Wibke Brems: „Ein Deckel für erneuerbare Energien sichert Marktanteile gerade für Kohlekraftwerke und hilft deswegen natürlich nicht dem Klima.“

Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP zum Erneuerbaren Energien Gesetz

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Liebe Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, als ich diesen Antrag für die Aktuelle Stunde gesehen habe, da habe ich mich kurz gefragt: Wenn die FDP doch gegen das EEG ist, warum hat sie dann in der letzten Woche im Bundestag nicht dagegen gestimmt? Dann ist es mir wieder eingefallen. Deshalb ist der Anlass dieser Debatte natürlich wieder klar. Sie sind ja gar nicht mehr im Bundestag und müssen daher die parlamentarische Debatte auf das nächstgrößte Parlament verlagern. Gut, erneut und immer wieder. Dann tun wir das an dieser Stelle.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
– Herr Brockes, bleiben Sie erst einmal ganz ruhig. An einer Stelle muss ich Ihnen zustimmen: Das Eiltempo, mit dem das EEG durch den Bundestag gepeitscht wurde, hat leider zu einer Schlampigkeit geführt. Ich finde es, ehrlich gesagt, peinlich, dass innerhalb weniger Tage erste Korrekturen notwendig sind. Das zeigt nicht gerade, dass hier ordentlich und sauber gearbeitet wurde.
Damit hören dann schon die Gemeinsamkeiten auf. Denn ich finde, die FDP ist auch bei diesem Thema auf einem Auge blind. Sie sprechen von Investitionssicherheit und Arbeitsplatzsicherheit – ja, richtig. Aber für Sie sind das nur Investitionen und Arbeitsplätze in der konventionellen Energiewirtschaft. Ihnen scheinen beispielsweise 26.000 Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien in Nordrhein-Westfalen vollkommen egal zu sein.
(Beifall von den PIRATEN)
Zur Investitionssicherheit gehören für uns Grüne eben nicht nur wie bei der FDP eine Branche, sondern auch Investitionssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, für Genossenschaften und auch für die Branche der erneuerbaren Energien.
Die erneuerbaren Energien haben in der heutigen Debatte, finde ich, bisher eine viel zu kleine Rolle gespielt. Herr Kufen, Sie haben eben Kritik daran geübt, das EEG hätte bisher dem Klima nicht geholfen. Dann sagen Sie im nächsten Satz direkt: Der Deckel der erneuerbaren Energien ist richtig – Sie haben es Ausbaupfad genannt. Genau das ist das Problem. Ein Deckel für erneuerbare Energien sichert Marktanteile gerade für Kohlekraftwerke und hilft deswegen natürlich nicht dem Klima. Deswegen ist diese Stelle auch deutlich zu kritisieren.
Wenn Sie dann auf der anderen Seite kritisieren, dass das EEG dem Klima nicht geholfen habe, dann haben Sie da einfach zwei Sachen vollkommen durcheinander gebracht. Sie kritisieren hier Sachverhalte an komischer Stelle.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich finde, dass bei dem jetzigen Erneuerbaren-Energien-Gesetz an vielen Stellen die Investitionssicherheit zu kurz kommt. Und weil die erneuerbaren Energien bisher eine so geringe Rolle in der Debatte gespielt haben, möchte ich hier einige Beispiele bringen.
Ganz genau hingeschaut, wird nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz jetzt der Einspeisevorrang faktisch ausgehebelt. Es ist noch eine Formulierung darin, bei der wir nicht genau wissen: Was wird das für Auswirkungen in den nächsten Jahren auf den Markt haben? Denn Erneuerbare-Energien-Anlagen sollen dann keine Vergütung mehr bekommen, wenn über sechs Stunden negative Preise herrschen. Klingt vielleicht auf den ersten Blick logisch, aber, ehrlich gesagt, ist das für mich nicht nachvollziehbar.
Denn eigentlich sind an negativen Börsenpreisen beim Strom Kraftwerke Schuld, die nicht regelbar sind, die kaum regelbar sind, die nicht auf die erneuerbaren Energien, auf die Vorhersagen, die wir dazu haben, reagieren, wann die Sonne scheint, wann der Wind weht.
Dann haben wir zu viel Überkapazität im Netz. Das große Problem besteht also darin, dass die großen Kraftwerke – gerade die Braunkohlekraftwerke und die Atomkraftwerke – nicht regelbar sind. Das sorgt für negative Preise. Dass dafür dann die Betreiber der Erneuerbare-Energien-Anlagen bestraft werden, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist eine faktische Aushebelung des Einspeisevorrangs, der überhaupt erst die erneuerbaren Energien in Deutschland groß gemacht hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben hier schon viel über das Thema „Eigenstrom“ gehört. Ich möchte an dieser Stelle noch ergänzen: Auch hier gibt es ein Problem für die erneuerbaren Energien und ganz speziell für den Solarstrom. Solaranlagenbetreiber sind auch von der Regelung betroffen, in Zukunft nicht mehr von der Zahlung der EEG-Umlage befreit zu sein. Die ganz kleinen Häuslebauer sind davon befreit. Wo aber hat in den letzten Jahren eine große Entwicklung im Photovoltaikbereich stattgefunden? Bei Landwirten und bei Supermärkten. All diese sind jetzt auf einmal nicht mehr befreit. Das ist auch an dieser Stelle ein Aspekt der Investitionssicherheit. Auch da ist die Frage zu stellen: Wie geht es da ab 2017 weiter? Dazu ist meine Bitte, nicht nur auf die konventionelle Energietechnik zu schauen, sondern eben auch die Erneuerbaren im Blick zu haben.
Zu guter Letzt komme ich zum Thema der Ausschreibungsverfahren. Hierauf ist Herr Kufen eben schon eingegangen und hat gesagt, dass wir mehr Wettbewerb bekommen. Jetzt ist aber die Frage: Wie soll das Ganze funktionieren? Es steht im Gesetz, dass es ein Pilotprojekt geben soll. Damit könnte ich mich noch einverstanden erklären. Man weiß nicht, wie das Pilotprojekt ausgehen wird. Weiter wird nicht gesagt, dass es eine unabhängige Auswertung geben soll. Trotzdem soll es laut Gesetz auf jeden Fall eingeführt werden. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.
Bisher gibt es in allen Ländern, in denen solche Ausschreibungsverfahren eingeführt wurden, eben nicht günstigere Preise für erneuerbare Energien. All das, was damit erreicht werden soll, wurde bisher in keinem anderen Land erreicht. Wie wir das hinkriegen sollen, ist also vollkommen unklar. Die nächste Zeit wird das zeigen.
Ich finde, an der Stelle besteht das Problem darin, dass es eine erhebliche Unsicherheit für Bürgerprojekte gibt; denn gerade kleine Projekte bzw. kleine Stadtwerke werden mit diesem Verfahren vollkommen überfordert sein, wenn man es nicht sehr, sehr einfach gestaltet.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es stehen noch viele Aufgaben im Hinblick auf den erfolgreichen Ausbau der erneuerbaren Energien an. Wir müssen ein irgendwie verändertes Marktdesign haben. Herr Kufen hat eben gesagt, dass wir das endlich brauchen. Wir Grüne sagen das schon seit einiger Zeit. Vermutlich haben wir unterschiedliche Auffassungen, wie genau das aussehen soll. Dass aber nun endlich auch andere bereit sind, darüber zu reden, zeigt, dass wir da immer auf der richtigen Fährte gewesen sind.
Liebe Damen und Herren, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ich wünsche Ihnen, liebe FDP, dass Ihre Blindheit auf dem Erneuerbare-Energien-Auge langsam geheilt werden kann. Vielleicht gelingt das ja über die Sommerpause. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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