Simon Rock: „Ich finde nicht, dass wir das den Kommunen pauschal verbieten sollten“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu kommunalen Verpackungssteuern

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine erste Rede in diesem Plenum war zu einem FDP-Gesetzentwurf zu einer kommunalen Steuer. Heute halte ich, passend zum 100. Plenartag, die 100. Rede wieder zu einem FDP-Gesetzentwurf zu einer kommunalen Steuer. So schließt sich ein gewisser Kreis.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Dahm [SPD]: Willst du denn aufhören?)

Wir reden heute tatsächlich darüber, ob Kommunen kommunale Verpackungssteuern erheben sollen. Sollen Sie das selbst entscheiden dürfen, oder wollen wir das landesweit verbieten?

Wir sollten zu Beginn erst einmal feststellen, dass Müll in deutschen und nordrhein-westfälischen Innenstädten ein relevantes Problem ist. Die Hälfte des Straßenmülls besteht aus Einwegverpackungen. Dazu kommen noch Verpackungen, die nicht im Müll, sondern in der Natur landen. Die Entsorgung kostet die Kommunen bundesweit über 500 Millionen Euro. Wenn man das auf NRW herunterrechnet, sind das 100 Millionen Euro. Dann stellen wir uns die Frage, ob die Kommunen die Entsorgung dieses Mülls alleine bezahlen sollen.

Haben wir mehrere Lösungsmöglichkeiten, wenn wir sagen, dass wir dagegen etwas tun wollen? Eine Möglichkeit wäre Müllvermeidung und dafür mit mehr Mehrwegverpackungen zu sorgen. Dann wäre das Verpackungsgesetz auf Bundesebene der richtige Ansatzpunkt.

Es gibt dafür in der Tat sogar eine Angebotspflicht, aber das Problem ist, dass sie löchrig wie ein Schweizer Käse ist. Oder haben Sie schon mal jemanden bei McDonald’s oder Burger King gesehen, der einen Mehrwegbecher bestellt hat? Ich zumindest nicht.

(Tim Achtermeyer [GRÜNE]: Markus Söder!)

Das liegt nicht daran, dass ein entsprechendes Angebot fehlt. Das Problem ist einfach, dass es überhaupt keinen Anreiz gibt, auf einen Mehrwegbecher zurückzugreifen. Es gibt weder einen Preisvorteil noch irgendwelche Bonusmöglichkeiten, sondern das ist einfach nur teurer.

Zur Wahrheit gehört auch, dass es keine Möglichkeit gibt, den Becher, den man in dem einem Restaurant gekauft hat, in einem anderen Restaurant wieder zurückzugeben. Wir haben also kein einheitliches Pfand- und Rücknahmesystem. Das ist ein Hauptproblem dieses Verpackungsgesetzes und dafür, dass es nicht funktioniert.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Jetzt könnte man sagen, dass wir dann das Verpackungsgesetz auf der Bundesebene anpacken. Das Problem ist aber, dass sich die FDP unter der Ampelkoalition mit Händen und Füßen gewehrt hat, dieses Verpackungsgesetz anzupacken. Ich kann jede Kommune verstehen, die sagt: Lass’ uns lieber andere Lösungen überlegen, um diesem Müllproblem in unseren Innenstädten Herr zu werden; wir wollen nicht alleine auf den Kosten sitzen bleiben.

Ich frage Sie, Herr Kollege Wedel: Ist es eine liberale Politik, nicht die Verursacher, sondern die Allgemeinheit für dieses Müllproblem bezahlen zu lassen? Ich halte das nicht für angemessen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Hinzu kommt: Kommunale Verpackungssteuern sind in einigen Kommunen bereits Realität und vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als zulässig erachtet worden.

Tübingen zeigt, dass es auch funktioniert. Nach Einführung der Verpackungssteuer ist der Anteil an Mehrwegverpackungen deutlich gestiegen und der Anteil an Verpackungsmüll deutlich gesunken.

Ich sage Ihnen auch: Solange die Bundesregierung nicht handelt und das Verpackungsgesetz vernünftig anpackt, ist es einfach nur verständlich, dass Kommunen sich überlegen, welche Übergangsmöglichkeiten es dazu gibt. Ich finde nicht, dass wir das den Kommunen pauschal verbieten sollten. Das sollen die Kommunen selbst entscheiden.

Sie mögen das als Verbotspartei für sich entscheiden. Ich dachte immer, wir seien die Verbotspartei, aber offensichtlich hat sich da auch ein bisschen was geändert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie behaupten, Sie wollen Kommunen entlasten, indem Sie ihnen etwas verbieten. Das ist ein merkwürdiges Verständnis von kommunaler Selbstverwaltungshoheit und auch ein merkwürdiges Verständnis von Freiheit oder Bevormundung.

Sie sagen, eine Lösung müsse auf Bundesebene stattfinden, und verschweigen, dass Sie in der letzten Regierung eine Lösung auf Bundesebene verhindert haben. Sie sagen, Sie wollten rechtliche Klarheit schaffen, und verschweigen, dass das Bundesverfassungsgericht längst für rechtliche Klarheit gesorgt hat.

Alles in allem überzeugt dieser Gesetzentwurf nicht. Wir stimmen der Überweisung trotzdem zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)