İlayda Bostancıeri: „Der Kampf gegen Stigmatisierung und Vorurteile geht weiter“

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

Der Antrag „Den Aktionsplan für Vielfalt und gegen Homo- und Transfeindlichkeit auf erweiterter Datenbasis weiterentwickeln“

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Nach einigem, was wir uns heute anhören mussten, möchte ich, bevor ich in meine Rede einsteige, einmal betonen, dass der Rechtsextremismus die größte Gefahr für unsere Demokratie ist und bleibt.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Es ist zwar schon Herbst, aber wir hatten einen schönen Sommer, einen richtig schönen Sommer. Er war in diesem Jahr noch bunter und lauter als sonst, denn dank der neuen Landesförderung kleinerer CSDs konnten noch mehr Pride-Demonstrationen noch besser ausgestattet als bisher stattfinden. Wir als queere Community waren auch in den kleinen Städten und Gemeinden sichtbar und haben gemeinsam mit Familie und Freund*innen Flagge gezeigt.

Ich habe schon mitbekommen, dass sich neue Initiativen gegründet haben, die nächstes Jahr den ersten CSD in ihrer kleinen Stadt feiern wollen.

So schön es war – die ausgelassene Stimmung, die bunten Farben, die sichtbare Vielfalt der queeren Community in NRW –, so war es an vielen Stellen ein aktives Ankämpfen gegen die eigene Angst.

Denn auch ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod von Malte C. nach der CSD-Demonstration in Münster, der die queere Community enorm erschüttert hat, zeigt sich: Dieser Vorfall hat seine Spuren hinterlassen.

Auch wenn die diesjährige Pride-Saison ohne solch gravierende Angriffe verlaufen ist, müssen wir feststellen, dass Gewalt gegen queere Menschen immer weiter zunimmt.

LSBTIQ-Menschen schauen sich um und machen sich Gedanken, ob sie auf offener Straße Händchen halten oder sich küssen können. Wir überlegen, ob wir aus der Gay-Bar oder nach dem CSD wieder sicher nach Hause kommen, weil die Stimmung um solche eigentlich sicheren Orte herum immer feindseliger wird. Beim CSD in Gelsenkirchen haben wir beispielsweise zusätzlich zur Polizei, die natürlich vor Ort war, dieses Jahr auch einen Sicherheitsdienst engagiert. Wie sicher können sich queere Menschen im öffentlichen Raum bewegen?

Unsere Gesellschaft altert. Das ist hier im Plenum immer wieder Thema, weil es uns vor vielfältige Herausforderungen stellt. Wir müssen dabei stärker mitberücksichtigen, dass auch der queere Teil der Gesellschaft altert. Damit er das in Würde tun kann, wird eine sensible Pflege immer nötiger, die die Besonderheiten dieser Senior*innen aufgreift und sich darauf einstellt. Denn es braucht ein ganz spezielles Fingerspitzengefühl und Hintergrundwissen, wenn queere Menschen mit Demenz zum Beispiel frühere Lebensphasen erneut durchleben, in denen sie vielleicht noch nicht geoutet waren oder ihre Transition noch nicht begonnen hatten.

Im Pflegebereich haben sich schon vereinzelt Einrichtungen und Kommunen auf den Weg gemacht. Auch die Landesfachberatung berät die offene Senior*innenarbeit über die Bedarfe von älteren Lesben, Schwulen und Transpersonen. Dafür danke ich ihr sehr, und das gibt mir Hoffnung. Aber es gibt noch Baustellen in dem Bereich der Pflege queerer Menschen, die uns noch nicht bekannt sind. Hier brauchen wir Hinweise und Erfahrungsberichte, um als Koalition zielgerichtet eine Verbesserung bewirken zu können.

Gleiches gilt für den Bereich der Gesundheit, sei es beim Kinderwunsch von gleichgeschlechtlichen Paaren oder bei der gesundheitlichen Versorgung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Während LSBTIQ-Menschen in NRW genau überlegen, in welchen Situationen sie im öffentlichen Raum ihre Zuneigung zueinander zeigen können, gibt es Länder, in denen sie bis in den privaten Raum hinein verfolgt werden. Wir müssen auf dem Schirm haben, dass Menschen zu uns fliehen, weil Homosexualität und Transidentität in ihren Herkunftsländern kriminalisiert und unter Strafe – teilweise unter Todesstrafe – gestellt sind. Wir müssen schauen, wie wir diese Geflüchteten auch bei der Integration besser begleiten können.

Trotz alledem sind wir schon weit gekommen und haben einiges für die Gleichstellung queerer Menschen erreicht, vieles auf den Weg gebracht. Es ist heute besser als damals.

Aber der Kampf gegen Stigmatisierung und Vorurteile geht weiter. Wir in NRW sind stolz auf unsere Pluralität. Deshalb stehen wir fest an der Seite aller queeren Menschen. Gerade in der heutigen Zeit braucht die queere Community unsere Unterstützung und unsere Solidarität.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Deswegen ist der heute vorliegende Antrag so wichtig. Die im Antrag geforderte Lebenslagenstudie soll die Intersektion der zahlreichen Lebensbereiche queerer Menschen beleuchten, in denen sie Diskriminierung erfahren.

Wir hoffen sehr, wenn es so weit ist, dass vor allem viele queere Menschen, aber auch ihr nichtqueeres Umfeld an der Befragung teilnehmen werden. Denn wir können nur dann gezielte Maßnahmen entwickeln und umsetzen, wenn wir eine Datenlage darüber haben, wie sich die Situation für queere Menschen konkret in verschiedenen Lebenslagen in NRW darstellt.

Auch ich würde mich sehr über eine breite Zustimmung zu dem Antrag freuen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich nutze die 20 Sekunden, die mir an Redezeit bleiben. Was wir beim Beitrag der AfD gehört haben, war Queerfeindlichkeit gepaart mit Rassismus und Frauenfeindlichkeit. Diese Partei hat in diesem Hohen Haus erneut ihre hässliche Fratze gezeigt. Ich finde es als Demokratin und als queere Frau unfassbar und unerträglich, was wir hier ertragen müssen.

(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

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