Norwich Rüße: „Wir werden in den nächsten Jahren zunehmend darüber reden, wofür wir Biomasse überhaupt verwenden“

Zu Anträgen der Fraktionen von FDP, CDU und GRÜNEN im Landtag zu Biogas

Portrait Norwich Rüße

Der Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag „Hemmnisse in der Biogaserzeugung dauerhaft abschaffen“

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber René Schneider, enthalten ist ja immer ein bisschen mutlos. Aber man kann das natürlich machen.

(Heiterkeit – René Schneider [SPD]: Bei euch ist „Glaube, Liebe, Hoffnung“!)

Ich bin der FDP ausdrücklich dankbar dafür, dass sie den Antrag gestellt hat, weil das ein Impuls für die Debatte war und wir mal wieder über Biogas reden. Das haben wir lange nicht getan. Vor allem haben wir es in den letzten zwei, drei Jahrzehnten immer sehr wechselhaft getan.

Ich sage an dieser Stelle auch, was ich mir wünschen würde. Ich würde mir wünschen, dass wir als Politik verlässliche Rahmenbedingungen für Landwirtschaft schaffen und nicht dieses „Rein – Raus“ machen: Einmal ist Biogas gut, dann ist es schlecht, und auf einmal ist es wieder gut.

Bei den Preisen, die für diese Investition in der Landwirtschaft heute aufgerufen werden – sofern man überhaupt in die Methanproduktion einsteigen will, wie Dietmar Brockes es gerne hätte –, fragen mich viele Biogasanlagenbetreiber: Wie viele Jahre brauche ich, um dieses Invest wieder herauszubekommen? – Das ist nicht einfach. Das Mindeste ist, dass wir an dieser Stelle verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.

(Beifall von Tim Achtermeyer [GRÜNE])

Wir haben infolge des russischen Angriffskriegs erlebt, wie wichtig eine sichere Energieversorgung ist. Wir alle wissen im Rahmen der Energiewende auch, dass Biogas eine super Ergänzung zu Wind und Sonne ist, weil es flexibel leisten kann.

Mit dem Antrag der FDP haben wir deshalb ein Problem – da sehe ich bei der FDP auch gewisse Parallelen zur E-Fuel-Debatte –, weil Sie die Methanisierung derart in den Vordergrund stellen. Ich glaube, dass es gerade in Nordrhein-Westfalen nicht zwingend einen guten Weg für Biogas gibt, weil wir ein dicht besiedeltes Bundesland sind. Wenn nicht hier, wo denn dann kann man die Abwärme super in Nahwärmenetzen nutzen? Der Kollege Korth hat das eben auch schon angedeutet.

Die entscheidende Frage ist doch: Mache ich Kraft-Wärme-Kopplung? Erzeuge ich Strom plus Wärme zur Nutzung? Welchen Wirkungsgrad erziele ich dann? Oder gehe ich Ihren Weg und nehme das Methan, transportiere es und verbrenne es an anderer Stelle? Was ist wirklich der effektivere Weg?

Bei Ihrem Antrag und in der ganzen Debatte kommt zu kurz, dass die Umwandlung, die Aufwertung von Biogas zu Methan energieaufwendig ist. Das gibt es nicht umsonst. Deshalb ist aus meiner Sicht erst einmal der andere Weg der bessere Weg. Wo man ihn betreiben kann und die Abwärme über Nahwärmenetze nutzen kann, ist das sicherlich der bessere Weg.

Dann will ich noch auf Folgendes hinweisen – das schreiben Sie zwar in Ihrem Antrag; meines Erachtens muss man das aber auch immer wieder sagen –: Wir haben im letzten Jahrzehnt viel über Artenvielfalt und das Spannungsverhältnis von Landwirtschaft und in dem Zusammenhang auch über Biogasanlagen und den Anbau von Mais diskutiert. Wir wissen – Sie schreiben das in Ihrem Antrag auch richtigerweise –, dass die Potenziale nicht so groß sind und man deshalb gucken muss, wo man zum Beispiel Reststoffe gewinnen kann. Ich sage heute schon vorher: Wir werden in den nächsten Jahren zunehmend darüber reden, wofür wir Biomasse überhaupt verwenden.

Wenn wir schon beim Holz die Debatte haben, ob Holz zu schade zum Verbrennen ist, werden wir diese Debatte natürlich auch bei den Produkten vom Acker haben. Perspektivisch brauchen wir unter anderem Stroh als Rohstoff für die Industrie. Daher ist es wichtig – das zeigt der Antrag auch auf –, dass wir uns auf die absoluten Reststoffe konzentrieren.

Aber auch hier eine kleine Anmerkung: Es wäre schön, wenn sich die FDP mit uns dafür einsetzen würde, flächendeckend in NRW in allen Kommunen die Biotonne durchzusetzen, damit wir die Lebensmittelabfälle tatsächlich überall einsammeln. Wenn Sie da an unserer Seite wären, wäre das schön.

Gleichwohl wollen wir diese Abfälle deutlich herunterfahren. Das Potenzial ist also tatsächlich viel zu groß. Wir werfen viel zu viele Lebensmittel weg. Insofern wollen wir da ein Stück weit herunterkommen.

Sie fokussieren sich an dieser Stelle sehr stark auf Methan. Das halten wir gerade für Nordrhein-Westfalen nur in Einzelfällen für richtig. Es hat auch Gründe, warum bislang nur elf von 719 Biogasanlagen diesen Weg gehen. Das liegt nicht daran, dass das nicht gehen würde; denn einige machen es ja. Aber es ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Mehrheitlich ist das in Nordrhein-Westfalen nicht der richtige Weg.

Deshalb haben wir unseren Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir durchaus einiges aus Ihrem Antrag aufgreifen – aber den Methanisierungsgedanken nicht; er ist aber weitestgehend raus.

Wir betonen andere Dinge. Wir glauben, dass wir mit anderen, kleineren Schritten den Biogasanlagenbetreibern viel mehr helfen – etwa damit, bei den kleineren Biogasanlagen die Schwelle von 150 kW einzuziehen.

Wir verstehen nicht und wollen nicht, dass das Gefährdungspotenzial von Biogas anders behandelt wird als das von Erdgas. Warum kann man von Erdgas 50.000 kg lagern und von Biogas nur 10.000 kg? Es geht also darum, eine Erleichterung hinzubekommen. Denn das ist völlig unverständlich. Das hat die Anhörung auch ergeben. Warum werden die JGS-Anlagenbehälter anders bewertet, wenn sie mit Gärresten gefüllt werden?

Das sind die Erleichterungen, die die Biogasanlagenbetreiber brauchen. Am Ende sage ich noch einmal: Was sie vor allem von uns brauchen, ist Verlässlichkeit. Politik muss ein verlässlicher Partner sein. Dann hat diese Branche auch eine Perspektive. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)