Wibke Brems: „Es ist auch an dieser Stelle Zeit für ein objektives Verfahren, damit schneller Rechtssicherheit für Kommunen und kommunale Unternehmen besteht.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu Konzessionsverträgen von Strom und Gas

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir es auf dem Feld der Energiepolitik einmal nicht mit einem technisch komplexen, sondern mit einem juristisch komplexen Sachverhalt zu tun: Die Vergabe von Konzessionsverträgen für Strom und Gas stellt Kommunen häufig vor eine große Herausforderung. Mein Vorredner, Herr van den Berg, hat das eben schon ausgeführt. Gleichzeitig ist das Thema von immenser Bedeutung für die Kommunen. Darüber hinaus ist es meist mit dem Ziel einer Umsetzung einer Energiewende vor Ort verbunden. Denn ein Netz hängt zwar nicht direkt damit zusammen, dass die Energiewende vor Ort gelingt; sie ist aber häufig Startpunkt für Stadtwerke mit einer eigenen Erneuerbaren-Energien-Versorgung.
Auf den ersten Blick erscheinen die Rahmenbedingungen für die Konzessionsvergabe gesetzlich geregelt. Die Praxis der letzten Jahre zeigt jedoch, dass die aktuellen Regelungen nicht ausreichen. Im Gegensatz zur schwarz-gelben Vorgängerlandesregierung, die als Entschuldigung für ihr Nichtstun bei diesem Thema in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegen Becker und Priggen den Respekt der Autonomie kommunaler Entscheidungsprozesse anführt, meinen wir, dass trotz dieses Respekts politisches Handeln erforderlich und möglich ist.
Wir haben drei Aspekte herausgearbeitet:
Zunächst einmal die Datenherausgabe! Es existieren zwar gesetzliche Regelungen, dass eine Herausgabepflicht der Netzdaten besteht; allerdings gibt es keinerlei Regelung über den Umfang und die Details. Diese Informationen sind für Bewerber um die Konzessionen ganz essenziell. Nur so können sie natürlich ein Angebot abgeben, das ihnen einerseits überhaupt erst Chancen auf zukünftige Gewinne ermöglicht, andererseits nicht zu niedrig liegt, um die Konzession zu erhalten. Einige Altkonzessionäre geben jedoch die Daten nur unvollständig heraus.
Man überlege sich einmal, wie das im Alltag wäre: Ein Käufer darf beim Händler einen Gebrauchtwagen nur von ganz weitem kurz anschauen, muss dann aber ein Gebot abgeben, ohne auch nur einen einzigen Blick unter die Motorhaube werfen zu können. Dass dabei dann kein adäquates Angebot oder kein angemessener Vertrag herauskommt, ist, finde ich, vollkommen klar.
Das heißt, wir sehen hier ein absolutes Ungleichgewicht. Im Fall der Konzession kann es dann eben dazu kommen, dass der Altkonzessionär wieder mit dabei ist. Das, finden wir, müsste dringend geändert werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der zweite Aspekt ist die Vergütung der Altkonzessionäre. Bei nahezu jeder Neukonzessionsübernahme kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen darüber, welcher Preis an den bisherigen Konzessionär zu bezahlen ist.
Dass es bei Preisverhandlungen zunächst zu Auseinandersetzungen zwischen Käufer und Verkäufer kommt, das liegt in der Natur der Sache. Häufig sind jedoch gerade die Forderungen des Altkonzessionärs überzogen hoch. Auch hier zeigt ein Blick ins Gesetzbuch zunächst, dass ein wirtschaftlich angemessener Preis zu erzielen ist. Doch wie genau dieser Preis zu ermitteln ist, darüber entscheiden letztendlich häufig Gerichte.
Es ist auch an dieser Stelle Zeit für ein objektives Verfahren, damit schneller Rechtssicherheit für Kommunen und kommunale Unternehmen besteht und nicht jahrelanges Warten auf Gerichtsentscheidungen gerade die neu gegründeten kommunalen Unternehmen belastet.
(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)
Gerade in diesen Fällen, bei denen ein jahrelanger Rechtsstreit anhängig ist, besteht das dritte Handlungsfeld, das wir in unserem Antrag beschreiben. Auch in Übergangszeiten zwischen Alt- und Neukonzessionär sollte sichergestellt werden, dass die betreffende Gemeinde hinterher nicht unter Gerichtsverfahren zu leiden hat, sondern die vertraglich vereinbarte Konzessionsabgabe auch wirklich erhält.
All diese Aspekte sollten in einer Bundesratsinitiative aufgegriffen werden. Wir sollten es in den Ausschüssen gemeinsam diskutieren. Ich freue mich auf diesen Austausch. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)