Wibke Brems: „Das Problem ist schon lange bekannt, und dennoch haben Sie dieses Thema in den letzten fünf Jahren nicht angepackt“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Rheinischen Revier

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eben schon gehört: Das „Rheinische Revier“ steht vor einer enormen Herausforderung. So weit sind wir uns einig.

Ich muss Ihnen aber sagen: Die Herausforderung ist auch deshalb so groß geworden, weil die Debatte um den notwendigen Kohleausstieg in diesem Haus viel zu viele Jahre und auch von vielen Seiten komplett verweigert wurde.

(Stephan Haupt [FDP]: 2016 haben Sie es doch selber!)

Das Problem ist eben, dass man dann hinterher viel weniger Zeit hat, um diesen Wandel auch zu gestalten. Viel zu lang wurde so getan, als ginge es einfach immer so weiter wie bisher und als müsste man sich keine Gedanken darüber machen, was kommt, wenn die Kohle geht. Seit ein paar Jahren ist jetzt nun endlich klar, dass die Zeit auch wirklich drängt, weil der Kohleausstieg früher kommt,

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

als sich das viele Akteure vorgestellt haben und auch als CDU und FDP es je gewollt haben.

In den vergangenen Jahren wurde nun damit begonnen, Konzepte zum Strukturwandel zu erarbeiten.

(Zuruf)

– Rege ich Sie schon wieder auf?

(Daniel Sieveke [CDU]: Ja!)

Ja?

(Zuruf)

– Ach so, gut. Wenn Sie gleich auch etwas sagen wollen, dann können Sie sich ja gern melden. Genau.

(Daniel Sieveke [CDU]: Wir sind das Parlament, ne! Gibt es hier Stilnoten?)

– Okay. – In den letzten, vergangenen Jahren wurde nun begonnen, Konzepte zum Strukturwandel zu erarbeiten.

Das Vorgehen der Landesregierung wird jedoch in der Region kritisiert, und zwar von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bis hin zur Zivilgesellschaft, und zwar weil es zu wenig zielgerichtet auf die konkreten Herausforderungen, beispielsweise den Klimaschutz, aber auch auf das Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Es ist kein klares Kriterium für die entsprechenden Punkte,

(Dr. Ralf Nolten [CDU]: Welche Debatte führen wir jetzt gerade?)

um den Strukturwandel voranzubringen.

Auch die Wiederherstellung der durch die Tagebaue zerstörten Verbindungen und Infrastrukturen ist genau das, wofür es Kriterien geben sollte, die es aber bei den Strukturwandelprojekten nicht gibt. Es ist auch der Versuch der Wiederherstellung zerstörter Natur.

Da sind wir dann beim Kern dieses Antrags. In den vergangenen fünf Jahren haben wir hier viel – insgesamt und allgemein – über das Thema „Flächenverbrauch“ diskutiert. Das lag vor allem daran, dass diese Landesregierung keine Möglichkeit ausgelassen hat, die wertvolle Ressource Boden zu verschwenden, als hätten wir endlos viel davon: die Streichung des 5-ha-Ziels im LEP, der Ausbau der Kiesgewinnung und natürlich der Verzicht darauf, bestehende Biotope wie beispielsweise die Senne zu schützen.

Mit Blick darauf ist der vorliegende Antrag nunmehr ein bisschen irritierend,

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

denn wie bei vielen anderen Themen auch versprach die Landesregierung viel und machte dann wenig. Gegenkonzepte, um den Flächenverbrauch zu stoppen oder zumindest einzugrenzen, sind zwar angekündigt, aber schlussendlich sind diese nicht ernsthaft und vor allem nicht verbindlich auf den Weg gebracht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nun stellen Sie diesen Antrag, in dem es darum geht, im Rheinischen Revier die bestehenden Biotope möglichst flächensparend zu errichten. Aus unserer Sicht sollten sich Biotope aber nicht allein auf die Ausgleichsmaßnahmen beschränken, sondern in die bestehende Umgebung einfügen, denn Artenschutz und Biotop als Lebensraumvermehrung muss überall stattfinden.

(Zuruf von Stephan Haupt [FDP])

Der Antrag suggeriert, dass die ökologische Kompensation flächensparsam umgesetzt wird.

Ich möchte gerne darauf zu sprechen kommen, was Sie, Herr Deppe, hier für ein Bild aufgemacht haben: ein Bild der Seenlandschaft. Das hört sich alles immer sehr, sehr positiv an. Wir hoffen, dass es irgendwann auch so kommen wird. Aber ganz ehrlich: Kaum jemand, der aktuell in diesem Raum sitzt, wird das wirklich noch am eigenen Leib erleben. Deswegen muss man aufpassen, welche Bilder man aufzeigt, denn in den nächsten Jahren und Jahrzehnte wird es sich in der Region anders darstellen.

Es ist schon ein kurioser Ansatz, immer von Flächensparsamkeit beim Thema „Ökologische Kompensation“ zu sprechen; denn vor dem Hintergrund des dramatischen Artenrückgangs und der Bewältigung der Klimakrise kann es nicht darum gehen, möglichst wenig Flächen für die Kompensation zur Verfügung zu stellen.

(Stephan Haupt [FDP]: Das steht da gar nicht drin!)

CDU und FDP sprechen mit ihrem Antrag ein bekanntes Problem an, das sage ich gerne dazu. Der sehr unterschiedliche Umgang mit Kompensationsflächen in den einzelnen Kreisen und das ebenso unterschiedliche Bewertungsverfahren sind eine Tatsache, die es überall gibt, nicht nur im Rheinischen Revier. Das Problem ist schon lange bekannt, und dennoch haben Sie dieses Thema in den letzten fünf Jahren nicht angepackt und keine Verbesserung herbeigeführt.

Leider ignoriert der Antrag – und damit komme ich zum letzten Kritikpunkt – bestehende Konzepte zur Errichtung sogenannter Biotopvernetzung wie beispielsweise das sogenannte Grüne Band am Tagebau Garzweiler. Sie adressieren im Antrag Aufgaben, die die Landesregierung eigentlich ohnehin umsetzen müsste.

Zusammenfassend kann ich sagen: Den Mehrwert dieses Antrags sehen wir hier nicht, und deswegen werden wir uns enthalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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