Wibke Brems: „Eine ganze Branche im Würgegriff“

Antrag von CDU und FDP zu Windenergie

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Wir hören, dass jetzt ein anderer Wind wehen soll. – Mich beunruhigt das, und zwar nicht nur, weil wir anderer Meinung sind – das gehört zur Politik dazu –, sondern auch, weil auf Gedeih und Verderb eine Kehrtwende vollzogen werden soll, nur um der Kehrtwende willen.
Werte Kollegen von CDU und FDP, Sie schieben Akzeptanz als Argument vor und wollen angeblich einen Ausgleich der Interessen. Wenn man sich jedoch Ihren Antrag durchliest, erkennt man: Ausgeglichen sind Ihre Forderungen wahrlich nicht. Weder haben Bürgerinnen und Bürger etwas davon, noch Unternehmen oder Kommunen; auch nicht der Wald oder die Umwelt und erst recht nicht der Klimaschutz.
(Beifall von den GRÜNEN)
Eben sprach Ministerpräsident Laschet davon, dass Sie auch den Übergang ins Zeitalter der regenerativen Energien gestalten wollen. Das hört sich erst einmal gut an. Auch Herr Untrieser ging in diese Richtung. Aber, ehrlich gesagt, fühlt es sich für mich an, als wollten Sie die Geschwindigkeit auf Schneckentempo abbremsen. Ich glaube fast, Sie wollen das Zeitalter der Erneuerbaren gar nicht mehr selbst erleben. Ich aber schon! Die Wetterextreme der letzten Zeit zeigen, dass man nicht mehr nur reden kann, sondern wirklich handeln muss. Was Sie hier tun, ist schlicht kontraproduktiv.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie beschwören mit Ihren Äußerungen die Bürgerproteste geradezu herauf und befeuern sie auch noch, nur damit Sie Argumente für Ihren Feldzug gegen die Windenergie finden. Mit Ihrer Ideologie halten Sie eine ganze Branche im Würgegriff. Ich finde es traurig, dass einem Wirtschaftsminister die Interessen einer Branche mit 20.000 Arbeitsplätzen egal zu sein scheinen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Als es vor ein paar Jahren im Bund um die Kohleabgabe ging und zur Diskussion stand, wie man in den nächsten Jahrzehnten vorgehen wollte, wurde der Bundeswirtschaftsminister nachts aus dem Bett geklingelt. Da ging es nicht darum, das Ganze von heute auf morgen umzusetzen, sondern da ging es um eine langfristige Perspektive für 8.900 Arbeitsplätze im Braunkohlebereich. Diesen Bereich wird es früher oder später – das haben wir eben gehört – sowieso nicht mehr geben.
Bei der Windenergiebranche hingegen haben wir es mit einer zukunftsfähigen Branche zu tun. Überall auf der Welt boomt das Geschäft, nur aus Berlin kommen Deckelungen und Ausschreibungen, die es schwer genug für NRW machen. Herr Untrieser, es wäre gut gewesen, nicht nur über aktuelle Genehmigungen zu reden, sondern auch darüber, dass bei der letzten Ausschreibungsrunde im August dieses Jahres kein einziger Zuschlag nach Nordrhein-Westfalen gegangen ist – und das, obwohl die meisten Gebote von hier kamen. Wo ist da Ihr Einsatz, Herr Wirtschaftsminister Pinkwart?
(Beifall von den GRÜNEN)
Anstatt dass die angeblich so wirtschaftsfreundliche schwarz-gelb Koalition sich beunruhigt darüber zeigen, wollen Sie der Branche noch etwas mitgeben.
Dabei muss man sagen: Der Windenergieerlass ist noch lange nicht das Schlimmste. Ihre Forderung nach der Abschaffung der baurechtlichen Privilegierung von Windenergie schlägt dem Fass den Boden aus. Es ist an Scheinheiligkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten, wenn Sie behaupten, es gebe eine Verpflichtung zur Ausweisung von Windvorrangzonen, und Sie würden jetzt die Kommunen stärken. Genau das Gegenteil ist der Fall! Mit der Abschaffung der baurechtlichen Privilegierung würden den Kommunen Steine in den Weg gelegt, die noch größer sind als der Kahle Asten.
Eines haben Sie jedoch geschafft: Es ist klar, was der Windenergiewende droht, wenn nach der Bundestagswahl auch im Bund Schwarz-Gelb regieren sollte. Die systematische Zerstörung der Energiewende wäre die Folge – und dagegen werden wir uns wehren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Daneben gibt es noch einen traurigen politischen Aspekt. Dass Ihnen der Klimaschutz nicht mehr wert ist als ein paar Lippenbekenntnisse, ist nichts Neues. Aber dass Sie, werte Kollegen von der CDU, sich von der FDP derart treiben lassen und dass Sie bei deren Feldzug so bereitwillig mitmarschieren, finde ich schon erstaunlich.
Ich kann mich noch an ganz andere Töne erinnern, lieber Herr Hovenjürgen. Es ist schön, dass Sie sich hierhinsetzen und das aushalten.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ich freue mich, dass Sie wieder da sind!)
Ich habe nämlich auch ganz andere Dinge von Ihnen gehört. 2015 haben Sie noch kritisiert, dass der Ausbau hierzulande auf einem niedrigen Niveau dümpele. Ihnen ging das alles nicht schnell genug, was wir gemacht haben. Sie haben immer gewarnt, dass Unsicherheit drohe. Genau das machen Sie aber jetzt: Sie verunsichern die Kommunen; Sie verunsichern die Investoren. Diesen Sinneswandel kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Ich hoffe, Sie können morgens noch mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir diskutieren gerne weiter mit Ihnen über diesen Antrag, aber dass Sie damit und mit dem Entwurf des Windenergieerlasses die Unsicherheit schüren und wissentlich Arbeitsplätze aufs Spiel setzen, kann ich nicht akzeptieren. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kleinen Planungsbüros, den mittelständischen Maschinenbauunternehmen und Industriebetrieben ist das Ganze nämlich kein Spiel, sondern bittere Realität.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!
Wibke Brems (GRÜNE): Daher rufe ich vor allem die Kollegen der CDU, die vor nicht allzu langer Zeit noch ganz andere Töne angestimmt haben, auf: Machen Sie dieses Spiel der FDP nicht länger mit! Wir brauchen eine verantwortungsbewusste Politik, die weder Arbeitsplätze noch den Klimaschutz gefährdet. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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