Wibke Brems: „Die Rahmenbedingungen haben sich gravierend verändert“

Aktuelle Stunde der FDP zur Zukunft der Braunkohle

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer gedacht hat, von dem neuen energiepolitischen Sprecher der CDU, Herrn Hovenjürgen, würden wir jetzt hören, was genau die CDU hier will, ist leider enttäuscht worden. Wir haben sehr viel Unkonkretes, sehr viel Geschwurbel gehört.
Leider hat er schon wieder den Saal verlassen. Ich hätte gerne mit ihm die Auseinandersetzung gesucht, wie es denn wäre, wenn ihm angekündigt würde, dass sein Ort abgebaggert wird, dass er seinen wunderschönen Hof verlassen muss und dass seine Kinder dort nicht mehr leben können. Er wäre sicherlich ganz schnell unter der Decke. Aber so haben wir nur eine ganz ruhige, sachliche, eher geschwurbelte Rede gehört und nichts Konkretes. Ich finde das schon sehr schwierig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Insgesamt stellen der Vorredner der CDU und die Kollegen der FDP hier Fragen über Fragen. Anstatt immer nur diese Fragen zu stellen, sollten Sie doch ganz ehrlich, klipp und klar sagen, was Sie eigentlich wollen. Die FDP will, dass Holzweiler abgebaggert wird. Sie wollen, dass auch diese 1.400 Menschen noch ihre Heimat aufgeben müssen. Sie wollen die Braunkohle vernichten. Denn – ganz ehrlich gesagt – was ist es denn anderes, wenn man Braunkohle verbrennt? Das ist eine Vernichtung der Braunkohle.
Wir Grüne haben, anders als Herr Brockes es eben gesagt hat, nicht das Ziel, die Braunkohle zunichtezumachen. Wir wollen, dass Nordrhein-Westfalen seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Wir setzen uns für eine Zukunft mit erneuerbaren Energien ein – und damit auch für den Erhalt der Braunkohle unter der Erde.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie, liebe FDP, wollen also, dass 1.400 Menschen ihre Heimat verlassen müssen, obwohl die energiepolitischen Rahmenbedingungen sich gravierend verändert haben. Ich finde das einen absoluten Irrsinn. Sie stellen sich hierhin und behaupten, dass es keine energiepolitische Notwendigkeit für diese Leitentscheidung gibt. Das haben wir eben von Herrn Brockes gehört. Wenn ich das höre, frage ich mich, mit welchen Scheuklappen Sie durch die Welt laufen.
Schauen wir es uns noch einmal an: 1995 hatten wir einen Anteil von erneuerbaren Energien von 2 % am Stromverbrauch. Heute haben wir einen Anteil von 30 %. Was ist das denn anderes als eine gravierende Veränderung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen?
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
Man kann natürlich den Entscheidern von 1995 überhaupt nicht den Vorwurf machen, dass sie diese Entwicklung nicht vorhergesehen haben; denn dieser Erfolg der erneuerbaren Energien war nun wahrlich nicht in dem Maße absehbar. Das muss man ganz klar sagen. Aber auch damals hat man schon gewusst und gesagt – schließlich überblickt man sehr lange Zeiträume –, dass man die entsprechenden Voraussetzungen auch immer wieder überprüfen muss. Genau das machen wir.
Herr Bombis, es geht genau darum, nach gesetzlichen Vorgaben diese Rahmenbedingungen zu überprüfen. Diese haben sich nun einmal gravierend verändert.
Ihnen kann ich daher den Vorwurf machen, dass Sie diese Entwicklung schlicht und einfach ignorieren und ideologisch getrieben an einem Energieträger festhalten, dessen Zeit nun einmal abläuft.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, der Abschied von der Braunkohle hat begonnen. Unserer Meinung nach ist mit 3. Leitentscheidung der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung geschafft.
Nun sollten wir alle gemeinsam nicht immer wieder längst geschlagene Schlachten aufleben lassen. Sie versuchen das an dieser Stelle immer wieder. Klar ist aber auch: Ein Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bedeutet nun wahrlich keinen Strukturbruch. Es ist vielmehr dringend notwendig, dass wir den Strukturwandel gemeinsam mit allen politischen Kräften im Sinne der Regionen jetzt anpacken.
Wenn man immer nur an dem festhält, was einen groß gemacht hat, und sagt, dass es einen auch groß hält, ist klar – das können wir an vielen unterschiedlichen Stellen in Regionen sehen –, dass das so nicht gelingt. Im Ruhrgebiet ist das zu beobachten. Es gibt Unternehmen wie RWE, die gerade am eigenen Leib ganz schmerzlich erfahren müssen, dass ein Festhalten an einem bestimmten Modell eben nicht auf Dauer trägt.
Deswegen ist es wichtig, sich für die Zukunft aufzustellen und der Region und dem Ort Holzweiler eine Perspektive zu bieten. Ganz klar ist: Die Perspektive der Braunkohle ist endlich. Diese Realität sollte von allen anerkannt werden, damit wir die Herausforderungen der Regionen gemeinsam anpacken können.
Sehr geehrte Damen und Herren, die 3. Leitentscheidung macht auch klar: Die Zukunft gehört den sauberen und bezahlbaren Energien. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)