Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehrere Autohändler, die sich über Ländergrenzen hinweg zu bandenmäßigem Steuerbetrug zusammengetan haben und dabei den Staat mit über 50 Millionen Euro Umsatzsteuer durch Scheinfirmen und Briefkastenadressen betrügen – dies offenbart ein aktueller Prozess in Düsseldorf gegen vier Männer aus Nordrhein-Westfalen und eine Frau aus Italien. Aufgeklärt wurde das mithilfe der europäischen Staatsanwaltschaft.
Was hat das Ganze mit dem vorliegenden Antrag zu tun? Es zeigt ganz einfach: Steuerkriminalität kennt keine Ländergrenzen, und die Zusammenarbeit mit der europäischen Staatsanwaltschaft für Steuerbehörden ist auch in Nordrhein-Westfalen höchst relevant. Hier lohnt sich ein weiterer Ausbau, denn das ist leider kein Einzelfall.
Es ist nicht hinzunehmen, dass Deutschland durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ein jährlicher Schaden von geschätzt 100 Milliarden Euro entsteht. Die aktuelle Haushaltslage im Bund und in den Ländern zeigt auch ein Stück weit die Absurdität. Auf der einen Seite sind schmerzhafte Kürzungen in wichtigen sozialen Bereichen notwendig und zugleich wissen wir um fehlende Steuereinnahmen aus Steuerhinterziehung und Steuerbetrug im ganz großen Stil.
Genau aus dem Grund ist auch richtig, dass Nordrhein-Westfalen eine Führungsrolle im Kampf gegen Finanzkriminalität hat und diese auch weiter ausbaut. Es ist notwendig, zum 01.01.2025 mit dem Behördenaufbau des LBF einen weiteren Schritt zu gehen und dabei die zehn bestehenden Steuerstrafämter in diese Struktur zu integrieren.
Das zeigt, dass die Struktur regional verankert und in der Fläche präsent ist; die großen Fälle werden zentral in Düsseldorf bearbeitet. Da, wo es konkrete Hemmnisse in internationaler Zusammenarbeit gibt, müssen diese auch abgebaut werden. Die Verfolgung von Steuerbetrug darf nicht an bürokratischen Hemmnissen, darf nicht an der Bürokratie in Deutschland scheitern. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land schuldig.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Die Finanzkriminalität wird nicht nur globaler, sondern sie wird auch digitaler. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass das neue LBF ein eigenes IT-Kompetenzzentrum aufbaut. Es ist wichtig, dass zum Beispiel auch durch die Nutzung von KI-Tools möglichst effizient gearbeitet werden kann, zum einen zur Planung des Einsatzes und zum anderen zur Durchführung. Dabei sind Mitarbeitende und Expertinnen auch einzubeziehen.
In der Praxis der Steuerfahndung können wir auf Landesebene viel bewegen, aber die einschlägigen Gesetze müssen auf Bundesebene überarbeitet werden, und da – das muss man auch sagen – tut die Ampel auch einiges.
Derzeit wird das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz auf Bundesebene verhandelt und das – das ist auch ein sehr schönes Wort – Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz findet sich dort in der Mache. Noch schöner wäre es, wenn die FDP ihren parteiinternen Streit zwischen Herrn Buschmann und Herrn Lindner lösen würde, sodass wir auch an dieser Stelle weiterkommen können.
(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)
Deutschland braucht effektive Gesetze, damit der Staat illegal erworbenes Vermögen einziehen und der Gemeinschaft zugutekommen lassen kann. Wichtig ist, dass sich Nordrhein-Westfalen mit großem Praxiswissen aus der Steuerfahndung einbringen lassen kann und dabei auch notwendige Änderungen vorschlägt.
Der aktuelle Ermittlungserfolg in Nordrhein-Westfalen darf kein Einzelfall sein, so wie diese Finanzkriminalitätsdelikte eben auch keine Einzelfälle sind.
Als Koalition ist es uns sehr wichtig, die Hürden dafür abzubauen, wo immer das möglich ist. Organisierter Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein dreister Griff in den Geldbeutel von Millionen von ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Dagegen entschlossen vorzugehen, ist unsere verdammte Aufgabe als Politik und als Staat. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)