Wibke Brems: „Die Energiewende ist ohne die Digitalisierung gar nicht denkbar“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Digitalisierung bei der Energiewende

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Energiewende ist ohne die Digitalisierung gar nicht denkbar. Das haben wir eben auch bei den Vorrednern gehört, und so weit sind wir uns sogar einig.
Denn wir haben in der Vergangenheit schon wirklich extreme Veränderungen hinter uns, aber auch noch große Veränderungen vor uns: eine Wende von den wenigen, großen Kraftwerken hin zu vielen kleinen, dezentralen und auch fluktuierenden Erneuerbare-Energien-Anlagen; eine Wende von den Endkunden, die nur Strom verbrauchen, zu den Prosumern, die Strom selbst erzeugen und ihn verkaufen oder selber nutzen oder die auch Strom kaufen.
Um all diese Veränderungen umsetzen zu können, war und ist die Digitalisierung entscheidend. Theoretisch kann eine PV-Anlagenbesitzerin ihrem Nachbarn Strom verkaufen und sich dabei mit der Blockchain-Technologie absichern.
Aber das ist nur reine Theorie. In der Praxis funktioniert es noch nicht, weil wir die regulatorischen Rahmenbedingungen dafür noch nicht haben. Das alles würde unser Energiesystem stärker als bisher auf den Kopf stellen.
Aber es sind auch noch viele Fragen offen, zum Beispiel Verbraucherschutzthemen oder steuerrechtliche Aspekte. Diese offenen Aspekte sind natürlich auch in der Realität zu testen; denn das kann man nicht alles im Labor machen.
Es wäre die Aufgabe dieser Landesregierung, die Rahmenbedingungen für solche Testumgebungen sowie die entsprechenden Möglichkeiten auf Bundesebene zu schaffen, um die regulatorischen Änderungen vornehmen zu können.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr, dass ich dafür sorgen konnte, dass wir alle gemeinsam eine sehr interessante Anhörung hatten. So weit scheinen Sie sich ja mit mir einig zu sein. Wir erleben häufig Anhörungen, und immer wieder gibt es Pro und Kontra. Aber bei dieser Anhörung waren sich die Expertinnen und Experten einig wie nie, dass die in dem Antrag aufgerufenen Fragen die Fragen der Zeit sind und dass die Landesregierung dafür sorgen kann und muss, dass Nordrhein-Westfalen digitales EnergiewendeMusterland wird. Genau das haben alle Expertinnen und Experten Ihnen hier attestiert.
(Beifall von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])
Ich möchte eine Expertin zitieren. Der Blockchain Bundesverband hat in der Anhörung gesagt: Wir rufen die Landesregierung und speziell Innovations- und Energieminister Pinkwart dazu auf, den großen Worten seiner Digitalstrategie konkrete Taten folgen zu lassen. – Dem kann ich mich nur anschließen.
Mit dem Verweis auf genau diese Digitalstrategie wollen jetzt CDU und FDP unseren Antrag ablehnen. Das finde ich schon kurios, wenn man sich einmal anguckt, was auf den eben schon genannten Seiten 53 bis 56 der Digitalstrategie zu Energie steht. Ich finde das, ehrlich gesagt, peinlich.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dort sind keine Antworten – Herr Brockes hat ja eben gesagt, sie würden im Antrag fehlen – zu finden. Dort gibt es erklärende Worte, was Smart Grids und was Prosumer sind, und es sind einige Projekte und Beispiele dargestellt. Ausgeführt wird auch, dass die Landesregie- rung im Rahmen der Ruhrkonferenz Ideen und Konzepte gemeinsam mit allen Akteuren identifizieren, diskutieren und vorantreiben will. Das ist ja wirklich konkret! Eine Antwort ist das nun wahrlich nicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die nächste – in Anführungszeichen – „Antwort“, die Sie geben, ist die Darstellung von Kommunikationsstrategien und Plattformen. Dann wollen Sie – keiner weiß genau, wie; ich vermute, Sie wissen es selber nicht – den Anteil von Start-ups in der Energiewirtschaft erhöhen. Schönes Ziel! Aber wie Sie das machen wollen: keine Ahnung.
All das ist in Ihrer Digitalstrategie von blumigen Sätzen schön umrahmt. Am besten gefällt mir der Satz: Intelligente Netze können den Strom aus erneuerbaren Energien attraktiver machen. – Ein bisschen Rouge, ein bisschen Lippenstift, und schon sind die erneuerbaren Energien attraktiver? Oder wie darf ich mir das vorstellen?
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich finde Ihre Antworten ein bisschen kurios. Innovativ kann man den Energieteil der Digitalstrategie jedenfalls nicht nennen. Wenn Sie so weitermachen, Minister Pinkwart, sollten Sie das Wort „Innovation“ aus dem Titel Ihres Ministeriums streichen. Das wäre ehrlicher.
Ich möchte noch einmal an Sie alle hier appellieren: Lassen Sie diese neue, aber schwache Ausrede, dass das alles viel zu lange gedauert habe, doch außen vor. Dann können wir alle gemeinsam daran arbeiten. Geben Sie sich einen Ruck, und setzen Sie die Digitalisierung, die Sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen, in die Tat um. Machen Sie Pilotprojekte in Nordrhein-Westfalen möglich, indem Sie unserem Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz