Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Man muss schon sagen, dass der Antrag der AfD symptomatisch für das ist, was wir hier tagtäglich mit Ihnen erleben. Sie greifen sich einfach eine Studie heraus, die Ihnen in den Kram passt und bauen darauf dann Ihre eigene Parallelwelt auf.
Ich möchte die Zahlen, die wir hier heute gehört haben und die zum Teil auch im Antrag stehen, ein bisschen in die Perspektive rücken.
Ich fange mal beim Thema „Vögel“ an: Wir lesen da, dass es 12.000 getötete Mäusebussarde pro Jahr in Deutschland gibt. An anderer Stelle lesen wir, dass 100.000 pro Jahr durch Windräder getötet werden.
Dazu möchte ich sagen, was es auch für Schätzungen gibt: 18 Millionen Vögel kommen in Deutschland jedes Jahr an Glasscheiben zu Tode. 10 Millionen Vogelopfer gibt es jedes Jahr im Straßenverkehr.
(Zuruf von der AfD)
Zu den Insekten: Wir lesen hier, dass 1.200 Tonnen Insektenbiomasse an Windenergieanlagen sterben. Der Naturschutzbund schätzt aber, dass 400.000 Tonnen pro Jahr allein von Vögeln gefressen werden. – Nur, um das einmal im Größenvergleich zu sehen.
(Zurufe von Rainer Deppe [CDU] und Matthias Goeken [CDU])
Noch eines: Es wird geschätzt, dass jeder von uns jährlich ein halbes bis ein ganzes Kilogramm Insekten auf unterschiedliche Art und Weise aus Versehen zu sich nimmt.
(Heiterkeit von Josef Hovenjürgen [CDU])
Im Schlaf oder gemahlen in Erdbeermarmelade, in Saucen, im Spinat – all das passiert nun mal.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
40.000 bis 80.000 Tonnen Insekten verzehren wir Deutsche also pro Jahr aus Versehen; nur um einen Vergleich aufzustellen. – Und was zieht die sogenannte Alternative aus diesen Zahn für Schlüsse?
(Unruhe – Glocke)
Ein bisschen gespannt bin ich schon, ob es bald auch Anträge zur Erforschung der Auswirkungen der Schlafenden oder der Autos auf die Insektenwelt gibt. Na ja, die Autos sind Ihnen heilig – das werden wir dann wahrscheinlich wohl doch nicht erleben.
Daran sehen wir wieder einmal, dass der AfD wissenschaftliche Erkenntnisse anscheinend am Allerwertesten vorbeigehen. Das kennen wir bereits von der Klimakrise, die Sie nicht für menschenverursacht halten. Wir lassen Ihnen das aber weder bei der Klimakrise noch beim Insektensterben durchgehen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Ich möchte ganz klar feststellen, dass wir Menschen die Verantwortung dafür haben, dass so wenige Tiere wie möglich wegen uns sterben – seien es Vögel oder Insekten. Aber der Fingerzeig auf die Windenergie soll ja nur ablenken von der eigentlichen Ursache des massenhaften Insektensterbens, das wir beobachten.
Diese Ursachen sind – das muss man leider auch mal ernsthaft sagen –unter anderem der massenhafte Einsatz von immer mehr Pestiziden auf unseren Äckern sowie großflächige Verluste von Lebensraum und Nahrung. Immer weniger Fläche steht zur Verfügung, und es gibt auch immer weniger Streuobstwiesen und immer weniger Hecken. Die Intensivierung der Landwirtschaft bedroht nicht nur Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, sondern auch unsere gesamte Artenvielfalt und unsere Vögel und Insekten.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist aber doch genauso falsch, liebe Kollegin! – Helmut Seifen [AfD]: Das haben Sie doch mit zu verantworten!)
Ich möchte damit abschließen, dass wir dieser politischen Parallelwelt und der Pseudowissenschaft der AfD natürlich nicht auf den Leim gehen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Rainer Deppe [CDU])