Simon Rock: „Das ist doch Oppositionspolitik auf Kleinkinderniveau – Hauptsache dagegen“

Zur Unterrichtung der Landesregierung zum angekündigten Nachtragshaushalt 2024

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manche Debattenbeiträge heute verwundern mich schon etwas.

(Kirsten Stich [SPD]: Mich auch!)

– Ja, kann ich verstehen. Sie tun nämlich so, als ob die Nutzung der Konjunkturkomponente etwas total Neues gewesen sei. Dabei hat der Finanzminister das doch schon vor Wochen in die Diskussion eingebracht, und zwar vor der letzten Plenardebatte.

(Zuruf von der SPD)

Das hat keine Oppositionsfraktion in irgendeiner Art und Weise in der letzten Plenardebatte debattiert. Jetzt tun Sie so, als sei das etwas komplett Neues.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bei der SPD wundert mich das aber nicht angesichts des Schlingerkurses, den Sie bei diesem Thema fahren. Sie haben in Ihrem Entwurf zum Wahlprogramm zur Landtagswahl eine Neukonzeption der Konjunkturkomponente gefordert. Im finalen Wahlprogramm ist das dann herausgefallen. Im Haushalt 2024 haben Sie die Nutzung der Konjunkturkomponente selbst beantragt.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Kollege Rock, es liegt eine Zwischenfrage vor, und zwar von Herrn Witzel. Möchten Sie die gestatten?

Simon Rock (GRÜNE): Ja, immer gerne. Bitte schön.

Ralf Witzel (FDP): Herr Kollege Rock, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie gerade eine Falschaussage getätigt haben, indem Sie behauptet haben, das Thema der Nutzung der Konjunkturkomponente und deren Interpretation bzw. der Umgang damit sei nicht Thema der von Ihnen erwähnten Debatte gewesen? Wenn Sie sich Plenarprotokoll 18/65 anschauen, werden Sie sehen, dass ich genau das den Finanzminister gefragt habe. Der hat eine Aussage zu diesem Thema im Plenum aber verweigert.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wie sehen Sie Ihre Äußerungen mit Blick auf das Plenarprotokoll, das ich Ihnen gerne zur Verfügung stellen werde?

(Heiterkeit von Dietmar Brockes [FDP] – Gordan Dudas [SPD]: Schlecht vorbereitet! – Weiterer Zuruf von der SPD)

Simon Rock (GRÜNE): Es ist so: Die Nutzung der Konjunkturkomponente wurde an der Stelle diskutiert. Offensichtlich war der Meinungsbildungsprozess in der Landesregierung zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

(Lachen von der SPD und der FDP)

Es ist aber offensichtlich nicht so, dass das Thema an der Stelle komplett neu gewesen wäre.

(Zuruf von der SPD: Jetzt verstehe ich es! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Um wieder zum Thema zurückzukommen: Die SPD hat zum Haushalt 2024 selbst die Nutzung der Konjunkturkomponente beantragt. Herr Ott hat gerade gesagt, dass die Nutzung der Konjunkturkomponente schlechte Schulden bedeuten würde. Da sage ich: Wenn das schlechte Schulden sind, kann der Antrag der SPD nicht sonderlich gut gewesen sein.

(Beifall von den GRÜNEN – Stefan Zimkeit [SPD]: Das hat er gar nicht gesagt! Hör doch mal zu! – Weitere Zurufe von der SPD)

– Natürlich hat er das gesagt.

(Unruhe – Glocke)

Er hat gesagt, das seien schlechte Schulden.

Die konjunkturelle Lage hat sich seit Dezember leider weiter verschlechtert, und in der Folge hat die Landesregierung angekündigt, die Konjunkturkomponente zu nutzen. Plötzlich ist der SPD das, was sie vor Monaten noch selbst gefordert hatte, nicht mehr recht.

(Jochen Ott [SPD]: Schöner Versuch!)

Das ist doch Oppositionspolitik auf Kleinkinderniveau – Hauptsache dagegen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Noch besser finde ich aber das Verhalten der FDP. Herr Höne hat sich hier eben hingestellt und gesagt, Nordrhein-Westfalen habe ein Ausgabenproblem, müsse mehr sparen und vor allen Dingen Förderprogramme zurückfahren.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Herr Hafke hat in der Plenardebatte zum Haushalt gesagt: Wir brauchen zusätzliche Ausgaben für Kitas, deshalb können wir dem Einzelplan 07 nicht zustimmen.

(Zurufe von Henning Höne [FDP] und Franziska Müller-Rech [FDP])

Herr Pfeil hat gesagt: Wir brauchen mehr Geld für die Justiz, deshalb können wir dem Einzelplan 04 nicht zustimmen.

Herr Witzel fordert Steuersenkungen, ein Förderprogramm für die Grunderwerbsteuer und mehr Mittel für Personal, deshalb kann er den Einzelplänen 12 und 20 nicht zustimmen.

Herr Rasche fordert mehr Mittel für den Straßenbau und kann deshalb dem Einzelplan 10 nicht zustimmen.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Herr Lürbke fordert mehr Mittel für Taser für die Polizei und kann dem Einzelplan 03 nicht zustimmen.

Frau Müller-Rech will mehr Mittel für Schule und kann dem Einzelplan 05 nicht zustimmen.

Herr Brockes fordert ein zusätzliches Förderprogramm für die Landwirtschaft und kann dem Einzelplan 15 nicht zustimmen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Frau Freimuth fordert, Förderprogramme für Kernfusion aufzulegen, und konnte daher dem Einzelplan 06 nicht zustimmen.

Frau Gebauer fordert mehr Mittel für Kultur und Musikschulen und konnte dem entsprechenden Einzelplan nicht zustimmen.

Und Herr Wedel sagte mit Blick darauf, dass die Kommunen mehr Mittel bräuchten, dass er leider dem Haushalt nicht zustimmen könne.

(Zurufe von der SPD)

Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Ihre Kritik wäre wesentlich glaubwürdiger, wenn Sie sich selbst mit unfinanzierbaren Anträgen zurückhalten würden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Und noch eines: Sie suggerieren, dass Nordrhein-Westfalen mit der erstmaligen Nutzung der Konjunkturkomponente auf dem Weg in den Schuldenstaat sei.

(Zuruf von der FDP)

Nur zur Erinnerung: Seit die FDP den Bundesfinanzminister stellt, nutzt der Bund diese Konjunkturkomponente, allein im Jahr 2024 mit neuen Schulden in Höhe von 39 Milliarden Euro. Wenn Marcus Optendrenk der neue Schuldenkönig sein soll, will ich nicht wissen, welches Kaiserreich Christian Lindner dann gründet.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Niemand nutzt aus Jux und Tollerei die Konjunkturkomponente.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Am Ende ist es eine Abwägung: Wollen wir das Land kaputtsparen, oder wollen wir im Rahmen der geltenden Schuldenbremse neue Kredite aufnehmen, so wie es der Bund schon seit Längerem tut?

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Da sind wir in der Abwägung unideologisch und pragmatisch. Genau das erwarten die Menschen im Land von uns, und genau das erfüllen wir auch.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen