Matthi Bolte-Richter: „Wir Grünen wollen mehr Menschen ein Studium ermöglichen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag für eine Studienstarthilfe

Der Antrag

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen wollen mehr Menschen ein Studium ermöglichen. Dadurch schaffen wir Bildungsaufstieg für die oder den Einzelnen und Fortschritt für die ganze Gesellschaft.

Junge Menschen aus armen Familien sind heute an den Hochschulen noch deutlich unterrepräsentiert. Wir sind als Politik nach unserem Dafürhalten in der Pflicht, das zu ändern; denn jeder junge Mensch hat Chancen verdient. Deshalb müssen wir Hürden dort abbauen, wo sie junge Talente vom akademischen Bildungsweg abhalten.

Ein Studienbeginn kann teuer sein. Mit unserem Antrag fordern wir eine Studienstarthilfe von bis zu 1.000 Euro für bedürftige Studierende. Damit wollen wir für mehr soziale Gerechtigkeit in NRW sorgen. Studienanfängerinnen und -anfänger sollen das Geld einmalig, unbürokratisch und schnell über die Studierendenwerke bekommen können und es nicht zurückzahlen müssen. Ein ähnliches Projekt wurde gerade in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht und läuft dort sehr gut an.

Gerade zu Beginn des Studiums entstehen für die Erstis häufig höhere Kosten. Schauen wir uns die durchschnittlichen Kosten für den Studienbeginn und das Studium in NRW an:

Der durchschnittliche Semesterbeitrag liegt bei 308 Euro. Die Miete beträgt zwischen 262 und 459 Euro im Durchschnitt, je nachdem, ob es eine Wohnanlage eines Studierendenwerks oder der private Wohnungsmarkt ist. Dazu kommt eine Mietkaution von 400 bis 1.000 Euro. Dann kommen noch Möbel und andere notwendige Einrichtungsgegenstände hinzu. Ein Laptop – vielleicht als Gebrauchtgerät – kostet durchschnittlich 250 Euro. Natürlich kommen dann auch noch die Kosten für die Lebensführung dazu.

In vielen Fällen können hier die Eltern aushelfen. Es gibt aber auch Studierende, bei denen das eben nicht möglich ist. Sie müssen sich den Start ihres Studiums selber finanzieren. Empfängerinnen und Empfänger oder Kinder von Empfängerinnen und Empfängern beispielsweise von ALG II können in der Regel wegen der Hinzuverdienstgrenzen nicht genug sparen, um sich selbst den Studienbeginn zu finanzieren, oder sie müssen vor dem Studium über mehrere Jahre das Geld zurücklegen.

Ein etwaiger Vorschuss von einem eventuellen ersten BAföG-Bezug kann die Kosten in der Regel auch nicht auffangen, zumal ja nicht sicher ist, dass der dafür notwendige Antrag eingereicht werden kann und beschieden wird, bevor die Kosten anfallen. Für viele kommt eben auch der Kredit nicht infrage. Das wäre ebenfalls ein Instrument in dieser Diskussion, aber es kommt eben für viele nicht infrage, da die möglichen Schulden gerade Studierende aus ärmeren Verhältnissen vom Studium abschrecken.

Deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht und geschaut, was es an guten Modellen gibt, und fordern, dass die Landesregierung eine Studienstarthilfe für mehr soziale Gerechtigkeit beim Studienstart einrichtet, um bedürftige Studienanfängerinnen und Studienanfänger schnell mit einer einfach zugänglichen Hilfe zu unterstützen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Studienstarthilfe soll für das erste Hochschulsemester so unbürokratisch wie möglich bei den Studierendenwerken beantragt und ausgezahlt werden können. Sie soll allen Erstsemesterinnen und Erstsemestern zur Verfügung stehen, die weder ein Stipendium noch eine Beihilfe von anderer Stelle für diesen Verwendungszweck erhalten und die nachweisen, dass sie allein oder über eine Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung, Eingliederungshilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen oder ihre Eltern für sie einen Zuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz erhalten.

Das bedeutet: Wir erreichen damit eine Personengruppe, die bei den Studierenden heute unterrepräsentiert ist, die Bildungsaufstieg und -perspektiven braucht, aber für die es bisher keine einfach zugänglichen Unterstützungsmechanismen gab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre ein großer und guter Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit beim Studienstart. Er würde für einen weiteren Personenkreis die Möglichkeit zum Bildungsaufstieg schaffen. In diesem Sinne und im Sinne der jungen Menschen möchte ich Sie ganz herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag bitten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt haben wir eine ganze Debatte voller Ausreden gehört.

Erste Ausrede: Der Bund muss das BAföG ändern. – Ja, natürlich muss der Bund das BAföG ändern. Das bestreitet ja in diesem Hause keiner. Ich habe aber noch im Ohr, dass die Ministerin vergangenes Jahr im Streit um die Nothilfen ganz klar gesagt hat: An das BAföG traut sich keiner heran. – Wenn wir feststellen, dass sich keiner an das BAföG herantraut, warum sollen wir den Studierenden denn dann, bitte schön, nicht helfen?

(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE])

Zweite Ausrede: angebliche Förderbürokratie. – Nachzuweisen, dass man in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, ist nicht so kompliziert. Und die Studierendenwerke sind überlastet, weil sie unterfinanziert sind. Das könnte diese Landesregierung ja auch einmal ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Der dritte Punkt macht mich wirklich ärgerlich. Zumindest die Kollegen von der CDU haben nämlich offensichtlich nicht verstanden, dass es hier nicht um eine Nothilfe geht, sondern um eine Starthilfe.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Das zeigt einfach mal wieder das Desinteresse dieser Koalition und dieser Landesregierung an den Studierenden.

(Henning Höne [FDP]: Die Redezeit!)

Das muss ein Ende haben.

(Beifall von den GRÜNEN)