Wibke Brems: „Es ist Irrsinn, dass Investoren überlegen müssen, ob sie ihre neuinstallierten Gaskraftwerke wieder abbauen, während dreckige Kohlemeiler weiter auf Volllast laufen“

Antrag der FDP zu Kohlekraftwerken

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Gabriel aus der vergangenen Woche, Anreize zu schaffen, um Uraltmeiler abzuschalten, waren vieles: Sie waren ein Hoffnungsschimmer für Investoren, sie waren ein Angebot an die Stromkonzerne für weitere Milliardengewinne, sie waren ein kleines Zeichen für die Ernsthaftigkeit Deutschlands, die eigenen Klimaziele zu erreichen, aber eins waren sie ganz bestimmt nicht: ein Anschlag.
Gehen wir einmal davon aus, wir wären noch nicht eine Woche weiter, wir wüssten noch nicht, dass aus den Plänen nicht viel geworden ist, und tun so, als ob die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Gabriel Wirklichkeit geworden wären. Alleine diese Pläne sorgten – das heißt, die Umsetzung wäre noch weiter gegangen – schon bei Investoren von hocheffizienten, modernen, flexibel regelbaren Gaskraftwerken für einen Hoffnungsschimmer. Diese Anlagen, die für die Ergänzung der erneuerbaren Energien technisch in den nächsten Jahren immer wichtiger werden, drohen schließlich aktuell eingemottet zu werden. Es ist doch absoluter Irrsinn, dass Investoren wie Statkraft in Hürth-Knappsack überlegen müssen, ob sie ihre neuinstallierten Gaskraftwerke wieder abbauen, während dreckige, schmutzige Kohlemeiler immer weiter auf Volllast laufen, die schon im Betrieb waren, als die deutsche Nationalmannschaft mit nur einem Stern auf der Brust spielte und der Verkaufsschlager von VW noch Käfer hieß.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wären die Verlautbarungen von Gabriel Wirklichkeit geworden, und die ältesten Kohlemeiler müssten jetzt nach und nach abgeschaltet werden, hätten die Stromkonzerne die Möglichkeit bekommen, in den darauffolgenden Jahren höhere Gewinne zu machen – und das sogar in Milliardenhöhe.
Was auf den ersten Blick paradox erscheinen mag, ist ganz einfach zu erklären. Aktuell gibt es ein Überangebot. Da stimmen einfach die Aussagen, die Sie, Herr Kufen, hier machen, absolut nicht. Denn wenn wir dieses Überangebot reduzieren würden, würden sich die Börsenpreise stabilisieren. Und insgesamt würde es für Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem Ausgleich der Effekte kommen, denn die EEG-Umlage würde gleichzeitig sinken.
Dass Sie diese Tatsachen bei den Anträgen einfach verschweigen, zeugt – so finde ich – von energiepolitischer Ignoranz.
(Widerspruch von Thomas Kufen [CDU])
Hätte Gabriel auch nach seinem Spitzengespräch mit den Stromkonzernen an seinen Äußerungen festgehalten, wäre das ein erstes, gutes Zeichen an die Weltgemeinschaft nach Lima zur aktuellen Klimakonferenz gewesen, mit dem die Ernsthaftigkeit Deutschlands zur Einhaltung der Kyoto-Ziele deutlich geworden wären.
(Beifall von den GRÜNEN)
Was ist aber aus seinen Ankündigungen geworden? – Das, was wir uns gestern sowohl von der Bundesumweltministerin als auch vom Bundeswirtschaftsminister zur Vorstellung von NAPE, dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz, angehört haben, ist meiner Meinung nach eher so etwas wie ein niedrig ambitioniertes Planspiel Energieeffizienz. Deutschland wird das Ziel, 40 % der Treibhausgasemissionen bis 2020 einzusparen, ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreichen. Der Meinung sind sogar die beiden Minister.
Die Konsequenz ist aber, ehrlich gesagt, in dem NAPE nur heiße Luft, und die hat beim Klimaschutz leider noch niemandem geholfen. Konkrete Maßnahmen, beispielsweise mehr Investitionen in Energieeffizienz im Gebäudesektor: Fehlanzeige. Stattdessen gibt es leider nur Ankündigungen und Prüfaufträge. Traurig ist daran, dass klar ist, dass die GroKo leider verspielt, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen.
Auch von Ihnen, Herr Brockes, habe ich leider hierzu nur wenig gehört. Und dass Sie auch in Ihrer Rede immer dieses Argument des Klimaschutzes nur als Argument gegen die Landesregierung benutzen, zeigt, dass Ihnen der Schutz des Klimas, unseres Klimas, vollkommen gleichgültig ist.
(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Nicht richtig zugehört!)
Sehr geehrte Damen und Herren, zu guter Letzt möchte ich noch auf die Frage der Arbeitsplätze eingehen und Ihnen einen Vergleich vorstellen. In den vergangen zwei Jahren gab es in Deutschland alleine in der Solarbranche einen Rückgang um 56.000 Arbeitsplätze, das ist ein Rückgang um 46 %. In Nordrhein-Westfalen sind innerhalb eines Jahres 5.000 Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien verloren gegangen. Das hat nicht aufgehört, es geht immer weiter. Ganz aktuell eine Meldung von vorgestern: Deutschlands Marktführer für Wechselrichter für Solaranlagen, die Firma SMA aus Kassel, wird 600 Arbeitsplätze abbauen, da das Geschäft eingebrochen ist.
Ich frage Sie, liebe FDP, als angebliche Wirtschaftspartei: Wo ist da Ihre Empörung? Wo ist da der Aufschrei der Gewerkschaften? Wo ist das Engagement vom Bundeswirtschaftsminister für den Erhalt dieser Arbeitsplätze? Das einseitige Einstehen für fossile Energien und der Arbeitsplätze in diesem Bereich ist einfach verlogen!
(Beifall von den PIRATEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen endlich mehr Wirtschaftspolitiker, die sich auch für neue Branchen einsetzen, und die erkennen, dass Investitionen in Klimaschutz eine Bereicherung und keine Belastung sind, und wir brauchen endlich einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz