sachen vom Bund aufgebürdet bekommt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Ihr habt doch nichts geändert!)

Die Einbringung des Haushalts 2023 war also mit entsprechend vielen Unsicherheiten belastet. Mit dem Drei-Säulen-Programm aus Krisenhilfe, Krisenresilienz und Krisenvorsorge wollten und werden wir auch mit dem neuen Sondervermögen Unternehmen und Menschen bei den bevorstehenden Herausforderungen unterstützen.

Die Kritik von der FDP, der SPD und dem Landesrechnungshof nehmen wir ernst. Wir haben dazu zwar eine andere Rechtsauffassung, uns geht es aber nicht darum, recht zu haben, sondern den Menschen in Nordrhein-Westfalen kurzfristig und nachhaltig zu helfen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Daher ist es jetzt der richtige Weg, eine außergewöhnliche Notsituation für 2023 festzustellen und von der Ausnahme zur Schuldenbremse Gebrauch zu machen, wie sie das Grundgesetz vorsieht.

Denn als Wirtschaftsstandort mit energieintensiven Grundstoffindustrien trifft uns in Nordrhein-Westfalen die Energiekrise besonders hart. Das zeigt sich eben auch in den aktuellen Prognosen.

Ja, wir hätten gerne einfachere Rahmenbedingungen gehabt. Ich bin eben kurz darauf eingegangen. Wir haben die Situation mit multiplen Krisen, unklaren Rahmenbedingungen vom Bund. Aber außergewöhnliche Situationen erfordern eben auch außergewöhnliche Maßnahmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Herr Kutschaty von der SPD, Sie haben eben „Chaos“ angesprochen. Mir erscheint es so, dass Sie sich damit etwas auskennen. Denn das, was Sie in letzter Zeit gefordert haben, passt nicht so richtig zusammen.

Ihr finanzpolitischer Sprecher Herr Zimkeit hat erst Ende November an diesem Pult gefordert, die Notsituation, die gegeben ist – das waren seine Worte –, in den Haushaltsplanberatungen gemeinsam festzustellen, und hielt das für den verfassungskonformen Weg. Das haben Sie hier so gesagt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

– Darüber brauchen Sie sich gar nicht aufzuregen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Es regt sich keiner auf, wir lachen uns nur kaputt!)

Jetzt machen wir das so, weil es eben in der jetzigen Situation die beste Möglichkeit ist, den Menschen zu helfen und NRW aus der Krise herauszubringen. Aber dann fordern Sie heute, dass die Landesregierung erst mal prüfen soll, ob eine Notsituation überhaupt in Betracht kommt.

Ich habe noch weitere Beispiele für Logikfehler in Ihrer Argumentation, angefangen mit dem Kollegen Höne von der FDP. Auch Sie müssen sich schon entscheiden: Werfen Sie uns jetzt vor, dass wir angesichts der dynamischen Lage die notwendigen Anpassungen vornehmen oder dass die Landesregierung dickköpfig ist? Nur eines von beiden geht, aber beides haben Sie hier dargestellt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Und die SPD fordert ein Entlastungspaket, sagt aber kein Sterbenswörtchen darüber, wie die Ideen finanziert werden sollen, wenn nicht mit Krediten durch Erklärung der Notsituation.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie müssen auch mal lesen, was Ihnen vorgelegt wird – oder verstehen, kann auch sein!)

Stattdessen mussten wir uns hier vor einigen Wochen in der zweiten Lesung des Haushalts stundenlang anhören, wo Sie überall Wünsche für Mehrausgaben haben. Dann legen wir am vergangenen Freitag ein Entlastungspaket in Höhe von 1,6 Milliarden Euro vor, und auf einmal ist das für die SPD auch nicht richtig. Es ist einfach nicht klar, was außer Meckern Sie wirklich wollen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das Traurige daran ist, dass Sie damit fahrlässig in Kauf nehmen, dass die Entlastungen für die Menschen, Vereine, Institutionen und Unternehmen um Monate verzögert würden oder schlimmstenfalls gar nicht mehr möglich wären.

Noch eines: Ich bin keine Juristin und auch keine ehemalige Justizministerin, aber selbst mir ist klar, dass es eines Urteils des Landesverfassungsgerichts bedürfte, um die Verfassungsmäßigkeit eines Landeshaushalts festzustellen, und dass das nicht hier an diesem Pult geschieht.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Diese Koalition zeigt mit den heutigen Beschlüssen: Wir sind handlungsfähig. Wir übernehmen Verantwortung, egal, ob man uns Steine in den Weg legt.

In der Rückschau ist klar: Ja, wir sind einen Umweg gegangen.

(Jochen Ott [SPD]: Umweg ist gut!)

Aber entscheidend ist doch, dass wir das Ziel erreichen. Wir handeln, und wir haben eine gute Lösung für die Menschen in unserem Land gefunden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mit dem Sondervermögen „Krisenbewältigung“ in Höhe von 5 Milliarden Euro gehen wir als schwarz-grüne Koalition jetzt den entscheidenden Schritt. Wir handeln, um NRW gut durch die Krise zu bekommen. Besonnen und klar haben wir nun gemeinsam die erste Tranche erarbeitet. Dabei hatten wir immer vor Augen: Wie können wir den Menschen helfen? Wie können wir Härten abfedern? Wie können die Maßnahmen schnell gelingen und ihre volle Wirkung entfalten? Natürlich stand über allem: Was ist in den engen Grenzen der verfassungsmäßigen Ausgestaltung möglich? Mit konkreten Maßnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro federn wir in einem ersten Schritt unter anderem erhöhte Energie- und Beschaffungskosten ab.

Russlands Präsident Putin führt einen abscheulichen Angriffskrieg gegen die Menschen in der Ukraine, und er versucht, auch unsere Gesellschaft zu spalten. Diesen Spaltungsversuch werden wir nicht zulassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir unterstützen daher insbesondere unsere soziale Infrastruktur für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Wir nehmen die Hilferufe von Vereinen, Trägern, Verkehrsbetrieben, Kommunen und Unternehmen ernst und helfen konkret. Wir wollen, dass kein Frauenhaus, keine Tafel, keine andere soziale Einrichtung und auch keine Kultureinrichtung aufgrund der hohen Energiekosten schließen muss. Dieser Haushalt und dieses Sondervermögen machen einen erkennbaren und dauerhaften Unterschied – einen Unterschied, der bei den Menschen ankommt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Kinder sind unsere Zukunft. Es ist unsere Verantwortung, ihnen gute Zukunftschancen zu ermöglichen, unabhängig von der Bildung und dem Geldbeutel ihrer Eltern oder ihrer Postleitzahl. Es ist unsere Verantwortung, ihnen eine gesunde Umwelt zu hinterlassen. Es ist unser aller Verantwortung, dass Kinder sicher und sorgenfrei aufwachsen können, dass sie eine gute, lebenswerte Zukunft in Frieden und Freiheit haben.

Aber Kinder und Jugendliche sorgen sich aktuell auch über Inflation, Krieg und Klimawandel. Kinder und Jugendliche von heute werden den Klimawandel besonders zu spüren bekommen, obwohl sie selbst am wenigsten dazu beigetragen haben.

Kinder und Jugendliche haben unter der Pandemie besonders gelitten. Im Lockdown konnten sie all das nicht machen, was Kinder und Jugendliche sonst gemacht hätten: sich ausprobieren, mit Freunden treffen, Neues erleben, Grenzen austesten, das Leben feiern, gemeinsam Sport machen oder einfach nur spielen. Das sind alles Gründe, warum Kinder und Jugendliche heute noch mehr im Mittelpunkt unseres Handelns stehen: angefangen bei den zusätzlichen Haushaltsmitteln für Schwimmen und Sport über die Stärkung von Familienzentren, von niedrigschwelligen Anlaufstellen gerade in benachteiligten Gebieten, damit die Unterstützung und Beratung genau bei den Familien ankommen, oder die Erhöhung der Zuschüsse für Kinder- und Jugendfreizeiten oder den Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche bis hin zum Pakt gegen Kinderarmut.

Häufig wird über Kinder und Jugendliche hinweg bestimmt. In der Pandemie war das ganz besonders der Fall. Umso wichtiger ist es, dass unsere Koalition mit dem „Aktionsplan Jugendbeteiligung“ die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entschieden voranbringt, denn es macht einen Unterschied, auch für das spätere Demokratieverständnis, wenn Jugendliche gehört werden. Schließlich sind Kinder und Jugendliche keine Statisten in unserer Gesellschaft.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mit mehr als 66 Millionen Euro aus dem Sondervermögen sichern wir zudem ab, dass beispielsweise Kindertagesstätten, Kindertagespflegestellen und Jugendzentren ihre Energiekosten decken können und damit weiter geöffnet bleiben.

An vielen konkreten Stellen macht die schwarz-grüne Koalition also den Unterschied für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

In den Schulen stellen wir die Menschen in den Mittelpunkt, sowohl die Schüler*innen als auch die Lehrkräfte. Wir haben bereits damit gestartet, die Ungerechtigkeiten bei den Einstiegsgehältern von Lehrkräften anzugleichen. Das macht einen Unterschied, der auch bei den Kindern und Jugendlichen ankommt. Schließlich sind Lehrer*innen mitverantwortlich für deren Zukunftschancen.

Mit dem im kommenden Jahr zu erarbeitenden Aktionsplan Inklusion wird es zum ersten Mal einen transparenten und zielgerichteten Plan für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geben.

Mit digitalen Förderplänen sorgen wir dafür, dass jedes Kind mit und ohne Förderbedarf auch individuell und kontinuierlich die richtige Unterstützung bekommt. Damit können die Förderpläne nicht mehr nur ein Teil einer Schülerakte sein, sondern ein hilfreiches, wirklich alltägliches Werkzeug für Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen oder Lernbegleiter*innen. Das wird die Arbeit erleichtern und somit für viele Kinder einen Unterschied zwischen vermeintlichem Stillstand und wirklicher Perspektive machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Gerade Familien mit geringem Einkommen oder in Transfergeldbezug sowie mit Migrationshintergrund nehmen seltener Ganztagsangebote an. Wir wollen auch für diese Kinder einen Unterschied machen und für mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit sorgen. Dazu gehören der Ausbau des Ganztags, die Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen des Personals und der Ausbau von Fachkraftstellen. Denn die Herausforderungen für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung sind enorm. Und wir machen dabei den Unterschied.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Langes Sparen auf die Klassenfahrt oder nicht am Kindergeburtstag der besten Freundin teilnehmen können, weil das Geld für das Geschenk nicht reicht: Das ist Alltagsrealität von zu vielen Familien in NRW. Bereits vor den Krisen, die uns aktuell beschäftigen und die Situation vieler Menschen verschärfen, waren schon viele in Nordrhein-Westfalen von Armut bedroht oder betroffen.

Die Gesichter von Armut sind vielfältig: Alleinerziehende, Senior*innen, Menschen mit internationaler Geschichte, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Armut kann jede und jeden treffen. Armut macht auch krank und einsam. Gerade in Krisenzeiten macht eine soziale Infrastruktur, auf die sich die Menschen verlassen können, den Unterschied. Denn so können Betroffene über Unterstützung informiert werden, ihnen wird zugehört und sie werden bestärkt. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit dem Sondervermögen hier ergänzende Hilfen zum Bund leisten und die soziale Infrastruktur stützen.

Kitas werden offen und warm bleiben und Beratungsstellen weiterhin die Menschen in der Krise unterstützen. Denn wir alle sind zwar von der Krise betroffen, aber die Auswirkungen von steigenden Preisen treffen nicht alle gleich.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mit der Armutskonferenz hat die Landesregierung in der vergangenen Woche den Startpunkt gesetzt. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam mit den Betroffenen und Institutionen einen Aktionsplan gegen Armut aufzulegen. Denn wir können und wollen uns mit der Armut in unserem Land nicht abfinden.

Armut ist das größte Zukunftsrisiko für Kinder und Jugendliche. Daher ist es wichtig, dass die Landesregierung die Pläne der Bundesregierung für eine Kindergrundsicherung unterstützt und selbst einen Pakt gegen Kinderarmut auflegt. Denn keine Mutter, kein Vater sollte sich vier Tage vor Heiligabend zwischen der Gasrechnung und einem Kinderwunsch entscheiden müssen. Kinderarmut ist eine Schande für dieses reiche Land!

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Studierende sind in Deutschland stärker von Armut bedroht als der Rest der Bevölkerung. Im vergangenen Jahr war es mehr als jeder dritte Studierende. Deswegen macht es auch in der aktuellen Situation einen Unterschied, wenn wir mit dem Sondervermögen die Studierendenwerke unterstützen. So kann es beispielsweise günstigere Mensapreise geben. Auf die Fortführung der psychosozialen Beratung, die wir heute beschließen, sind zudem viele Studierende in der aktuellen Krise ganz besonders angewiesen.

Gerade im Angesicht von Fake News und Verschwörungsmythen kommt der Wissenschaft eine wichtige Rolle zu. Sie wird gleichzeitig selbst immer wieder Opfer von Verschwörungserzählungen. Wir stärken daher Menschen aus der Wissenschaft den Rücken, denn wir brauchen sie und eine unabhängige Wissenschaft in diesen herausfordernden Zeiten ganz besonders – für Innovationskraft, für die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft, für das Gemeinwohl und für unsere Demokratie.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mit dem Haushalt sichern wir unseren Forschungsstandort und tragen dazu bei, dem Fachkräftemangel beispielsweise in den Bereichen Schule und Medizin mit Studienplätzen entgegenzuwirken. Neben der akademischen Bildung unterstützen wir aber auch die berufliche Bildung. Beides ist für unsere Gesellschaft wichtig. Deswegen setzen wir uns für die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Ausbildung ein.

Mit der Einführung der Meisterprämie kommen wir dem einen wichtigen Schritt näher. Ob Ausbildung, Meister oder Studium: Für die anstehenden Herausforderungen von Erziehung und Bildung über Pflege bis zur Energiewende müssen wir alle Potentiale nutzen und alle Talente fördern.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Nordrhein-Westfalen steht für Vielfalt. Vielfalt ist unsere Stärke. Eine Demokratie muss sich immer auch daran messen lassen, wie sie mit gesellschaftlichen Minderheiten umgeht. Der Schutz vor Diskriminierung und Gewalt ist ein staatlicher Auftrag. Dazu gehört auch, dass Menschen mit internationaler Geschichte an unserer Gesellschaft teilhaben können. Deshalb stärken wir mit diesem Haushalt Migrantenorganisationen und damit deren Stimme. Denn sie sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Sie machen unser Land bunt, vielfältig und auch wirtschaftlich stark.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir unterstützen gleichzeitig diejenigen, die neu nach Deutschland gekommen sind. Denn es ist unsere humanitäre Pflicht, den Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Elend zu uns fliehen, Schutz zu bieten. Viele sind solidarisch und helfen, wo sie können – als Unternehmen, die hinter den Sanktionen gegen Aggressoren stehen, in den Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten, als Flüchtlingsorganisationen, die anpacken und helfen, wo sie nur können, oder Menschen, die Geflüchtete zum Beispiel bei Behördengängen oder beim Start ins Arbeitsleben begleiten. Für diese Unterstützung möchten wir allen von ganzem Herzen danken.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ohne das ehrenamtliche Engagement an dieser Stelle, aber auch bei Feuerwehr, bei Sport, Tafeln, sozialen Einrichtungen oder Kulturvereinen würde unsere Gesellschaft aus den Fugen geraten. Deswegen sichern wir auch diese Strukturen mit Hilfen zur Abfederung der Energiepreise aus dem Sondervermögen.

In Nordrhein-Westfalen können wir uns auch dank der vielen ehrenamtlich Engagierten aufeinander verlassen. Wir stehen auch in der Energiekrise an der Seite der Menschen im Ehrenamt und in den verschiedenen Einrichtungen. Wir wissen: Das Ehrenamt ist das Rückgrat unserer Gesellschaft.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine fliehen, brauchen Normalität, Schutz und vor allem Unterkünfte. Da sich die russischen Angriffe mehr und mehr auf die Energieversorgung richten, werden auch in diesem Winter weiter Ukrainer*innen zu uns fliehen. Deshalb werden derzeit alle möglichen Unterbringungsplätze benötigt und ausgebaut. Das ist ein Kraftakt, der im Ministerium, in den Bezirksregierungen und in den Kommunen vollbracht wird. All denen, die jeden Tag daran arbeiten, Menschen aufzunehmen und ihnen Sicherheit zu geben, sage ich herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Kommunen sehen sich mit den aktuellen politischen Herausforderungen sehr konkret konfrontiert. Hier wird aus Plänen – sei es für Unterkünfte für Geflüchtete, für Coronaschutzmaßnahmen, für Klimaschutz oder für die Klimafolgenanpassung – ganz konkrete Realität. Die Kommunen haben für diese Leistungen von der schwarz-grünen Landesregierung bereits umfangreiche zusätzliche Unterstützung erhalten – insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro für Coronakosten und für die Unterbringung, Versorgung und Integration Geflüchteter.

Auch über das Sondervermögen stehen den Kommunen Mittel in dreistelliger Millionenhöhe für Projekte der Energie- und Wärmewende sowie für emissionsarme Mobilität zur Verfügung.

Selbstverständlich bleibt zur strukturellen Verbesserung der Finanzlage der Kommunen noch einiges zu tun. Die konkreten Gespräche mit dem Bund über eine Altschuldenlösung stimmen erstmals hoffnungsvoll. Eine Altschuldenlösung – ob in Zusammenarbeit von Bund und Land oder alleine – wäre ein wichtiger Schritt und ein Befreiungsschlag für unsere hochverschuldeten Kommunen. Dann könnten Städte und Gemeinden auch in NRW überall wieder aus eigener Kraft in die Zukunft investieren; in gute Kinderbetreuung und Schulen, in das soziale Miteinander, in Sport und Kultur, in einen guten Nahverkehr oder in das kommunale Freibad.

So machen wir für die Kommunen den Unterschied, damit diese wieder Dienstleisterinnen der Menschen sein können, anstatt von ihren Altschulden erdrückt zu werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Verkehrswende ist ein elementarer Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele. Selbst wenn ein radikales Umdenken nicht aus Klimaschutzgründen nötig wäre, müssten wir von „immer mehr Straßen“ wegkommen, hin zu attraktiv gestalteten Alternativen wie Bus-, Bahn-, Rad- und Fußverkehr. Dieses Umdenken wäre allein deshalb notwendig, weil schlicht und einfach nicht genug Personal und Geld vorhanden ist, um jedem Wunsch jedes Bürgermeisters nach einer Ortsumgehung zu entsprechen.

So schwer es manchen auch fällt: In der Verkehrspolitik geht es um eine Abkehr von der Ankündigung weiterer Großvorhaben, die ohnehin nicht zu schaffen sind und damit immer nur weitere Verzögerungen hervorrufen. Wir sind hier nun einmal nicht bei „Wünsch dir was“, sondern bei „So ist es“. Nun wird der Weg der Priorisierung von Vorhaben und der Abarbeitung von Baustellen eingeschlagen. Gleichzeitig unternehmen wir einen Aufbruch für Fahrrad, Bus und Bahn.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das Deutschlandticket wird den öffentlichen Personennahverkehr revolutionieren. Das Ticket macht den Unterschied für das Klima und für die Geldbeutel von Pendlerinnen und Pendlern.

Die Energiepreissteigerungen treffen aber natürlich auch die Verkehrsbetriebe enorm. Hier kann kaum Energie eingespart werden. Die Gas- und Strompreisbremse wirkt nicht direkt in der Breite, da Busse vor allem mit Diesel betrieben werden. Daher stellen wir mit 200 Millionen Euro aus dem Sondervermögen sicher, dass trotz der extremen Kostensteigerungen das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs aufrechterhalten werden kann.

Darüber hinaus setzen wir mit dem Haushalt und den Änderungsanträgen einen weiteren Fokus auf die Stärkung des Rad- und Fußverkehrs. Mit 25 Millionen Euro zusätzlich fördern wir Maßnahmen entlang von Landesstraßen und in den Kommunen zur Verbesserung der Nahmobilität. Denn es macht einen enormen Unterschied, wenn Radfahrende und Fußgänger*innen sich sicher fühlen, genug Platz haben und schneller an ihr Ziel kommen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Artenkrise ist leider in der öffentlichen Diskussion noch nicht so präsent wie die Klimakrise. Sie bedroht aber unsere Lebensgrundlagen genauso stark. Gestern ging die 15. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt zu Ende. Damit gibt es jetzt eine globale Vereinbarung für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Natur. Das ist eine Premiere.

Ein wesentliches Ziel der neuen Vereinbarung ist es, mindestens 30 % der weltweiten Land- und Meeresfläche bis 2030 unter effektiven Schutz zu stellen. Erstmals wurden zudem einheitliche Indikatoren vereinbart, um weltweit kontrollieren zu können, wie es um den Zustand der Natur bestellt ist. Das ist ein tolles Ergebnis, auch wenn es angesichts des Ausmaßes der Krise, die neben einzelnen Pflanzen- und Tierarten auch ganze Ökosysteme bedroht, nur ein Anfang sein kann.

Auch in NRW stellen wir uns der Herausforderung. Mit einem neu aufgelegten Landesprogramm „Biologische Vielfalt“ stellen wir uns dem Verlust von Arten und Ökosystemen entgegen. Damit werden beispielsweise Kleingewässer renaturiert und Moore wiederhergestellt. Wir machen damit einen Unterschied für die Artenvielfalt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Als Ostwestfälin freut es mich ganz besonders, dass im kommenden Jahr der Startschuss für den landesweiten Prozess zur Ausweisung eines zweiten Nationalparks fällt. Damit gehen wir auch an dieser Stelle einen wichtigen Schritt für den Erhalt unserer einzigartigen Natur.

Leider gibt es Kriminelle, denen unsere Umwelt, die Sauberkeit von Flüssen und das Überleben seltener Arten vollkommen egal sind. Zum Umweltschutz gehört daher auch, Straftaten im Rahmen der Umweltkriminalität konsequent zu verfolgen. Dazu werden wir in NRW eine eigene Staatsanwaltschaft einsetzen. So bekämpfen wir die Kriminalität, insbesondere die Organisierte Kriminalität, und schützen gleichzeitig unsere natürlichen Lebensgrundlagen konsequent.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Schwarz-Grün macht auch in der Innen- und Rechtspolitik den Unterschied. Wir überwinden vermeintlich tiefe Gräben. Gerade weil wir häufig unterschiedliche Perspektiven haben, kommen wir gemeinsam zu guten Ergebnissen. So sorgen wir beispielsweise für eine gute Aus- und Fortbildung unserer Beschäftigten in Polizei und Justiz. Die Kriminalitätsphänomene und Herausforderungen verändern sich so rasant, dass auch unsere Polizei und Justiz bestmöglich darauf vorbereitet sein müssen.

Wir gehen konsequent gegen Kriminalität vor und rücken die Sicherheit unserer Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt. Jedes Kind hat das Recht auf ein Aufwachsen ohne Gewalt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Doch wir wissen, dass viele Kinder Gewalt erleben – physische, psychische und sexualisierte Gewalt –, und zwar häufig an dem Ort, an dem Kinder und Jugendliche sich eigentlich am sichersten fühlen sollten: in ihrer eigenen Familie.

Nicht nur für die Polizei, sondern auch für unser Parlament bleibt die Bekämpfung von Kindesmissbrauch ein Schwerpunkt der Arbeit. Der Schutz der Kinder hat für unser Handeln immer oberste Priorität.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die größte Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft ist der Rechtsextremismus. Die Razzia vor zwei Wochen gegen Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker hat uns das in erschreckender Weise wieder einmal gezeigt. Dass unter den Verdächtigen auch Bundeswehroffiziere sind, ist besorgniserregend. Dass auch eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete zum Netzwerk gehört, überrascht allerdings wenig.

Verschwörungsmythen mit rassistischen, antisemitischen Narrativen sowie rechtsextremistischen Einstellungen sind der Nährboden für gefährliche Pläne zum Umsturz unseres demokratischen Rechtsstaats. Sie dienen den Tätern als Legitimation für ihre menschenverachtenden Gewalttaten. Die Sicherheitsbehörden müssen daher konsequent gegen Rechtsextremismus vorgehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir stärken mit unserem Haushalt die Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus. Damit stärken wir die Prävention und die Möglichkeit des Ausstiegs; vor allem aber machen die Opferberatungsstellen einen Unterschied für Betroffene rechter Gewalt.

Wir wollen, dass alle Menschen in NRW sicher sind – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Alter, sexueller Orientierung oder Religion. Wer von Rechtsextremen bedroht oder angegriffen wird, hat unsere volle Solidarität.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Unser Sicherheitsverständnis geht über den reinen Schutz vor Kriminalität hinaus. Sicherheit muss auch in einer Katastrophe gewährleistet sein. Hackerangriffe, Krieg und Klimawandel lassen potenzielle Katastrophen wahrscheinlicher werden. Wir stärken daher die Strukturen des Katastrophenschutzes auf Landesebene, damit die vielen Ehrenamtlichen auch in der Krise ihren Job gut machen können.

Unser Leitprinzip ist Vorsorge, damit wir im Falle einer Krise vorbereitet sind und Sicherheit geben können. Genau das machen wir mit dem Sondervermögen.

Ein flächendeckender Stromausfall ist zwar sehr unwahrscheinlich. Dennoch müssen wir unsere Infrastruktur besser davor schützen, als es bisher der Fall war. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Hochschulen, Polizei, Feuerwehr, öffentliche Einrichtungen – wir unterstützen an diesen Stellen mit Notstrom- und Kraftstoffversorgung, Erhöhung der Cybersicherheit und Satellitentelefonen, denn unsere Infrastruktur muss standhaft und sicher sein. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass wir auf Notfälle, seien sie noch so unwahrscheinlich, vorbereitet sind.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Der völkerrechtswidrige Krieg Putins begann für die Ukraine nicht erst im Februar dieses Jahres, sondern bereits im Frühjahr 2014 mit der Annexion der Krim. Schon damals wäre es spätestens an der Zeit gewesen, dass die damalige Bundesregierung die Konsequenzen zieht und die unsägliche Abhängigkeit von Putin im Speziellen und von Kohle, Öl und Gas im Allgemeinen endlich beendet. Leider hat es aber noch weitere acht Jahre und einen kompletten Regierungswechsel im Bund gebraucht, um die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Energiepolitisch stehen wir damit auch in NRW vor der Herausforderung, die verlorene Zeit nicht aufholen zu können, aber in enormem Tempo den Umstieg zu schaffen. Wir müssen kurzfristig den Verbrauch fossiler Energien senken. Das gelingt durch Energieeinsparungen und den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien. Im Haushalt finden sich daher mehr als 300 Millionen Euro für Energiewende und Klimaschutz.

Beim Sondervermögen legen wir noch mal nach. Mit 360 Millionen Euro werden Maßnahmen der klimaeffizienten Wohnraumförderung, Mieterstromförderung, ein Investitionsprogramm Energie- und Wärmewende und die Stärkung emissionsarmer Mobilität bereits 2023 zur Krisenbewältigung dienen.

Mit unserem Windenergie-Weihnachtspaket, das wir heute Nachmittag auf den Weg bringen, setzen wir dann die nächsten wichtigen Schritte zum beschleunigten Ausbau der Windenergie in NRW.

Diese Koalition macht den Unterschied, weil wir Investitionssicherheit für Windenergie- und Klimaschutzprojekte bieten und NRW so zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Es macht diese Koalition aus, dass wir Hindernisse und Gräben überwinden können, um gute Lösungen für die Menschen in unserem Land zu finden. Es macht diese Koalition aus, dass wir Unterschiede nutzen, um einen Unterschied für die Menschen zu machen. Dazu gehört auch mal ein Umweg. Dann heißt es für uns aber: Wir handeln. Und wir behalten unser Ziel klar im Blick: Sicherheit, Zuverlässigkeit und verlässliche Rahmenbedingungen für die Vereine, die Organisationen, Verwaltungen, Unternehmen und alle Menschen, die NRW so stark und lebenswert machen. – Danke schön.

(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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