Simon Rock: „Einen Staatsvertrag ändert man nicht als ein Land im Alleingang“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Spielsucht

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um mal eine Sache vorwegzuschieben: Glücksspielsucht ist kein Thema, das man in irgendeiner Weise kleinreden sollte; das ist für unsere grüne Fraktion völlig klar.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

In der Tat bietet der Glücksspielatlas 2023 auch relevante Feststellungen, die durchaus ambivalent sind. Zum einen ist – das hat Kollege Okos eben schon richtig festgehalten – der an Glücksspielen teilnehmende Anteil der Bevölkerung von 55 % im Jahr 2007 auf 30 % gesunken; das ist der eine Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist, dass immer noch 2,3 % der Bevölkerung aktuell eine Glücksspielstörung haben. Das ist eine Zahl, die für uns durchaus alarmierend ist.

Alarmierend ist auch, dass 40 % der Teilnehmenden, die an Geldspielautomaten spielen, eine Glücksspielstörung aufweisen. Das heißt, wirksamer Spielerschutz ist vor diesem Hintergrund auf jeden Fall dringend geboten.

Jetzt kann man sich die Frage stellen: Ist eine Novellierung zu dem Zeitpunkt geboten? Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Aus unserer Sicht ist das zum jetzigen Zeitpunkt wenig sinnhaft. Ich sage Ihnen auch, warum. Der letzte Glücksspielstaatsvertrag ist erst im Jahr 2021 in Kraft getreten. Ein zentraler Bestandteil dieser letzten Novelle ist der Aufbau der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder. Die hat erst in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Es sind auch noch nicht alle Arbeitsplätze bzw. alle Stellen besetzt worden. Dann ist doch vollkommen klar, dass diese Glücksspielbehörde ihre beabsichtigte Wirkung noch nicht entfalten kann.

Ich finde, zur Wahrheit gehört auch: Wenn wir als Länder eine entsprechende Behörde auf den Weg bringen, müssen wir sie erst mal ihre Arbeit machen lassen, bevor wir über notwendige oder vielleicht nicht notwendige Reformen reden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hinzu kommt noch etwas Weiteres: Einen Staatsvertrag ändert man, anders als ein Landesgesetz, nicht als ein Land im Alleingang,

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Das ist wahr! Das weiß ich auch!)

sondern das geht nur im Schulterschluss mit den anderen Bundesländern. Nach meiner Wahrnehmung ist vor dem Hintergrund der jüngsten Novelle, die erst zwei Jahre her ist, keine Bereitschaft der Ländergesamtheit zu erwarten, eine entsprechende Novelle ohne eine vorhergehende wissenschaftliche Evaluation anzustoßen. Mit dieser Evaluation ist erst in zwei bis drei Jahren zu rechnen.

Aber eine Sache finde ich in Ihrem Antrag tatsächlich bemerkenswert. Offenbar erkennen Sie den Norddeutschen Rundfunk als seriöse Quelle an, sonst hätten Sie ihn schließlich nicht in Ihrem Antrag zitiert. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Dieses Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist natürlich ganz in unserem Sinne, aber vielleicht besprechen Sie das auch mal mit Ihren Fraktionskollegen, die keine Gelegenheit auslassen, gegen den öffentlichen Rundfunk zu polemisieren.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

In dem Zuge stimmen wir der Ausschussüberweisung selbstverständlich zu und werden alles weitere mal abwarten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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