Simon Rock: „Der Zug ist abgefahren, und abgefahrene Züge kommen selten zurück“

Zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Grundsteuer

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor der Wahl wurde ich mehrfach gefragt, über welches Thema ich denn meine erste Rede im Landtag halten wollte. Einen FDP-Gesetzentwurf zur Grundsteuer hatte ich dabei nicht unbedingt erwartet. Aber es kommt bekanntlich immer anders, als man denkt.

(Heiterkeit – Henning Höne [FDP]: Gern geschehen!)

– Danke.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Die Grundsteuerreform ist unbestritten ein relevantes Thema. Sie betrifft uns alle, egal ob als Eigenheimbesitzerinnen oder als Mieter über die Nebenkostenabrechnung. Deshalb freue ich mich, heute hierüber zu debattieren.

Gleichzeitig wundere ich mich schon etwas über den Zeitpunkt. Es ist doch bemerkenswert, dass die FDP ausgerechnet jetzt einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Flächenfaktorgrundsteuermodells auf den Tisch legt. Denn bis vorgestern waren Sie immerhin Teil der Landesregierung.

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im April 2018 wird bundesweit debattiert, welches Grundsteuermodell denn das geeignetste ist. Ende 2019 kam es zu einer Einigung auf Bundesebene und zur Einführung einer Länderöffnungsklausel. Sie hatten seitdem wirklich mehr als genug Zeit, diesen Gesetzentwurf einzubringen und auch umzusetzen.

Meine Fraktion – Sie haben es eben angedeutet – hat im August 2020 einen Antrag zur Nutzung der Länderöffnungsklausel in den Landtag eingebracht. Das war der richtige Zeitpunkt. Doch unseren Antrag haben Sie abgelehnt.

Jetzt, nachdem die Finanzämter die Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer bereits über die Grundsteuerreform informiert und dazu aufgefordert haben, ab dem 1. Juli 2022, also ab morgen, ihre Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes abzugeben, kommen Sie mit einem solchen Modell um die Ecke. Das ist denkbar spät – um nicht zu sagen: zu spät.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Wir haben noch zweieinhalb Jahre Zeit, Herr Kollege!)

– Ja, das mag sein. Trotzdem ist der Zug abgefahren, und abgefahrene Züge kommen halt selten zurück.

(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Da in der Gesetzesbegründung explizit auf Hessen verwiesen wird, hierzu gern ein kurzer Hinweis: Es ist zwar richtig, dass das ebenfalls schwarz-grün regierte Hessen auf ein Flächenfaktormodell zurückgreift. Aber allein daraus den Schluss zu ziehen, das müsse auch das präferierte Modell für Schwarz-Grün in NRW sein, ist dann doch etwas voreilig. Das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg hat sich auf ein Bodenwertmodell verständigt.

Das mittlerweile ebenfalls von CDU und Grünen regierte Schleswig-Holstein bleibt beim Bundesmodell. Das hat übrigens auch die bislang mitregierende FDP in Schleswig-Holstein so mitgetragen.

(Ralf Witzel [FDP]: Nein!)

– Doch, das haben Sie mitgetragen; das können Sie in der Zeitung lesen. Es tut mir leid; es ist so.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Spannend ist auch die Frage, wer von einem Flächenfaktormodell gegenüber der geltenden Bundesregelung tatsächlich profitieren würde und wer nicht. Denn Sie sprechen in Ihrem Gesetzentwurf ja ausdrücklich von Aufkommensneutralität. Somit ist klar, dass auch im FDP-Gesetzentwurf die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land unterm Strich nicht entlastet würden. Es würde lediglich eine Umverteilung zwischen den einzelnen Mieterinnen und Mietern bzw. Eigentümerinnen und Eigentümern vollzogen.

Profitieren würden vor allem Spekulanten, die auf baureifen Grundstücken sitzen und diese in der Hoffnung auf weitere Wertsteigerungen nicht bebauen. Entlastet würden auch diejenigen, die sich eine Wohnung in zentraler Innenstadtlage leisten können. Bezahlen müssten das dann folglich alle anderen. Daran, ob das gerecht ist, habe ich meine Zweifel.

(Beifall von den GRÜNEN)

– Ich entnehme der Reaktion, dass ich da nicht der Einzige bin.

Aber wir haben in den anstehenden Beratungen noch genug Gelegenheit, hierüber zu diskutieren. Wir freuen uns jedenfalls bereits auf diese und stimmen der Überweisung in den Haushalts- und Finanzausschuss selbstverständlich gerne zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Vielen Dank, Herr Kollege Simon Rock. Ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrer ersten Rede und wünsche Ihnen weiterhin spannende Debatten in diesem Hohen Hause.

(Simon Rock [GRÜNE]: Danke schön! Wenn Sie gestatten, gratuliere ich Ihnen auch zu Ihrer ersten Sitzungsleitung! – Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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