Simon Rock: „Die FDP hat etwas gegen Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte in diesem Land“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Privatversicherung für Beamt*innen

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Kollegen Witzel dafür danken, dass er uns heute die Gelegenheit gibt, über eine wichtige Verabredung von CDU und Grünen im Koalitionsvertrag zu sprechen – ich danke Ihnen wirklich nicht oft, deshalb will ich das an dieser Stelle auch mal betonen –,

(Ralf Witzel [FDP]: Wir sind Serviceopposition, wie Sie wissen!)

nämlich die Einführung der Möglichkeit einer pauschalen Beihilfe für Beamtinnen und Beamte in Nordrhein-Westfalen.

Dem Koalitionsvertrag können Sie auch entnehmen, was mit einer pauschalen Beihilfe gemeint ist. Es ist nicht die Einführung einer Einheitsversicherung. Nein, es ist eine einmalige Wahlmöglichkeit am Anfang des Beamtenverhältnisses.

Wenn ich Ihren Antrag und Ihre Rede richtig verstanden habe, muss ich leider festhalten: Die FDP hat etwas gegen Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte in diesem Land. Sie wollen ihnen faktisch vorschreiben, welche Krankenversicherung sie zu wählen haben. Für mich ist das ein sehr merkwürdiges Verständnis von Liberalität und Freiheit.

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Jeder frei innerhalb der PKV!)

– Ach so, jeder hat die freie Wahl innerhalb der PKV, aber kein Beamter soll sich bitte für die GKV entscheiden? Das ist in der Tat ein merkwürdiges Verhältnis zur Wahlfreiheit, das Sie an den Tag legen. Ich frage mich: Wofür steht eigentlich das F in Ihrem Parteinamen?

Aber gut, die Frage ist ja auch eher: Woran liegt Ihre Ablehnung? Vielleicht ist es ein simples Missverständnis. Ich gebe zumindest die Hoffnung nicht auf, dass es daran liegt. Das entnehme ich so ein bisschen dem Titel Ihres Antrags. Dort steht nämlich, dass Sie die private Krankenversicherung als Attraktivitätspfeiler des Beamtenstatus erhalten wollen.

(Ralf Witzel [FDP]: Genau!)

Ich kann Ihnen sagen: Das steht auch so in unserem Koalitionsvertrag – und niemand hat was Gegenteiliges behauptet. Das kann also kein Argument gegen die Einführung eines Wahlrechtes auf pauschale Beihilfe sein.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

– Bitte?

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

– Ach, das ist interessant. Sie haben die Befürchtung: Wenn die Leute die Wahlfreiheit haben, dann gehen mehr zur GKV, und damit wird die PKV unattraktiver.

(Ralf Witzel [FDP]: Dann wird es weniger! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wettbewerb verhindern!)

Das heißt: Sie wollen die PKV durch diese gesetzliche Festschreibung subventionieren. Sie starten dirigistisches Handeln,

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Die PKV subventioniert die GKV!)

weil Sie davon ausgehen, dass die PKV für sich nicht attraktiv genug ist und genug Beamtinnen und Beamte im Falle einer Wahlfreiheit selbst zu dieser Wahl kommen. Ich finde sehr interessant, was Sie da an den Tag legen.

(Ralf Witzel [FDP]: Die PKV subventioniert die GKV, Herr Kollege!)

– Okay, okay.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das kann man aber auch nur glauben, wenn man selbst lange genug dran glaubt! – Thorsten Klute [SPD]: Wer spricht jetzt eigentlich?)

Ich finde aber, dass wir gar nicht darüber spekulieren müssen, was passiert, wenn tatsächlich eine pauschale Beihilfe eingeführt wird. Es genügt der Blick in andere Bundesländer, die bei der Einführung schon weiter sind als Nordrhein-Westfalen. Ich zähle mal auf – übrigens sind nicht nur grün geführte Bundesländer dabei –: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen; insgesamt also neun Bundesländer.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Aber nicht Rheinland-Pfalz!)

Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist die Einführung der pauschalen Beihilfe laut dem Koalitionsvertrag vorgesehen.

Mehr als die Hälfte der Bundesländer hat also das Wahlrecht auf pauschale Beihilfe mittlerweile eingeführt, bis auf Hessen im Übrigen alle Nachbarländer von Nordrhein-Westfalen. Hierbei von einer Insellösung einiger weniger Bundesländer zu sprechen, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, ist schon ein bisschen drollig. Ich denke, auch in der FDP Fraktion wird man einsehen, dass 9 von 16 mehr als die Hälfte sind.

In keinem dieser Länder wurde die private Krankenversicherung abgeschafft, und das wird auch in Nordrhein-Westfalen nicht geschehen. Da können Sie sicher sein. Ich merke aber: Sie sind noch nicht so ganz überzeugt. Ich freue mich, dass wir die Debatte im Ausschuss weiterführen können. Vielleicht stimmen auch Sie der Einführung einer Wahlfreiheit zur pauschalen Beihilfe am Ende der Debatte zu.

Das Beste kommt zum Schluss. In Schleswig-Holstein gab es die gleiche Diskussion dazu. Dort hat Schwarz-Grün die Wahlfreiheit für eine pauschale Beihilfe mit Mehrheit eingeführt. Das Verhalten der FDP-Fraktion dort finde ich sehr interessant: Sie hat aus der Opposition heraus einen Gesetzentwurf zur Einführung einer pauschalen Beihilfe vorgelegt, der noch weiter ging als die Initiative der dortigen Landesregierung.

Vielleicht sprechen Sie mal mit den Kolleginnen und Kollegen der FDP in Schleswig-Holstein, was sie dazu bewogen hat. Ich glaube, die hatten ganz gute Argumente auf ihrer Seite. Vielleicht kommen auch Sie dann zu der Einschätzung, dass eine Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte in diesem Land etwas Positives ist.

Ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf, dass auch Sie zu dieser weisen Erkenntnis gelangen und ein einziges Mal hier Ihre ideologischen Scheuklappen ablegen können. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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