Dr. Gregor Kaiser: „Es geht nicht darum, Verzicht zu predigen“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zu den 17 Nachhaltigkeitszielen

Portrait Gregor Kaiser - klein

Der Antrag „Zur Halbzeit der Agenda 2030: die globalen Nachhaltigkeitsziele in Nordrhein-Westfalen konsequent umsetzen“

Dr. Gregor Kaiser (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Schönen guten Morgen! Am 25. September 2015 wurden in New York die globalen Nachhaltigkeitsziele verabschiedet: 17 Ziele, die unter anderem Armut und Hunger beenden, die die Bewahrung und nachhaltige Entwicklung unserer Lebensgrundlagen und damit dem Schutz und den Chancen jetziger und vor allem kommender Generationen dienen sollen.

Die Bundesregierung und das Land NRW haben die Umsetzung ebenfalls beschlossen – Kollege Nolten hat das gerade schon geschildert –, um bis zum Jahre 2030 die Ziele zu erreichen.

Nun, zur Halbzeit und nur noch siebeneinhalb Jahre vor Erreichen der Zielmarke, beschäftigen wir uns hier und heute im Landtag NRW wieder mit dieser Thematik. Das ist gut und richtig und auch absolut notwendig.

Gestern veröffentlichten Terre des Hommes und die Deutsche Welthungerhilfe ihren Bericht „Kompass 2023“, in dem sie zu dem Schluss kommen, dass das Erreichen der 17 UN-Ziele auf globaler Ebene in immer weitere Ferne rückt. Auch die Bundesregierung konstatiert, dass die internationale Gemeinschaft nicht den Fortschritt verzeichnen kann, den sie sich bei der Verabschiedung der Agenda 2030 erhofft habe.

Daher gilt es – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze –, „unsere Anstrengungen weiter zu verstärken und unser politisches Engagement weiter auszubauen“.

Schauen wir nach NRW. Schon einiges wurde hier in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht. Doch auch hier kommt das Wuppertal Institut im „Nachhaltigkeitsradar 2022“ zu dem Schluss, dass es neben einer Umsetzungslücke im Hinblick auf die festgelegten Ziele auch noch eine Ambitionslücke gibt. Das meint: Wollen wir die ökologischen – und ich ergänze: auch die sozialen – Notwendigkeiten erreichen, müssen wir unsere Ziele und folglich auch unsere Handlungen stark nachsteuern.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Um es vorweg zu sagen: Es geht nicht darum, Verzicht zu predigen, wie es uns einige schon einmal vorwerfen, sondern wir wollen mit Freude die Zukunft NRWs nachhaltig gestalten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Nachhaltige Gestaltung bedeutet eine enkeltaugliche Wirtschaft, eine Kreislaufwirtschaft und natürlich auch technische Innovationen. Nachhaltige Gestaltung bedeutet dabei auch regionale Produktion – im besten Fall mit nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen.

Nachhaltig gestalten bedeutet biodiversitätsfreundliche, möglichst ökologische Landwirtschaft. Und es geht natürlich auch um die Reduktion klimaschädlicher CO2-Emissionen und die Schaffung sozialer Gerechtigkeit, um ein Leben innerhalb planetarer Grenzen, um ein gutes Leben für alle Menschen.

Zitat: Nachhalt ist das, woran man sich hält, wenn alles andere nicht mehr hält. – So lautet die Definition im Wörterbuch der deutschen Sprache von Joachim Heinrich Campe von 1807. „Nachhalt“ bzw. „Nachhaltigkeit“ lässt sich hier als Gegenbegriff zu „Kollaps“ lesen.

Auch der Club of Rome brachte 1972 dieses Ansinnen nach vorne: Sustainable Development ist gegen einen plötzlichen und unkontrollierten Kollaps gefeit und fähig, die materiellen Grundansprüche der Menschen zu befriedigen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Antrag stützen wir genau diesen Ansatz. Kollege Nolten hat es gerade schon im Detail geschildert. Wir wollen als Land ein gutes Vorbild sein und vorangehen: mit der Fortschreibung der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie und indem wir bessere Umsetzungsstrukturen schaffen, um die Verbindlichkeit im konkreten Regierungshandeln zu erhöhen; mit einer nachhaltigen Landesverwaltung bis 2030 und einer Beschaffung, bei der es nicht nur um Zahlen, sondern auch um soziale und ökologische Kriterien geht; mit mehr Beteiligung junger Menschen, um deren Zukunft es schließlich vor allem geht; mit Nachhaltigkeitskriterien in Förderfonds und Strukturfonds; durch die weitere Unterstützung und Beratung der Kommunen hin zu mehr Nachhaltigkeit – viele von ihnen haben sich ja schon auf den Weg gemacht –; mit mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger in Genossenschaften und Gemeinwohlinitiativen.

Let’s make the World a better Place – am besten gemeinsam hier und heute für eine lebenswerte Zukunft unserer Bürgerinnen und Bürger. Dazu können und wollen wir mit unserem Handeln in NRW beitragen, und zwar – ich zitiere noch einmal – nicht als Sahnehäubchen auf dem Kuchen einer Überflussgesellschaft, sondern als Schwarzbrot einer ökologischen Lebenskunst. – So der Journalist und Publizist Ulrich Grober in einem Essay von 2010.

Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen in den Ausschüssen und stimmen der Überweisung selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

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