Simon Rock: „Für uns Grüne ist klar, dass die Bekämpfung von Steuerkriminalität eine hohe Priorität hat“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Cum-Cum-Geschäften!

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vollkommen unbestritten sind Cum-Ex und Cum-Cum ein unvergleichbarer Raubzug an der Allgemeinheit. Es ist ein richtiger Skandal, dass der Staat jahrelang weggeschaut hat und ein Milliardenschaden für die Allgemeinheit entstanden ist.

Schon dem gesunden Menschenverstand musste schließlich bewusst sein, dass eine Steuer, die niemals bezahlt wurde, auch nicht erstattet werden kann. Jedem musste doch klar sein, dass das genauso illegal ist, wie im Getränkemarkt erst die Flaschen zu klauen und sich im Nachgang auch noch das Flaschenpfand erstatten zu lassen – nur in wesentlich größerem Umfang.

Wenn sich ein ehemaliger Bankmanager, dessen Geldhaus offensichtlich knietief in diese Skandale verstrickt ist und dessen Strafprozess nur wegen seines schlechten Gesundheitszustands geplatzt ist, im Nachhinein noch gesund genug dazu fühlt und sich dazu erdreistet, Anzeige gegen die damals ermittelte Staatsanwältin Anne Brorhilker wegen angeblicher Vorverurteilung zu erstatten, dann ist das eine krasse Form von Täter-Opfer-Umkehr und schlicht ein Skandal im Skandal.

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE] und Dr. Werner Pfeil [FDP])

Für uns Grüne ist klar, dass die Bekämpfung von Steuerkriminalität eine hohe Priorität hat. Auch aus diesem Grund haben wir als schwarz-grüne Koalition das LBF an den Start gebracht.

Interessant ist – das will ich an dieser Stelle erwähnen –, dass wir vor weniger als einem Monat anhand eines Antrags der Koalitionsfraktionen darüber diskutiert haben, wie konkrete Leitplanken für die Arbeit des neuen Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität aussehen können – genau im Sinne der Antragsüberschrift der FDP. Ausgerechnet die FDP konnte sich aber offensichtlich nicht zu einer Zustimmung bewegen lassen – übrigens im Gegensatz zur SPD, die dankenswerterweise mitgestimmt hat.

Zur Wahrheit gehört auch, dass sich die FDP in der Vergangenheit nicht gerade als Speerspitze der Bekämpfung von Cum-Ex und Cum-Cum ausgezeichnet hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Recherchen des WDR haben intensive Kontakte des Cum-Ex-Initiators Hanno Berger zu FDP-Abgeordneten wie Hermann Otto Solms aufgedeckt. Letzterer war sich offensichtlich nicht zu schade, in Bergers Auftrag Kleine Anfragen an die Bundesregierung zu stellen, als die Cum-Ex-Geschäfte auf ihren Höhepunkt zusteuerten.

Die FDP auf Bundesebene hatte im Nachgang offenbar auch nicht viel Zeit, sich um Cum-Ex-Aufklärung zu bemühen. Wolfgang Kubicki war anscheinend mit anwaltlicher Vertretung des Cum-Ex-Initiators Hanno Berger ganz gut ausgelastet. Berger hatte nach eigenen Angaben Kubicki deswegen als Anwalt verpflichtet, weil er ihn als FDP-Mitglied gut kannte.

Ein weiteres Thema – der Kollege Ganzke hat es eben angesprochen – ist die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege. Wer Steuerrechtsstraftaten aufdecken will, dem helfen lange Verjährungsfristen nicht, wenn gleichzeitig Buchungsbelege zwischenzeitlich vernichtet werden dürfen.

Unter der Überschrift „Bürokratieentlastung“ hat der FDP-Justizminister das trotzdem durchgesetzt. Wir haben das kritisiert, und auf Druck der Grünen wurde die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege für Banken zumindest um ein Jahr verzögert. Das Gesetz befindet sich noch in der Beratung. Das war ein Schritt in die richtige Richtung, aus meiner Sicht aber nicht ausreichend.

Von der NRW-FDP haben wir da keine Kritik wahrgenommen.

Im Gegenteil, Ihr Fraktionskollege Ralf Witzel hat Presseberichten zufolge die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen sogar ausdrücklich verteidigt. Ich frage mich, ob Sie in Ihrer Fraktion eine einheitliche Linie haben. Ich kann diese zumindest nicht erkennen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Pfeil, ich will Ihnen Ihr persönliches Bestreben an der Aufklärung von Cum-Cum und Cum-Ex überhaupt nicht absprechen. Das Ganze wäre jedoch zumindest etwas glaubwürdiger, wenn Sie das fragwürdige Agieren Ihrer Parteifreunde in Berlin nicht ständig verschweigen würden.

Genau diese Punkte können wir im Fachausschuss und möglicherweise auch in einer Anhörung noch näher ausdiskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen