Simon Rock: „Die Lösung für diese angespannte Haushaltslage ist nicht zu lamentieren“

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir heute über den Nachtragshaushalt 2024 sprechen müssen bzw. dürfen, liegt insbesondere an den äußerst schwierigen Rahmenbedingungen für den Haushaltsvollzug 2024.

Die Steuereinnahmen sind wesentlich geringer als noch Ende 2023 erwartet, und zwar nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in vielen anderen Bundesländern und im Bund. Über den Schätzzeitraum 2024 bis 2028 erwarten wir leider Mindereinnahmen in Höhe von zusammen rund 5 Milliarden Euro gegenüber der ursprünglichen Planung.

Die bundespolitischen Steuerentscheidungen in den vergangenen Jahren belasten den Landeshaushalt strukturell um mehrere Milliarden Euro. Das ist heute Vormittag schon an mehreren Stellen angeklungen. Die Lösung für diese angespannte Haushaltslage ist nicht, zu lamentieren, sondern in allen Ressorts einzusparen und selbstverständlich auch die Konjunkturkomponente im Rahmen der vorgesehenen Schuldenbremse zu nutzen. Herr Kollege Dahm, das ist eine Selbstverständlichkeit, die im Bund unter dem Bundeskanzler Olaf Scholz und Christian Lindner

(Christian Dahm [SPD]: Das kann man alles machen!)

und auch in 13 von 16 Bundesländern durchgeführt wird.

(Christian Dahm [SPD]: Das können wir alles machen!)

Wenn Sie sagen, dass wir heute einen Nachtragshaushalt aufstellen und darüber debattieren müssen, belege eine Fehlplanung, dann frage ich mich, warum auch der Bund für 2024 einen Nachtragshaushalt aufstellt. Ist das dann die Fehlplanung von Olaf Scholz, wenn Sie das so sehen?

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Als Ende Mai die Nutzung der Konjunkturkomponente öffentlich bekannt wurde, da polterte Jochen Ott – er ist jetzt leider nicht im Raum, aber ich zitiere ihn trotzdem –:

„Es ist eine Missachtung des Parlamentes, wenn es nicht darüber informiert wird, dass das Land 1,2 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen will […]“

Das war damals schon völlig daneben, weil schon damals klar war, dass ein reguläres parlamentarisches Beratungsverfahren mit mehreren Beratungen im Plenum und im Fachausschuss folgen wird; eine Anhörung dazu ist bereits vereinbart.

Der nächste Vorwurf der Opposition, insbesondere aus den Reihen der FDP – Herr Witzel redet gleich; ich bin auf seinen Redebeitrag schon sehr gespannt –, lautete, die Konjunkturkomponente sei an sich ein Haushaltstrick. Die AfD sprach gar von einem angekündigten Bruch der Schuldenbremse.

Die Realität ist doch: Die Konjunkturkomponente ist weder Trick noch Bruch, sondern einfach Teil der Schuldenbremse, und es ist eine Regelung in der Landeshaushaltsordnung, die im Übrigen die FDP mit beschlossen hat. Das gehört zur Wahrheit doch auch dazu.

(Ralf Witzel [FDP]: Ich sage Ihnen gleich was dazu, Herr Kollege!)

– Ich bin schon ganz gespannt, was Sie dazu zu sagen haben.

Mein Lieblingsvorwurf der Opposition in den Worten von Jochen Ott war, die Ministerinnen und Minister seien unfähig, in ihren Ressorts zu sparen. Ich finde diese Aussage ganz besonders interessant. Ich habe sie mir nicht notiert, weil ich ein nachtragender Mensch bin, sondern weil ich schon damals wahrgenommen habe, was dann als Nächstes passiert, nämlich dass die Opposition jede konkrete Kürzung im Haushaltsentwurf kritisiert und praktisch überall mehr Geld fordert.

(Ralf Witzel [FDP]: Nein, das ist falsch!)

Herr Kollege Dahm, Sie haben es ja eben in Ihrer Rede anklingen lassen: Wir haben vor einer halben Stunde über das Gemeindefinanzierungsgesetz debattiert. Da habe ich den Kollegen von SPD und FDP sehr intensiv zugehört. Natürlich ging es auch da nicht ohne Seitenhieb darauf, dass das Gemeindefinanzierungsgesetz angeblich unterfinanziert sei – natürlich ohne dass eine oder einer der Kolleginnen und Kollegen auch nur annähernd erwähnt hätte, wo denn das ganze Geld herkommen soll.

(Ralf Witzel [FDP]: Förderprogramme abschaffen!)

– Ah, Förderprogramme abschaffen? Das finde ich ganz interessant.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

– Ja, ja, ich habe Sie verstanden. Vielleicht darf ich weiter ausführen; sonst geht das zu sehr auf meine Redezeit.

Also Förderprogramme abschaffen?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Er kann ja eine Zwischenfrage stellen!)

– Nein, das darf er ja nicht.

(Ralf Witzel [FDP]: Darf ich nicht bei dem Punkt! Würde ich ja machen!)

Als wir das letzte Förderprogramm abgeschafft haben, Herr Kollege Witzel, haben Sie das als Erster kritisiert. Sie haben gesagt: Es kann nicht sein, dass wir dieses Förderprogramm „Grunderwerbsteuer“ abschaffen. – Jetzt tun Sie doch nicht so, als wären Sie dafür, Förderprogramme abzuschaffen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Abstrakten sagen Sie immer irgendwas, aber sobald es konkret wird, sind Sie der Erste, der das kritisiert. Das ist einfach nur inkonsequent.

(Beifall von den GRÜNEN – Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist das!)

Ich darf die Aussagen des Kollegen Höne von heute Morgen zitieren. An der einen Stelle hat er gesagt, NRW habe ein Ausgabeproblem. Zwei Minuten später hat er dann aufgezählt, wo NRW angeblich zu wenig investiere. Ich habe das nicht so ganz zusammenbekommen.

Herr Witzel spricht ja immer von der Serviceopposition.

(Ralf Witzel [FDP]: Genau!)

Aber zu dem guten Service würde dann auch gehören, dass man vernünftige Vorschläge macht. Für mich klingt das eher wie „Service bei Wish bestellt“, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich merke, die Redezeit neigt sich dem Ende zu.

(Andreas Keith [AfD]: Sehr gut!)

– Ja, das mögen Sie gut finden. Aber ich sage Ihnen: Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass für die Landesfinanzen nicht noch weiteres finanzpolitisches Unheil vonseiten des Bundes droht. Wenn es Ihnen wirklich um solide Staatsfinanzen in Nordrhein-Westfalen geht, dann helfen Sie mit, dass die Steuerpläne so, wie sie in Berlin diskutiert werden, nicht Realität werden. In diesem Sinne bin ich gespannt auf die weitere Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen