Wibke Brems: „Die Doppelmoral, die leider zum Zeichen Ihrer Energiepolitik geworden ist, ist hier wieder zu beobachten“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zum "Solardeckel"

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr schön. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schön, Herr Minister, dass Sie von Ihrer PR-Shoppingtour von der KÖ zurück in den Landtag gefunden haben
(Beifall von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])
und jetzt mit uns diskutieren; denn wir haben hier auch wichtige Sachen miteinander zu besprechen.
Der Umgang mit der Coronakrise zeigt, wie handlungsfähig unsere Demokratie ist. Der Umgang zeigt, in welch geradezu atemberaubendem Tempo sonst langwierige bürokratische Abläufe wie Anträge bewilligt und abgewickelt werden können. Er zeigt eben auch, in welch kurzer Zeit tragfähige Kompromisse auch bei kontroversen Themen erzielt werden können bzw. dass jahrelang aufrechterhaltene rote Linien innerhalb von Tagen widerstandslos geräumt werden. Man denke nur mal an die schwarze Null.
Die Coronakrise darf jedoch, sehr geehrte Damen und Herren, nicht zum Vorwand werden, um wichtige Entscheidungen zu verschleppen, nur weil es einigen politisch in den Kram passt und man hofft, dass es schon niemand merken wird. Zum Glück ist der Klimaschutz in den letzten Tagen dank digitalem Klimastreik und auch Petersberger Dialog wieder in die politische Diskussion geraten.
Aber gleichzeitig droht nun im Konkreten, dass wichtige Vorhaben wie der Kohleausstieg und der Ausbau der erneuerbaren Energien unter die Räder geraten. Ganz konkret ist das bei der Abschaffung des sogenannten Solardeckels so. Durch die Begrenzung der gesetzlichen Förderung bis zu einer deutschlandweit installierten Leistung von 52 GW, die man im Jahr 2012 beschlossen hat, droht in den nächsten Monaten ein weitgehender Förderstopp bei der Photovoltaik. Das bedeutet auch eine Gefährdung von Zehntausenden Arbeitsplätzen in einer wichtigen Zukunftsbranche.
Innerhalb der Bundesregierung herrscht seit letztem Herbst eine Blockade. Sie wird durch Ihre Parteifreunde von der CDU in Berlin verursacht. Gerade in der aktuellen Zeit, in der es enorme wirtschaftliche Schäden gibt, ist es doch noch unverantwortlicher, bisher noch nicht betroffene Branchen so zu verunsichern und so zu gefährden, wie das hier getan wird.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Abgeordneten von CDU und FDP werden gleich bestimmt in ihren Redebeiträgen sagen, dass sie den Solardeckel doch auch abschaffen wollen. Der Minister wird ankündigen, dass er bei der anstehenden Energieministerkonferenz einen Appell absetzen will, nicht nur den Kohleausstieg nicht zu vergessen, sondern auch die Abschaffung des Solardeckels schnellstmöglich in Angriff zu nehmen.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Da haben Sie meine volle Unterstützung. Keine Frage! Aber diese Rhetorik, die Sie hier bringen, reicht eben vorne und hinten einfach nicht aus; denn die Doppelmoral, die leider zum Zeichen Ihrer Energiepolitik geworden ist, ist hier wieder zu beobachten.
Der Hauptgrund dafür, warum das Problem nicht längst – wie von der Bundesregierung und auch von Ihnen versprochen – im letzten Jahr abgeräumt wurde, ist, dass Mindestabstände von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung von Teilen der CDU-Bundestagsfraktion rein taktisch mit der Abschaffung des Solardeckels verknüpft werden.
(Beifall von den GRÜNEN – Marc Herter [SPD]: In Geiselhaft genommen werden!)
Ich möchte wiederholen: Das war rein taktisch. Es gibt überhaupt keine inhaltliche Verknüpfung. Das entbehrt jeder Grundlage.
Noch ungeheuerlicher ist, dass in dieser Woche angekündigt wurde, dass eine Mini-EEG-Novelle vom Bundeswirtschaftsministerium vorbereitet wird. Auch darin ist von der Abschaffung des Solardeckels überhaupt keine Rede. Das ist einfach ein Unding.
Zu guter Letzt freue ich mich sehr, dass sich die SPD unserem Antrag anschließen konnte. Ich verbinde damit aber, ehrlich gesagt, auch die Erwartung, dass die SPD im Bundestag energischer für die Windenergie und für eine schnellstmögliche Abschaffung des Solardeckels kämpft
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
und damit den Fehler der Bundesministerin im Klimakabinett wieder wettmacht.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Denn es hat erst mit der Zustimmung zu einheitlichen Mindestabständen bei der Windenergie angefangen. Erst im Klimapaket 2030 wurde die Grundlage für die aktuelle Blockade gelegt, mit der endlich Schluss sein muss.
Liebe CDU und FDP, wenn Sie Ihren eigenen Appell ernst meinen, dann distanzieren Sie sich von der Forderung nach einheitlichen Mindestabständen für die Windenergie und setzen Sie sich vielmehr für eine Beschleunigung des Windenergiezubaus ein, wie es auch Ihre eigene Energieversorgungsstrategie verlangt. Stimmen Sie unserem Antrag zu und ergreifen Sie endlich wirksame Maßnahmen, die die Erreichung der Ausbauziele für Photovoltaik- und Windenergie sicherstellen können. Ohne das alles bleiben Ihre Forderungen einfach nur scheinheilig.
(Beifall von den GRÜNEN)

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