Martin Metz: „Wir treten den Attacken der ‚AfD‘ gegen unseren Sankt Martin entgegen – mit Klarheit, mit Haltung und mit Herz“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Martinsumzügen

Portrait Martin Metz

Martin Metz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sie werden es nicht leugnen können. Die AfD ist gegen Sankt Martin. Denn der Mantel des heiligen Martin ist – das haben die beiden Vorredner schon ausgeführt – ein Mantel der Mitmenschlichkeit. Sie aber benutzen ihn als Deckmantel der Heuchelei für Ihre parteipolitische Agenda.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Dr. Werner Pfeil [FDP] – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der erste Punkt: Sicherheit ist eines der Kernthemen. Es geht um die Absicherung gegen Fahrzeuge bei Sankt-Martins-Zügen. Ja, es gab die schrecklichen islamistischen Anschläge, zum Beispiel 2016 in Berlin. Es gab die Tat in Magdeburg, wobei die islamfeindlich war. Es gab bei Umzügen aber auch Ereignisse mit Autos wie in Menden im Sauerland, in Volkmarsen oder Mannheim, bei denen die Täter mit Vornamen Karl-Heinz, Maurice und Alexander hießen. Veranstalter und Behörden sind bei solchen Sachen natürlich sensibel, aber völlig unabhängig von der Herkunft oder der Religion einzelner Täter der Vergangenheit.

Ich erkläre es für Sie ganz deutlich – jetzt spitzen Sie mal beide Öhrchen, Herr Tritschler, also nicht nur das rechte, sondern beide; das könnte helfen –:

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit von der SPD)

Selbst wenn Ihre rechtsextremen feuchten Träume wahr und wir in einem Land ohne Islam, Migration oder sonst irgendwas leben würden, würde sich an den Herausforderungen für die Sicherheit von Sankt-Martins-Zügen überhaupt nichts ändern.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: In Ihrer Fantasie!)

Ich spreche auch als jemand, der drei Jahre Ortsvorsteher war und an der Organisation von Sankt-Martins-Zügen mitgewirkt hat. Ich weiß nicht, ob Sie das mal gemacht haben.

(Beifall von den GRÜNEN, Justus Moor [SPD] und Elisabeth Müller-Witt [SPD])

Das ist auch nicht einfach. Wie sichert man den Umzug mit einem Pferd – übrigens egal, ob Araber oder Holsteiner –

(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)

durch ein Dorf oder ein Veedel über Straßen, auf denen der Verkehr angehalten werden muss, mit Musikkapellen, mit Hunderten Kindergarten- und Grundschulkindern, und das bei Dunkelheit? Wie vermeidet man es, dass das Pferd durchgeht? Was braucht es dafür? Es braucht eine Gelassenheitsprüfung für das Pferd, und man muss Reitkenntnisse nachweisen. Man muss mit der Feuerwehr reden, um das Feuer abzusichern usw. usf.

Das sind die Herausforderungen, über die geredet wird. Teilweise sind es schwierige Debatten, die sich aber zu 0,0 % um Migration drehen. Es ist für die Organisatoren wie für die Behörden eine schwierige Abwägung. Einerseits wird überlegt, was man machen kann, um bei einer solchen öffentlichen Veranstaltung Risiken zu vermindern. Andererseits gibt es immer ein Restrisiko, ein Lebensrisiko. Das darf aber nicht dazu führen, dass solche Veranstaltungen am Ende unmöglich sind.

Dabei helfen Panikmache und Hetze nicht weiter. Sie schüren Angst um Sicherheit und beklagen sich dann, dass Debatten über Sicherheit geführt werden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ihre billige Instrumentalisierung der Leute, der Menschen, die mit Herzblut Laternenumzüge organisieren, Wecken verteilen und Musik spielen, zeigt, dass Sie diese Leute eigentlich verachten. Wir Demokratinnen und Demokraten bringen den Menschen Respekt entgegen. Das sollten Sie auch mal machen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Zweitens. Es geht um den Martin, nach dem viele benannt sind, auf dessen Namen ich sogar getauft wurde. Die beiden Vorredner haben zu dem europäischen Leben des Sankt Martin schon viel ausgeführt: Die Eltern kamen aus dem heutigen Italien – damals gab es kein Italien –, er ist im heutigen Ungarn aufgewachsen, im heutigen Frankreich Bischof geworden und viel gereist. Das verachten doch Europafeinde wie die AfD.

Im Martinslied heißt es:

„Dä hellije Zinter Mätes, dat wor ne jode Mann […].“

Für baden-württembergische Immigranten wie Herrn Tritschler übersetze ich das mal:

(Heiterkeit von Frank Jablonski [GRÜNE])

Der heilige Sankt Martin, das war ein guter Mann. – Sie mögen meinen, dass zwischen „ein guter Mensch“ und Gutmenschen ein Unterschied besteht. Nein, den gibt es nicht.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Doch!)

Denn es sind die Gutmenschen, die den Mantel teilen,

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Den eigenen Mantel! – Markus Wagner [AfD]: Nicht den Mantel der anderen!)

ohne nach der Hautfarbe des Bettlers zu fragen oder danach, ob er arbeiten könnte, ob er dazugehört und was sein Aufenthaltsstatus ist. Das ist das genaue Gegenteil Ihrer Politik.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Das genaue Gegenteil von Ihnen! – Markus Wagner [AfD]: Sie können nur das Geld der anderen verteilen!)

Kollege Moor hat ausgeführt, dass es nicht nur die christlichen Kinder sind, sondern auch jüdische Kinder, konfessionslose Kinder, muslimische Kinder, die gemeinsam durch die Gegend ziehen, singen und anschließend schnörzen gehen. Das heißt, dass man um Süßigkeiten bittet; das erläutere ich auch gerne für Sie, weil Sie es vielleicht nicht wissen. Sie alle tun das, um ein Vorbild der Großherzigkeit zu verehren.

Fazit: Jeder Sankt-Martins-Zug ist ein Fest von Menschen vieler Kulturen für einen Gutmenschen. Damit steht Sankt Martin für alles, was die AfD verachtet.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir als demokratische Gesellschaft treten den Attacken der AfD gegen unseren Sankt Martin entgegen – mit Klarheit, mit Haltung und mit Herz. Wer Sankt Martin feiert, der feiert Menschlichkeit, und wer Menschlichkeit lebt, lehnt solche Anträge selbstverständlich ab.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von Gordan Dudas [SPD])

Mehr zum Thema

Innenpolitik