Simon Rock: „Mit diesem Gesetzentwurf gewinnt die öffentliche Verwaltung als Arbeitgeber an Attraktivität“

Zum Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Fachhochschulgesetzes ÖD

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zimkeit, Sie haben das Kunststück fertiggebracht, Ihre komplette Rede darauf zu verwenden, über Verfahrensfragen zu reden, und zum eigentlichen Gesetzentwurf kein einziges inhaltliches Wort zu verlieren.

(Ina Blumenthal [SPD]: Ja, zu Recht! – Stefan Zimkeit [SPD]: Haben Sie denn zugehört? Hören Sie doch mal zu! – Zuruf von Raphael Tigges [CDU])

– Ich weiß nicht, ob es berechtigt ist, in der Plenardebatte nicht zu den Inhalten zu reden. Wenn das Ihre Form von Parlamentarismus ist, dann ist das auch ein Punkt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Ihr Parlamentarismus ist Missachtung des Parlaments! – Zuruf von Ina Blumenthal [SPD])

– Okay. Ja, alles klar.

Vielleicht reden wir tatsächlich einmal darüber, was mit diesem Gesetzentwurf geplant ist. Wir wollen nämlich die Entwicklungsmöglichkeiten im Geschäftsbereich des Finanzministeriums verbessern. Genau das ist das Ziel dieses Gesetzentwurfs.

Wir wollen Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten den Aufstieg in den höheren Dienst, also in die Laufbahngruppe 2, erleichtern. Dafür wollen wir passende Bachelor- und Masterstudiengänge an der Hochschule für Finanzen in Nordrhein-Westfalen anbieten. Mit diesem Gesetz schaffen wir nichts anderes als die gesetzliche und rechtliche Grundlage dafür.

Es ist ein wichtiger Schritt in die Richtung, den öffentlichen Dienst und die Aufstiegsperspektiven attraktiver zu machen. Denn wir haben im Rahmen der schriftlichen Anhörung in der Stellungnahme der Deutschen Steuer-Gewerkschaft gelesen, dass wir im öffentlichen Dienst aktuell einige fähige, leistungsstarke Beamtinnen und Beamte verlieren, weil ihnen die Entwicklungsperspektiven fehlen.

Viele Absolventen der HSF wollen sich weiterqualifizieren, absolvieren ein externes Masterstudium und entscheiden sich mangels Aufstiegs- bzw. Anerkennungsmöglichkeiten innerhalb der Finanzverwaltung für eine berufliche Zukunft außerhalb des öffentlichen Dienstes.

Das sollten wir uns nicht leisten, und das können wir uns auf Dauer auch nicht leisten. Deshalb schaffen wir mit diesem Gesetz neue berufliche Perspektiven. Wir ermöglichen damit auch, innerhalb der Finanzverwaltung einen Abschluss zu erwerben und in die Laufbahn höherer Ämtergruppen einzusteigen.

Da Herr Kollege Zimkeit es angesprochen hat, will ich explizit auch auf den jetzt nicht zur Diskussion und nicht zur Abstimmung stehenden Änderungsantrag eingehen. Sie insinuieren, wir würden groß am Beamtenrecht herumschrauben. Vielleicht hilft die Versachlichung der Debatte ein bisschen, das Ganze einmal einzuordnen.

Die Anpassung des Landesbeamtengesetzes ist zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schlicht notwendig. Es gibt drei einschlägige Gerichtsurteile, die besagen, dass man Auswahlinstrumente wie Assessment-Center nicht einfach mit Verwaltungsvorschriften umsetzen kann, sondern dass sie einer rechtlichen und gesetzlichen Grundlage bedürfen. Genau das war Ziel dieses Änderungsantrags.

Mit anderen Worten: Vorstellungsgespräche, Assessment-Center und Ähnliches darf es nur geben, wenn es gesetzlich geregelt wird. Nichts anderes sollte mit der Einfügung des neuen § 92a Landesbeamtengesetz erreicht werden.

Jedem wird klar sein, dass man Personalpolitik und ‑einstellungen nicht nur per Aktenlage machen kann, also anhand von Notendurchschnitten und Bewerbungsunterlagen, sondern zukünftig auch mit anderen Auswahlinstrumenten, die ohnehin schon seit Jahren in der Praxis eingesetzt werden, arbeiten muss.

An der bisher auf Verwaltungsvorschriften gestützten Praxis ändert sich dadurch nichts. Das werden wir an anderer Stelle auch noch einmal intensiv diskutieren.

So zu tun, als würden wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ganz groß materiell am Beamtenrecht herumschrauben, ist einfach ein bisschen unredlich. Das muss man auch einmal so eindeutig sagen.

Vizepräsident Christof Rasche: Herr Kollege Rock, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Dahm.

Simon Rock (GRÜNE): Bitte.

Christian Dahm (SPD): Herr Kollege, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Jetzt haben Sie umfänglich erklärt, was Sie mit dem beabsichtigen Änderungsantrag eigentlich vorhatten oder welchem Zweck er dienen sollte.

Können Sie uns denn erklären, warum Sie dazu weder eine Ankündigung in der Beratung im zuständigen Fachausschuss letzte Woche noch eine Abstimmung mit den Gewerkschaften, die gesetzlich eigentlich vorgesehen ist, vorgenommen haben?

Vizepräsident Christof Rasche: Bitte sehr.

Simon Rock (GRÜNE): Herr Kollege Dahm, ich sage Ihnen gerne, dass eine gesetzliche Abstimmung dann vorgesehen ist, wenn die Landesregierung einen Gesetzentwurf einbringt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das gebietet der Anstand!)

Wie Sie vielleicht wissen, bin ich nicht Teil der Landesregierung, sondern Teil einer regierungstragenden Fraktion. Diesen kleinen, aber dezenten und wichtigen Hinweis sollte man an der Stelle schon noch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE] und Jan Matzoll [GRÜNE] – Christian Dahm [SPD]: Das Urteil ist aber von Mai dieses Jahres! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Ich komme dann aber noch einmal zum eigentlichen Gesetzentwurf. Die Expertinnen und Experten waren sich im Rahmen der schriftlichen Anhörung einig, dass das ein guter Gesetzentwurf ist. Mit diesem Gesetzentwurf gewinnt die Finanzverwaltung bzw. die öffentliche Verwaltung als Arbeitgeber an Attraktivität. Wir schaffen Rechtssicherheit bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern; das machen wir dann an anderer Stelle. Jedenfalls ist das ein guter Gesetzentwurf. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)