Stefan Engstfeld: „Eine Erfolgsgeschichte, die wir heute hier zu Recht würdigen“

Der Antrag: „20 Jahre EU-Osterweiterung“

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EU-Osterweiterung ist ein Höhepunkt europäischer Friedenspolitik und ein Meilenstein in der europäischen Einigung. Sie markierte die endgültige Überwindung der historischen Teilung in Ost und West nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.

Sie brachte neue Freiheiten, etwa die Freiheit, zu reisen, und bürgerliche Freiheiten für die Bürgerinnen und Bürger der neuen Mitgliedsstaaten. Sie trug zur Stabilität in den neuen Mitgliedsstaaten bei, die jahrzehntelang unter kommunistischer Zwangsherrschaft standen.

Sie brachte politisch und wirtschaftlich Fortschritt, und sie sorgt für mehr Wohlstand in Europa. Die Wirtschaftskraft in den neuen Mitgliedsstaaten vervielfachte sich, der Wohlstand der Bevölkerung wuchs, und in den alten Mitgliedsstaaten eröffneten sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten; beispielsweise ist Polen heute einer der wichtigsten Handelspartner von Nordrhein-Westfalen.

Nordrhein-Westfalen profitiert natürlich ganz erheblich von den wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb der Europäischen Union. Das belegte jüngst auch die von unternehmer.nrw beauftragte Studie „NRW: Stark durch die EU“ des Instituts der deutschen Wirtschaft konkret mit Zahlen.

Abseits der wirtschaftlichen Aspekte eröffnete die EU-Osterweiterung ganz neue Perspektiven für den Austausch. Dabei denke ich konkret an den EU-Beitritt Polens und die Intensivierung der Zusammenarbeit im Regionalen Weimarer Dreieck.

Die EU-Osterweiterung hat das Leben der Menschen in den neuen und in den alten Mitgliedsstaaten und auch hier in Nordrhein-Westfalen in vielerlei Hinsicht erheblich verbessert. Darum würdigen wir das 20. Jubiläum dieses historischen Ereignisses mit unserem Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Insbesondere mit Blick auf die politische Entwicklung in Ungarn ist zu konstatieren, dass die Europäische Union die Achtung und Umsetzung ihrer fundamentalen Werte – Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Schutz der Menschenrechte – konsequent einfordern muss. Das gilt im Rahmen des Beitrittsprozesses genauso wie danach.

Die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien ist eine unumstößliche Voraussetzung für einen Beitritt zur Europäischen Union. Auch Nordrhein-Westfalen muss auf der Einhaltung dieser europäischen Werte in seinen bilateralen Beziehungen bestehen und das Thema, wo es notwendig ist, regelmäßig auf die Tagesordnung setzen.

Meine Damen und Herren, richten wir den Blick nach vorn. Die EU-Osterweiterung ist eine Erfolgsgeschichte, die es fortzuschreiben gilt. Die Zukunft der Westbalkanstaaten, der Ukraine und Moldaus liegt in der Europäischen Union. Die EU ist ein Versprechen für ein Leben in Freiheit, in Demokratie, in Frieden und in Sicherheit. Wir können als Bundesland ganz konkret bei unserem Partnerland Nordmazedonien und bei der Ukraine ansetzen, dieses Versprechen Wirklichkeit werden zu lassen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Beide Länder sind Beitrittskandidaten, die wir auf ihrem Weg in die EU begleiten werden. Wir müssen natürlich abwarten, wie sich die Dinge nach dem aktuellen Sieg der Rechtsnationalisten in Nordmazedonien entwickeln. Nach Einschätzung von Expert*innen spielt die Enttäuschung der nordmazedonischen Bevölkerung über den schleppenden EU-Integrationsprozess bei dieser jüngst durchgeführten Wahl aber auch eine erhebliche Rolle.

Das unterstreicht aus meiner Sicht, wie wichtig es ist, sich jetzt nicht von unseren Partnern abzuwenden. Ganz im Gegenteil: Wir wollen auf der Landesebene die Gespräche mit den mittel- und osteuropäischen Partnerländern intensivieren. Wir wollen auch die Vernetzung auf der kommunalen Ebene fördern. Denn gerade in herausfordernden Zeiten, in denen der Dialog auf nationaler oder europäischer Ebene schwierig wird, ist die Diplomatie von unten ein wichtiger Brückenbauer.

Viele haben nicht auf die mahnenden Worte der neuen Beitrittsländer in Bezug auf Wladimir Putin und seinen Umgang mit der Ukraine gehört. Das war ein Fehler. Daraus muss die Europäische Union lernen.

Die Erweiterungspolitik ist heute auch eine geostrategische Investition in Frieden, Sicherheit und Demokratie in Europa. Wenn unsere Nachbarschaft sicher und stabil ist, werden wir alle sicherer und stabiler leben. Die Gemeinschaft macht uns stark. Gemeinsam können die EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Union gegen Feinde von außen und gegen Feinde von innen verteidigen.

Vor 20 Jahren hat sich der Mut der Mitgliedsstaaten zur EU-Osterweiterung gegen alle Zweiflerinnen und Zweifler ausgezahlt – eine Erfolgsgeschichte, die wir heute hier zu Recht würdigen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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