Martin Metz: „Ich habe das Gefühl, dass Sie sich über jede kaputte Straße freuen – wir tun das nicht“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum Straßenbau

Portrait Martin Metz

Martin Metz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wenn die FDP fordert, dass der Staat mehr Geld ausgeben muss, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir über Straßenneubau debattieren, denn sonst begegnet einem das ja nicht so häufig.

Es ist natürlich Konsens, dass wir in eine funktionsfähige Infrastruktur investieren müssen. Die Frage ist: Wie geht man sinnvoll vor?

Dieser Antrag ist überschrieben mit „Die Stunde der Wahrheit“. Diese Wahrheit soll angeblich aus Sicht der Antragsteller sein, die Landesregierung lasse Geld liegen, das dann woanders hingehe, und das sei Absicht. Ich kann Ihnen versichern: Das ist nicht die Wahrheit.

René Descartes hat gesagt: Zur Erforschung der Wahrheit bedarf es notwendig der Methode. – Das sollten wir auch tun, um uns mit diesem Sachverhalt auseinanderzusetzen, und erst einmal die Fakten anschauen. Das Land kümmert sich um die Bundesstraßen. Das bezahlt der Bund. Jedes Jahr werden vorab zwischen Bund und Ländern Budgets vereinbart – getrennt für Erhalt, Neu- und Ausbau und für kleinere Umbaumaßnahmen.

Für 2022/2023 hatte man sich vor den jeweiligen Jahren zusammengesetzt und gesagt: Wir haben hier ein Budget, es ist zwar getrennt, aber insgesamt sind es 830 Millionen Euro. – Davon wurden dann im Nachhinein 60 Millionen Euro nicht verbaut, das sind 7 %. Diese Gelder fehlen nicht im Landeshaushalt oder sind irgendwohin weggeflossen. Es ist schlicht nicht so viel Geld ausgegeben worden, wie zuerst kalkuliert worden war.

Im Übrigen ist das auch nur ein Teilbereich dessen, was Straßen.NRW tut. Oliver Krauß hat es eben richtigerweise gesagt: Da kommt noch der Bereich der Landesstraßen hinzu, insgesamt haben wir ein sehr großes Bauvolumen von 640 Millionen Euro.

Jetzt kommen wir hier mit einem Teilaspekt. Die Antragsteller, Herr Rasche und auch Kollege Dudas, verwischen dann Erhaltung und Neubau, mengen noch ein wenig Autobahn dazu, um die es seit 2021 eigentlich gar nicht mehr geht, um dann die Aussage zu kreieren, dass im Straßenbau alles falsch laufe. Das wird der Sache nicht gerecht, wenn man sich ernsthaft auf die Suche nach der Wahrheit macht.

2022 und 2023 waren im Bau schwierig. Das sind keine Ausreden. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen:

(Christof Rasche [FDP]: Neun Bundesländer machen das!)

Wer die Auswirkungen von Corona und des Ukraine-Kriegs auf den Bereich des Baus und des Tiefbaus als irgendwelche Ausreden qualifiziert, dem – so muss ich sagen – werden auch die Probleme und Herausforderungen in der Branche nicht bewusst sein. Das finde ich gerade für die FDP frappierend.

Dazu kommen der Bereich der Flutschäden, die insbesondere den Westen Deutschlands betroffen haben, und die größte Reform in der Geschichte der Bundesautobahnverwaltung, die auch nicht spurlos an so einem Laden vorbeigeht.

Bundesweit – jetzt kommen wir mal auf die anderen Länder, Herr Rasche, da bin ich interessiert an der Transparenz – standen für den Neu- und Ausbau von Bundesstraßen 966 Millionen Euro im Bundeshaushalt. Laut Bundeshaushaltsrechnung – ich habe nachgeguckt: Band 2, Seite 1.000 und irgendwas – wurden 676 Euro Millionen ausgegeben, 30 % weniger als im Ansatz standen.

Es gab einen Ansatz im Bundeshaushalt für den Neu- und Ausbau von Bundesstraßen, das, worüber wir hier reden. Da wurden über alle Länder hinweg 30 % weniger Mittel ausgegeben, als im Bundeshaushalt zur Verfügung standen. Da muss ich sagen: Das passt nicht mit Ihren Aussagen zusammen, dass es woanders keine Probleme geben würde und andere Länder so viel Geld mehr ausgegeben hätten.

(Christof Rasche [FDP]: Sie haben schlecht recherchiert!)

Dazu kommt – das habe ich auf jeden Fall genauso gut recherchiert –, dass die Ampelregierung in Berlin für den Haushalt 2024 diese Mittel für den Neu- und Ausbau von Bundesstraßen von 1 Milliarde Euro auf 500 Millionen Euro gekürzt hat, und zwar mit der Begründung im Haushaltsplan – Sie können es sich aussuchen, ob Finanzminister Lindner oder Verkehrsminister Wissing diese Begründung formuliert hat –: Wir müssen die hohen Ausgabereste, nämlich die nicht ausgegebenen Mittel, reduzieren, und deshalb halbieren wir den Haushaltsansatz.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Aha!)

Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Das passt auch nicht mit dem zusammen.

Jetzt kommt es noch besser. Schauen wir uns mal die Autobahn GmbH an, die nämlich in der Verantwortung des Verkehrsministers Wissing liegt. Sie hatte 5,5 Milliarden Euro für Investitionen im Bundeshaushalt 2022, und unter Minister Wissing wurden von den 5,5 nur 5,3 Milliarden Euro ausgegeben, 190 Millionen Euro weniger als im Bundeshaushalt standen.

Dafür kann es ja gute Gründe geben, aber wenn Sie hier vorwerfen und vom handfesten Skandal, Vergeuden von Mitteln sprechen, dann muss ich Ihnen entgegnen: Schauen Sie sich mal das Sprichwort vom Glashaus und den Steinen an. Das kann da sehr hilfreich sein.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir haben ein dichtes Straßennetz, das teilweise marode ist. Das muss behoben werden. Gleichzeitig haben wir begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen. Jede Planerin und jeder Planer, die oder der eine neue Straße plant, ist eine Planerin oder ein Planer, der oder die nicht am Ersatzneubau einer Brücke planen kann. Es ist richtig und prioritär, sich um die Modernisierung des bestehenden Straßennetzes zu kümmern. Das tun diese Koalition und diese Landesregierung mit ihrem Verkehrsminister Oliver Krischer mit großem Einsatz. Das setzen wir fort.

Wir haben gefragt, wie es derzeit bei den Mitteln aussieht. In 2023 sieht es so aus, dass beim Erhalt sogar deutlich mehr verbaut wurde, als im Verfügungsrahmen zunächst festgelegt war. Da sehen Sie: So funktioniert erfolgreiche Straßenbaupolitik.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege, es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Martin Metz (GRÜNE): Ah, fünf Sekunden vor Schluss. Das war noch rechtzeitig.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Deswegen habe ich Sie auch so zügig unterbrochen. Was glauben Sie, wie wir hier aufpassen! Es ist eindeutig nicht die Kollegin Kapteinat; es müsste der Kollege Dudas sein, wenn ich das richtig sehe. Herr Kollege Dudas, Sie haben das Mikrofon frei.

Gordan Dudas (SPD): Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich habe mit meiner Anfrage so lange gewartet, um Herrn Metz den Abend zu verschönern. Kurz vor Schluss kommen die besten Anfragen.

Herr Metz, jetzt haben Sie gefühlt etwa 80 % Ihrer Rede damit verbracht, zu erklären und zu rechtfertigen, warum die 60 Millionen Euro nicht verausgabt wurden. Halten Sie es nicht für angebrachter, anstatt sich zu rechtfertigen, dass das Geld nicht ausgegeben wurde, sich Gedanken darüber zu machen, was man denn dafür tun könnte, dass es ausgegeben wird, und welche Voraussetzungen man dafür schafft, dass es in Zukunft nicht mehr passiert?

Das wäre doch einmal eine Rede gewesen, wozu ich gesagt hätte: Guckt mal her, der Metz hat gelernt. Aber offenbar ist da nichts passiert.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Der Rest Ihrer Zwischenfrage war schon fast eine Kurzintervention. Aber ich habe eine Frage herausgehört. Der Kollege Metz kann diese jetzt beantworten.

Martin Metz (GRÜNE): Gerne lasse ich Ihre Zwischenfrage zu, Herr Kollege Dudas.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Die ist ja schon längst erledigt.

Martin Metz (GRÜNE): Ja, ich wollte das noch einmal betonen; ich kenne ja bestimmte Gepflogenheiten des Hauses.

Herr Kollege Dudas, ob ich es schaffe, dass Sie mal einen Redebeitrag von mir loben? Ich weiß gar nicht, ob ich das will.

Das, was wir an Maßnahmen haben, hat Verkehrsminister Oliver Krischer schon mehrfach ausgeführt. Erwarten Sie, dass ich das alles noch einmal referiere, was so umfangreich ist?

Wir haben bei den Brücken Transparenz hergestellt. Dieser Verkehrsminister hat bei allen Brücken, bei den Bundes- und Landesstraßen da, wo sie in Landesverantwortung sind, klar gesagt, diese Hunderte Brücken wollen wir dann und dann sanieren. Ich glaube, Sie haben die Unterlagen im Verkehrsausschuss gar nicht gelesen, in denen klar dargelegt ist, wie das im Personalbereich läuft, und klar gesagt wird, das und das tun wir für die Personalgewinnung, und so gehen wir das absolut prioritäre Thema „Brücken- und Straßenerhalt“ an.

Ich würde mir wünschen, Sie würden das anerkennen, und wir würden über diese wichtigen Initiativen streiten und auch gemeinsam dafür sorgen, dass dieser Bereich weiter so nach vorne gestellt wird und wir auch im politischen Raum hier insgesamt für unsere Verkehrsinfrastruktur werben. Ich habe aber das Gefühl, dass Sie das gar nicht wollen, sondern dass Sie sich über jede kaputte Straße freuen. Wir tun das nicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wenn wir über Wahrheit im Bereich Straßenbau reden, diskutieren und streiten, aber ohne billige Skandalisierungsversuche, dann würde uns das alle sicherlich näher an die Wahrheit führen. Das wird vielleicht bei den Beratungen zu diesem Antrag im Ausschuss gelingen. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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