Simon Rock: „So schnell kann es also gehen: von einem sinnvollen Ansatz zur FDP-Klientelpolitik in nur zwei Sätzen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Unternehmensbesteuerung

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim Lesen Ihres Antrags, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, war ich kurz positiv überrascht. Sie wollen Steuerdumping verhindern, lese ich dort auf der zweiten Seite. Da sind wir zweifellos bei Ihnen.

Doch schon im nächsten Satz ist die bekannte FDP-Rhetorik zurück: Sie wollen Steuern senken.

(Ralf Witzel [FDP]: Ja, klar!)

Im übernächsten Satz lese ich dann auch für wen. Sie fordern den vollständigen Wegfall des Solidaritätszuschlags. Nur um das einmal festzuhalten: Für die meisten Menschen in Deutschland ist der Solidaritätszuschlag bereits abgeschafft.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Nur die Bestverdienenden zahlen ihn immer noch. So schnell kann es also gehen: von einem sinnvollen Ansatz zur FDP-Klientelpolitik in nur zwei Sätzen.

(Beifall von den GRÜNEN – Fortgesetzt Zurufe von Ralf Witzel [FDP] – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Hör mal zu!)

Ich finde das ausgesprochen schade, denn über Steuerdumping hätte ich sehr gerne mit Ihnen diskutiert.

FDP-Initiativen mit der Intention von Steuersenkungen für Besserverdiener haben in diesem Haus eine gewisse Tradition: Im Juni war es die Grundsteuer, im September der Abbau der kalten Progression, im Dezember waren höhere Erbschaftssteuerfreibeträge an der Reihe. Jetzt ist es die ersatzlose Streichung des Solidaritätszuschlags und die faktische Abschaffung der Gewerbesteuer. Ich bin wirklich gespannt, was als nächstes kommt.

Bleiben wir bei Ihrem heutigen Antrag.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Sie sprechen sich zum einen für eine bürokratiearme Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung aus. Das ist zweifellos ein sinnvolles Ziel. Ich weiß aber nicht, ob wir dafür unbedingt eine Bundesratsinitiative brauchen. Ich glaube, ein Anruf beim Bundesfinanzminister hätte es auch getan, und ich gehe davon aus, dass Ihnen die Telefonnummer noch zur Hand sein sollte.

Zweitens fordern Sie Steuersenkungen bei der Einkommen- und Körperschaftssteuer und den Wegfall des Solidaritätszuschlags. Da Ihnen bewusst ist, dass Sie damit auch eine Reduzierung der Steuereinnahmen Nordrhein-Westfalens verlangen, fehlt hier allerdings ein Aspekt: Was wollen Sie aus dem Landeshaushalt herausstreichen, um die Verluste zu kompensieren? Ich bin wirklich gespannt auf Ihre Vorschläge.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das wird nichts kommen!)

– Ja, das ist auch meine Befürchtung. So ist auch meine Erfahrung aus den letzten Haushaltberatungen, aber man wird ja immer schlauer.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Ihre dritte Forderung ist die faktische Abschaffung der Gewerbesteuer. Das ist ein eher fragwürdiges Signal an unsere Kommunen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das Gebetbuch der Neoliberalen! – Ralf Witzel [FDP]: Grundkenntnisse!)

Zur Kompensation schlagen Sie unter anderem einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer vor. Doch wenn der kommunale Anteil steigt, sinkt entweder automatisch der Anteil des Bundes oder der Länder. Wessen Einnahmen wollen Sie hier also schwächen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, lieber Herr Witzel, Sie sehen, auch dieser Antrag hinterlässt bei uns viele Fragezeichen. Doch Sie wollen diese Fragen nicht im Ausschuss diskutieren, sondern stellen Ihren Antrag zur direkten Abstimmung. Das finde ich schade, aber aus unserer Sicht ist er deshalb nicht zustimmungsfähig. Wir werden ihn deshalb heute ablehnen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Was sind denn Ihre Antworten? Dazu haben Sie leider nichts gesagt!)